NS-Meldestelle: Reaktionen auf nicht bearbeitete Hinweise

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Die Kri­tik dar­an, dass in der im Innen­mi­nis­te­ri­um ange­sie­del­ten NS-Mel­de­stel­le hun­der­te Hin­wei­se unbe­ar­bei­tet her­um­lie­gen und es teil­wei­se sogar schon zur Ver­jäh­rung von ein­zel­nen Delik­ten gekom­men sein soll, häuft sich nun. Laut Stan­dard hat die Lei­te­rin des Extre­mis­mus­re­fe­rats aus­ge­sagt, dass sie im letz­ten Som­mer und heu­er im Jän­ner ver­sucht habe, zusätz­li­ches Per­so­nal anzu­for­den – wie es aus­sieht, vergeblich.

Ges­tern reagier­te das Maut­hau­sen Komi­tee Öster­reich (MKÖ) mit einer Pres­se­aus­sendung, wor­in der MKÖ-Vor­sit­zen­de Wil­li Mer­nyi dar­auf ver­weist, dass auch Hin­wei­se sei­tens des MKÖ an die NS-Mel­de­stel­le groß­teils unbe­ant­wor­tet blieben:

Maut­hau­sen Komi­tee kri­ti­siert aku­ten Miss­stand bei NS-Meldestelle
Mer­nyi for­dert Bun­des­kanz­ler Kurz zum Han­deln auf

Wien (OTS) — Ent­setzt zeigt sich der Vor­sit­zen­de des Maut­hau­sen Komi­tees Öster­reich (MKÖ), Wil­li Mer­nyi, über den nun bekannt gewor­de­nen Res­sour­cen­man­gel in der NS-Mel­de­stel­le beim Bun­des­amt für Ver­fas­sungs­schutz und Ter­ro­ris­mus­be­kämp­fung: „Die Regie­rung – und beson­ders der Bun­des­kanz­ler – betont bei jeder Gele­gen­heit, es wer­de alles getan, um Neo­na­zis­mus und Anti­se­mi­tis­mus wirk­sam zu bekämp­fen. Tat­säch­lich wird der NS-Mel­de­stel­le das erfor­der­li­che Per­so­nal ver­wei­gert, sodass sie um hun­der­te Hin­wei­se im Rück­stand ist und man­che rechts­extre­men Straf­ta­ten sogar ver­jäh­ren!

Das Maut­hau­sen Komi­tee kann den aku­ten Miss­stand nur bestä­ti­gen: „Wir bie­ten selbst eine Online-Mel­de­stel­le für Rechts­extre­mis­mus an, die gut genutzt wird. Nach einer ers­ten Sich­tung zei­gen wir vie­le Hin­wei­se bei der NS-Mel­de­stel­le beim Ver­fas­sungs­schutz an. In der Mehr­zahl der Fäl­le bekom­men wir nie eine Ant­wort“, so Mernyi.

Der MKÖ-Vor­sit­zen­de kri­ti­siert die Per­so­nal­ver­wei­ge­rung als „Skan­dal der Son­der­klas­se“. Mer­nyi: „Durch Nicht­be­ar­bei­tung und Ver­jäh­rung wer­den zivil­cou­ra­gier­te Bür­ge­rin­nen und Bür­ger, die ein­schlä­gi­ge Straf­ta­ten mel­den, ent­mu­tigt. Die Sta­tis­tik die­ser Straf­ta­ten wird nach unten ver­fälscht. Die Öffent­lich­keit wird getäuscht. Und der anti­fa­schis­ti­sche Auf­trag der öster­rei­chi­schen Bun­des­ver­fas­sung wird mit Füßen getreten!“

