Sowohl der Kärntner Verfassungsschutz als auch der für die Veranstaltung zuständige Bezirkshauptmann erklären seit Jahren, gegen die Veranstaltung würde es keine rechtliche Handhabe geben. Auch der Bleiburger Bürgermeister gab gegenüber der APA nun das gleiche zu Protokoll, verbunden mit einer Aufforderung an den Innenminister, doch endlich ein antifaschistisches Gesetz zu erlassen.
In einem Offenen Brief haben sich Albert Steinhauser und Karl Öllinger am 11. Mai 2017 nun an den Bleiburger Bürgermeister gewandt:
Sehr geehrter Herr Visotschnig,
wir haben Ihre gestrige Stellungnahme an die APA gelesen, die auch von etlichen Medien übernommen wurde. (1) Wir freuen uns, dass Sie der Ustaša-Veranstaltung in Bleiburg/Pliberk ablehnend gegenüberstehen.Bezüglich Ihrer Ansicht, man müsste ein neues Gesetz schaffen um in Österreich Symbole des kroatischen Faschismus verfolgen zu können, möchten wir eine Anmerkung machen. Der österreichische Nationalrat hat bereits ein solches Gesetz beschlossen: Das Abzeichengesetz, das das Zeigen von Symbolen und Uniformen verbotener NS-Organisationen verbietet. (2) Der Vorschlag dafür kam 1960 aus dem Innenministerium, als dieses Josef Afritsch (SPÖ) leitete. Der Gesetzesvorschlag entstand in enger Absprache mit den Opferverbänden — allen voran dem Bund der sozialdemokratischen Freiheitskämpfer — und dem Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstandes. Auch als das Gesetz 1980 novelliert wurde, geschah dies wieder maßgeblich unter sozialdemokratischer Beteiligung, Ernst Nedwed erläuterte als Nationalratsabgeordneter und Vorsitzender der Freiheitskämpfer damals die Novelle. (3)
Mitte August 2016 haben das Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstandes, der Landesverband Kärnten des KZ-Verbands und Memorial Kärnten/Koroška jeweils Sachverhaltsdarstellungen an den Bezirkshauptmann von Völkermarkt/Velikovec, nach dem Abzeichengesetz gerichtet (4). Die darin vertretene historische und juristische Expertise: Das Wappen des Ustaša- bzw. NDH-Staates wurde auch von der kroatischen 13.Waffen-SS-Divison als Emblem verwendet. Da die (Waffen-)SS eine nach dem Verbotsgesetz verbotene Organisation ist, ist auch das Zeigen des Ustaša-Wappens in Österreich verboten — eben nach dem Abzeichengesetz. Die Sachverhaltsdarstellung bezog sich auf das in Bleiburg/Pliberk errichtete Denkmal, auf dem das verbotene Symbol zu sehen ist, lässt sich aber natürlich auf alle während der Veranstaltung gezeigten Ustaša-Wappen auf Bekleidung und Fahnen erweitern.
Nur wenige Wochen nach der Einbringung wies der Völkermarkter Bezirkshauptmann als zuständige Verwaltungsstrafbehörde die Sachverhaltsdarstellungen zurück. Die ausführliche historische Herleitung und juristische Ausführung der drei Einschreiter wurde mit unzureichenden Argumenten vom Tisch gewischt. (5) Dass es auch anders ginge beweisen Beispiele aus anderen Bundesländern: Der Feldbacher Bezirkshauptmann lies etwa jüngst ein Denkmal verhüllen, da es ein Symbol der Waffen-SS zeigt. (6)
Österreich hat sich im Staatsvertrag 1955 verpflichtet „aus dem österreichischen politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Leben alle Spuren des Nazismus zu entfernen“ und „alle nazistische oder militaristische Tätigkeit und Propaganda in Österreich zu verhindern.“ Das Verbotsgesetz und das Abzeichengesetz wurden genau in diesem Sinne und mit diesem Ziel eingeführt, von den zuständigen Behörden jahrzehntelang wirksam exekutiert und durch Entscheidungen höchster Gerichte ausgelegt.
Was es nicht braucht sind neue Gesetze.
Was es braucht sind Behörden, die die bestehenden Gesetze vollziehen.Albert Steinhauser, Abg. zum Nationalrat
Karl Öllinger, Abg. zum NationalratWien, am 11. Mai 2017
(1) http://derstandard.at/2000057314327/Verbot-von-kroatischem-Gedenktreffen-in-Kaernten-gefordert
(2) https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=10005262
(3) https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XV/NRSITZ/NRSITZ_00026/imfname_146634.pdf
(4) http://www.doew.at/cms/download/err9l/Pliberk_doew.pdf
(5) http://www.doew.at/erkennen/rechtsextremismus/neues-von-ganz-rechts/archiv/september-2016/freibrief-durch-bezirkshauptmannschaft
(6) Salzburger Nachrichten, 22.9.2016, S. 2. Kleine Zeitung (Steiermark), 26.10.2016, S. 29–30.