Doron Rabinovici: „Die Niederlage der Nazis ist unser Triumph“

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Rund 4.000 Men­schen fei­er­ten trotz Regen gemein­sam mit den Wie­ner Sym­pho­ni­kern und der Zeit­zeu­gin Lucia Heil­man am Tag der Befrei­ung das vom Maut­hau­sen-Komi­tee Öster­reich orga­ni­sier­te „Fest der Freu­de“. Der Schrift­stel­ler Doron Rabi­no­vici hat für die­sen Anlass einen Text ver­fasst, den wir mit Zustim­mung des Autors hier ver­öf­fent­li­chen. Dan­ke, Doron, für die­sen Text!

Das ist das Fest der Freu­de, denn glück­lich ist, wer nicht ver­gisst: Das war der Tag, an dem der Sieg dem Krieg den Gar­aus mach­te. Das ist das Fest der Freu­de, weil damals dem Mor­den ein Ende berei­tet wur­de. Und zwar nicht nur am Schlacht­feld und nicht nur in den Lagern, son­dern über­all im gan­zen Land wur­de Schluss gemacht mit den Mas­sa­kern. Wir fei­ern die Befrei­ung von Unrecht und Ver­nich­tung. Wir freu­en uns über den Frie­den und wir erfreu­en uns der Freiheit.

Das ist das Fest der Freu­de, die wir uns durch nie­man­den neh­men las­sen, doch schon gar nicht von denen, die frü­her jeden 8. Mai hier mit rot­schwarz­gel­ben Schär­pen auf­mar­schier­ten, um sich aus­ge­rech­net an die­sem Datum der Trau­er hin­zu­ge­ben und die Nie­der­la­ge des natio­nal­so­zia­lis­ti­schen Rei­ches zu bewei­nen. Wer der Mil­lio­nen Gefal­le­nen ehr­lich geden­ken will, beklagt nicht den Aus­gang, son­dern den Aus­bruch des Krie­ges. Am 8. Mai 1945 wur­de mit dem Natio­nal­so­zia­lis­mus auch der Faschis­mus bezwun­gen. Die Nie­der­la­ge der Nazis ist unser aller Tri­umph. Sie war die Vor­aus­set­zung für ein neu­es Öster­reich, für ein demo­kra­ti­sches Deutsch­land, für ein frei­es Ita­li­en, für ein unab­hän­gi­ges Frankreich.

Fest der Freude, 2017 Heldenplatz

Fest der Freu­de, 2017 Heldenplatz

Sie ist die Grund­la­ge des ver­ein­ten Euro­pa jen­seits von Anti­se­mi­tis­mus und völ­ki­scher Pro­pa­gan­da. Hät­te die Wehr­macht den Krieg gewon­nen, wäre die Ver­nich­tung des­sen, was einst unwer­tes Leben und Unter­mensch genannt wur­de, noch lan­ge nicht been­det. Die Män­ner hät­ten vor allem Sol­da­ten zu sein und die Frau­en die Gebär­ka­no­nen für neue Regi­men­ter. Von Sta­chel­draht wären wir umge­ben und unse­re Hei­mat läge im Schützengraben.

Da geht eine Gren­ze zwi­schen Faschis­mus und Demo­kra­tie. Es ist die Gren­ze auf Leben und Tod. Das ist die Außen­gren­ze, die geschützt wer­den muss. Und jenen, die von Zei­ten träu­men, da sie unse­ren Nach­barn zum Flücht­ling mach­ten, sagen wir, aus dem Flücht­ling machen wir nun unse­ren Nach­barn. Und jenen, die treu­her­zig behaup­ten, sie sei­en die Juden von heu­te, denen sage ich: „Da irrt euch mal nicht, denn wir Juden von heu­te, wir ducken uns nicht, wir kuschen nicht, wir fei­ern gemein­sam mit den Ande­ren, die auf­ste­hen gegen den Hass.”

Denn wenn sie gegen Min­der­hei­ten het­zen, dann sol­len sie wis­sen, die Min­der­hei­ten sind wir alle und wir sind längst die Mehr­heit, doch eine, die nicht mehr schweigt. Wir leben die Viel­falt. Wir fei­ern Euro­pa. Wenn sie nach einem star­ken Mann rufen, wäh­len wir die Demo­kra­tie. Wenn sie die Angst schü­ren, zei­gen wir Zivil­cou­ra­ge. Wir alle sind die Hel­den für die­sen Platz.