Wil­li Mer­nyi for­dert als Vor­sit­zen­der der Nach­fol­ge­or­ga­ni­sa­ti­on der Über­le­ben­den des Kon­zen­tra­ti­ons­la­gers Maut­hau­sen sofor­ti­ge Abhil­fe: „Bun­des­kanz­ler Kurz ist ver­ant­wort­lich dafür, dass Innen­mi­nis­ter Kickl die Bekämp­fung von Neo­na­zis­mus und Anti­se­mi­tis­mus nicht län­ger behin­dert. Man kann nur hof­fen, dass hin­ter die­ser Behin­de­rung kei­ne poli­ti­sche Absicht steckt – immer­hin hat Kickl noch vor gut zwei Jah­ren selbst bei einem rechts­extre­men Kon­gress in Linz referiert!“

Die SPÖ-Natio­nal­rats­ab­ge­ord­ne­te Sabi­ne Schatz for­dert in einer Pres­se­aus­sendung Bun­des­kanz­ler Kurz dazu auf, rasch zu handeln:

Schatz: Was sagt Bun­des­kanz­ler Kurz zu Miss­stän­den bei NS-Mel­de­stel­le im BVT?
SPÖ-Spre­che­rin für Erin­ne­rungs­kul­tur erwar­tet vom Kanz­ler rasches Handeln

Wien (OTS/SK) — Sabi­ne Schatz, SPÖ-Spre­che­rin für Erin­ne­rungs­kul­tur, schloss sich heu­te, Mitt­woch, den Wor­ten des Vor­sit­zen­den des Maut­hau­sen Komi­tees Wil­li Mer­nyi an, der den Res­sour­cen­man­gel in der NS-Mel­de­stel­le beim Bun­des­amt für Ver­fas­sungs­schutz und Ter­ro­ris­mus­be­kämp­fung scharf kri­ti­sier­te. „Der aku­te Miss­stand bei der NS-Mel­de­stel­le des BVT ist inak­zep­ta­bel“, so Schatz. Laut Infor­ma­tio­nen kann auf­grund des aku­ten Per­so­nal­man­gels hun­der­ten Hin­wei­sen auf rechts­extre­me Vor­fäl­le in Öster­reich nicht nach­ge­gan­gen wer­den. „Der Regie­rungs­chef kann nicht taten­los zuse­hen“, so Schatz, die Kanz­ler Kurz auf­for­dert, zu han­deln: „Igno­rie­ren Sie die­sen Miss­stand nicht. Han­deln Sie, Öster­reich hat einen his­to­ri­schen Auftrag.“

Es sei zu hof­fen, dass Bun­des­kanz­ler Kurz beim Tref­fen mit Ver­tre­te­rin­nen und Ver­tre­ter der jüdi­schen Com­mu­ni­ty in Washing­ton auch Stel­lung zu sei­nem Innen­mi­nis­ter bezieht, der offen­bar wenig Inter­es­se an der Auf­klä­rung von Hin­wei­sen rechts­extre­mer Vor­fäl­le in Öster­reich hat. „Der öster­rei­chi­sche Bun­des­kanz­ler kann sich nicht aus der Ver­ant­wor­tung steh­len: Schwei­gen Sie nicht zu jedem rechts­extre­men Ein­zel­fall des Koali­ti­ons­part­ners“, so Sabi­ne Schatz, die auch Staats­se­kre­tä­rin Edt­stad­ler kri­ti­siert: „Anstatt sich in Aus­sen­dun­gen besorgt über rechts­extre­me Ent­wick­lun­gen zu zei­gen, soll Edt­stad­ler dafür Sor­ge tra­gen, dass den Behör­den die not­wen­di­gen Res­sour­cen im Kampf gegen Neo­na­zis­mus und Anti­se­mi­tis­mus zur Ver­fü­gung gestellt wer­den.“ Es rei­che nicht aus, „bei Gedenk­ver­an­stal­tun­gen betrof­fen in Kame­ras zu schau­en, wenn gleich­zei­tig ekla­tan­te Miss­stän­de im Innen­mi­nis­te­ri­um igno­riert wer­den“, so Schatz.

Die Spit­zen­kan­di­da­tin der Wie­ner Grü­nen Bir­git Hebe­in ver­weist dar­auf, dass die Repu­blik offen­bar nicht ihrem ver­fas­sungs­mä­ßig defi­nier­ten Auf­trag nachkommt: