Manfred Wiesinger, der Runenmaler aus dem Innviertel, ist uns schon vor Jahren unangenehm aufgefallen. Auch später immer wieder. Dann hat ihn Norbert Hofer als seinen Lieblingsmaler geoutet – und jetzt folgt die Belohnung. Die FPÖ schickt den deutschnationalen Burschenschafter als ihren Vertreter in den oberösterreichischen Landeskulturbeirat. Ein passender Anlass, um dem Vertreter blauer Kultur eine Visitenkarte mitzugeben.
Manfred Wiesinger, der nun schon seit Jahrzehnten den Beinamen „Odin“ aus seiner Zeit als pennaler Burschenschafter der Scardonia Schärding trägt, war nicht nur der Lieblingsillustrator Hofers, sondern hat sich mit seinen Retro-Werken einen Ehrenplatz bei vielen blauen Promis gesichert. Martin Graf, den früheren Dritten Präsidenten des Nationalrats, malte er in den Farben der deutschen Flagge. Jörg Haider soll „den weltberühmten Ahnenillustrator“ – so Gerhard Rühm 2009 beißend ironisch in der Zeitschrift „Datum“ – angeblich ebenfalls sehr geschätzt haben, wobei „Odin“ da eine andere Geschichte erzählt. Demnach habe ihm Haider nur ein kleines Bild abgekauft: „Das war’s dann auch schon.“ (profil, 11.7.2016) Das Bildchen dürfte dann rasch seinen Besitzer gewechselt haben: Zu seinem Geburtstag erhielt Andreas Mölzer seinerzeit einen „Odin“ von Haider geschenkt. War’s das kleine Bildchen? Oder einer der preisgünstigen „Odins in Öl“ auf Ebay?
Den Bock schoss jedenfalls Michael Krüger, mittlerweile fast vergessener Kurzzeit-Justizminister der FPÖ, 1999 mit seiner Erklärung ab, dass er sich für Odin Wiesinger stark mache, weil der so verleumdet werde. Bei ihm zuhause, so Krüger, hängt allerdings kein Wiesinger, sondern dessen Wände zieren mehrere Bilder von Arnulf Rainer und eines von Markus Prachensky. Hoppala!
Was sagte „Odin“ ein Jahr zuvor der neurechten Zeitschrift „Junge Freiheit“ (19.6.1998):
„Die gegenwärtige, offizielle ‚Kunst-Szene’? Kurz gesagt, ist das zum überwiegenden Teil für mich die Diktatur des Häßlichen, Minderwertigen, Würde- und Maßlosen! Verschüttete und verschmierte Farbe nach Art der Primaten in der Malerei, Pornographie und Gestammel auf den Bühnen.“
Da haben vor „Odin“ schon ganz andere Kaliber so ähnlich über das gehetzt, was sie als „entartete Kunst“ bezeichnet wissen wollten.

Wiesinger bestreitet natürlich jede Nähe zu den Nazis und ihrem Kunstbegriff. So, wie er auch in der von ihm verwendeten Odalrune keine Ähnlichkeit mit der Odalrune sondern bloß ein Steinmetzzeichen für O und W sehen will. Hanna Herbst, die ihn 2016 auf Vice porträtierte und dabei auch seine widerlich frauenfeindlichen Sprüche würdigte, fasst das so zusammen:
„Aber es sind eben sehr viele solcher kleinen Aspekte, die gemeinsam ein Bild von Odin Wiesinger zeichnen, das es schwierig macht, die ‚Einzelfälle’ (von der Odalrune über seine Hitler-Verharmlosung bis zur Rechts-Techno-Band) zu seinen Gunsten auszulegen.“
Zu Odins Gunsten lässt sich auch nicht interpretieren, was er „profil“ (11.7.2016) in einem Interview auf die Frage, ob er Berichte über Konzentrationslager der Nazis für „bloße Propaganda“ halte, so beantwortete:
„Nein. Die dort geschehenen Gräueltaten verurteile ich zutiefst. Aber bei dieser Frage muss ein Historiker her, es ist nicht die Aufgabe eines Künstlers, zu unterscheiden, was Propaganda ist und was nicht.“
Manfred „Odin“ Wiesinger braucht also einen Historiker. Wieder einmal einer, der einen Historiker braucht. Braucht er auch einen, um zu beurteilen, was ihm bei diesem seinen Posting mit dem „SS“ in den Sinn kam?

Gut, das war 2015, also vor vielen Jahren und vermutlich ein Scherz? Warum sondert Odin seinen „Scherz“ aber gerade auf der FB-Seite des Münchner NPD-Aktivisten Karl Richter ab? Und warum stellt sich Manfred Odin Wiesinger 2019 im März bei Baldur Landogart (eigentlich Tobias Schulz) mit einem Like ein, als der Linz besuchte?
Dazu muss man wissen: Landogart ist Mitglied im NPD-Parteipräsidium und dort für die Ideologieproduktion dieses Vereins zuständig. Darum gerät auch sein Linz-Besuch zu einer politisch-ideologischen Ansage:
„Linz: Alte Donaustadt mit einst grossen Bauplänen. Monumentalverbauung am Ufer, wunderschöne Prachtstraßen, Kulturzentren, ein neuer Bahnhof, die Hermann-Göring-Werke, eine Neue Hafenanlagen und der Knotenpunkt des Reichsautobahnnetzes, mit einem inneren und äußeren Ring um die Stadt.…um nur einige der ambitionierten Projekte Hermann Gieslers und seines Chefs zu nennen.
Der Krieg verhinderte auch hier vieles und nun reihen sich Plattenbauten und monotone Industriegewerbeviertel bis in die Altstadt.“
Dieses und ein weiteres Posting zu Linz gefällt nicht nur unserem Odin Wiesinger Mountmill, sondern auch Personen mit so sprechenden Fake-Namen wie „Schicklgruaba“, „Dirlewanger“ und „Wotan Odin“ – letzterer ist nicht der Wiesinger Manfred! Der likt aber nicht nur den deutschen Neonazi, sondern gibt ihm auch noch einen touristischen Tipp für Linz: den Pöstlingberg.

Andreas Hofer bei Landogart: „Oh schön! Da werden rinnerungen an einen Teil meiner Offiziersausbildung in Linz-Ebelsberg / Hiller-kaserne wach, ehemals Kaserne der 4. SS-Totenkopfstandarte ‚Ostmark’. Wünsche einen wunderschönen Aufenthalt. geteru dem alten deutschen Motto: ‚in Linz beginnt’s’! FIDUCIT!”
Baldur Landogart ist also – zumindest auf Facebook – ein Freund des „lieben Odin“. Wie auch Karl Richter oder der NPD-Vorsitzende Frank Franz und früher einmal der Neonazi-Terrorist Karl Heinz Hoffmann („Wehrsportgruppe Hoffmann“).

Auch dafür wird der Odin sicher eine völlig harmlose Erklärung finden. Wir nicht!