Das „Haus der Heimat“, eine Villa für den Generalsekretär und der VLÖ

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Nor­bert Kapel­ler ist Gene­ral­se­kre­tär des Ver­ban­des Volks­deut­scher Lands­mann­schaf­ten Öster­reichs (VLÖ). Vor Weih­nach­ten hat der VLÖ vom Natio­nal­rat eine klei­ne Geset­zes­no­vel­le als Geschenk erhal­ten, mit der dem Ver­band eine jähr­li­che För­de­rung ermög­licht wird. Das Geschenk ist schon des­halb ver­wun­der­lich, weil der VLÖ vor 15 Jah­ren viel Geld erhal­ten hat, um sich selbst über eine Stif­tung zu finan­zie­ren. Man darf sich aber auch über ande­res wundern.

<em>Eingang zum recht pompösen 'Haus der Heimat' in der Steingasse 25, Wien-Landstraße - Bildquelle: <a href="http://austria-forum.org/af/Bilder_und_Videos/Bilder_Wien/1030/6587">Ewald Judt/AustriaForum.at</a> unter <a href=CC 4.0." width="490" height="653">

Ein­gang zum recht pom­pö­sen ‚Haus der Hei­mat’ in der Stein­gas­se 25, Wien-Land­stra­ße — Bild­quel­le: Ewald Judt/AustriaForum.at unter CC 4.0.

Etwa dar­über, dass die Regie­rungs­par­tei­en, die das Prä­sent für den VLÖ beschlos­sen haben, gar nicht wis­sen woll­ten, wie­viel Geld der VLÖ in Zukunft erhal­ten soll, war­um über­haupt und wes­halb vom Sozi­al­mi­nis­te­ri­um? Das mit dem Sozi­al­mi­nis­te­ri­um ist schnell geklärt: Als 2002 Schwarz­blau beschloss, dem VLÖ so viel Geld zu schen­ken, dass dar­aus die Akti­vi­tä­ten des Ver­ban­des finan­ziert wer­den kön­nen, durf­te ein blau­es Minis­te­ri­um die Auf­sicht – zwink­er­zwin­ker – über­neh­men. Schließ­lich hat­ten die Blau­en mit der mit 7 Mil­lio­nen Euro dotier­ten Stif­tung für den VLÖ eine ihrer For­de­run­gen durchgesetzt.

Gast im „Haus der Heimat“: Neonazi und Holocaustleugner Bernhard Schaub.

Gast im „Haus der Hei­mat“: Neo­na­zi und Holo­caust­leug­ner Bern­hard Schaub.

War­um wird der VLÖ, der sich eigent­lich aus den Stif­tungs­er­trä­gen finan­zie­ren soll­te, jetzt jähr­lich Zuschüs­se erhal­ten? Die Ver­an­stal­tun­gen mit Rechts­extre­men, die im „Haus der Hei­mat“ immer wie­der statt­fan­den, haben den Wil­len der Regie­rungs­par­tei­en zur För­de­rung in unbe­stimm­ter Höhe jeden­falls nicht getrübt. Den Bera­tun­gen im Sozi­al­aus­schuss lag nur der eher dürf­ti­ge Hin­weis zugrun­de, dass die Stif­tungs­er­trä­ge in den letz­ten Jah­ren rück­läu­fig gewe­sen sein sol­len. Die Man­da­ta­re der Regie­rungs­ko­ali­ti­on haben nicht nach­ge­fragt, son­dern eine Blan­ko-För­de­rung beschlos­sen — nach uns vor­lie­gen­den, aber unbe­stä­tig­ten Infor­ma­tio­nen soll sie um die 300.000 Euro lie­gen. Das Team Stro­nach half auch ger­ne mit und die FPÖ sowie­so: „Volks­deut­sche Lands­mann­schaf­ten“ – wel­cher Klang von die­sen Wor­ten aus­geht! Die FPÖ-Abge­ord­ne­te Kitz­mül­ler ver­tei­digt im Vor­stand des VLÖ als ein­zi­ge poli­ti­sche Man­da­ta­rin das Revier.

Der Gene­ral­se­kre­tär des VLÖ, Nor­bert Kapel­ler, der auch im Vor­stand des VLÖ ver­tre­ten ist, ver­tei­digt kein poli­ti­sches Revier mehr. 2011 ist der vor­ma­li­ge ÖVP-Abge­ord­ne­te näm­lich aus sei­ner Par­tei aus­ge­tre­ten. Der Aus­tritt, mit dem er angeb­lich einem Aus­schluss zuvor­ge­kom­men ist, folg­te nach eini­gen Aus­rut­schern (mitt­ler­wei­le dürf­te die Bezie­hung wie­der sta­bi­li­siert sein). Im Früh­jahr 2011 ging eine Mel­dung durch die Medi­en, wonach der Mer­ce­des von Kapel­ler mit dem Behin­der­ten­aus­weis des seit 10 Jah­ren toten Schwie­ger­va­ters vor dem Haupt­bahn­hof in Linz geparkt war. Kapel­ler bestritt zwar, dass er selbst den PKW dort abge­stellt hät­te, aber der Rück­tritt vom Man­dat war nicht mehr aufzuhalten.

Im Som­mer 2011 dann die nächs­te Affä­re: Für Kapel­ler, der wäh­rend sei­ner Abge­ord­ne­ten­zeit vom Poli­zei­dienst karen­ziert war, wur­de ein Pos­ten in der Gedenk­stät­te Maut­hau­sen geschaf­fen. Aber:

„Der Dienst­ge­ber war­te­te bis­her ver­geb­lich auf sei­nen Mit­ar­bei­ter: Kapel­ler hat die Schlüs­sel für sein Büro noch nicht abge­holt, er wur­de zugleich mit der Rück­mel­dung Anfang Juni krank­ge­schrie­ben. Sei­ne Krank­heit hin­der­te den Beam­ten aber nicht dar­an, den Auf­bau sei­ner eige­nen Fir­ma für Sicher­heits­kon­zep­te vor­an­zu­trei­ben“ (Salz­bur­ger Nach­rich­ten, 3.9.2011).

Unge­fähr drei Mona­te dau­er­te der in den Medi­en genann­te Grund für die Krank­schrei­bung: eine Som­mer­grip­pe. Kapel­lers Spu­ren ver­lie­ren sich dann. Anfang Okto­ber 2011 wird der Aus­tritt aus der ÖVP in den Medi­en noch erwähnt, dann taucht er 2012 beim VLÖ auf. Im Jänn­ner zunächst als „Lei­ter der Öffent­lich­keits­ar­beit”, dann gegen Jah­res­en­de als Gene­ral­se­kre­tär. Bis Ende Juni 2012 war er nach eige­nen Anga­ben auch noch im Innen­mi­nis­te­ri­um tätig – als „lei­ten­der Beamter“.

Screenshots der Seiten des VLÖ und von "Selbstschutz e.U." - mit so mancher Übereinstimmung

Screen­shots der Sei­ten des VLÖ und von „Selbst­schutz e.U.” — mit so man­cher Übereinstimmung

Bei sei­ner Fir­ma „Selbst­schutz e.U.“, einem Sicher­heits­un­ter­neh­men, das er wäh­rend des Kran­ken­stands 2011 gegrün­det hat, gibt er als Fir­men­sitz das „Haus der Hei­mat“ an. 2013 erwirbt die Stif­tung des VLÖ eine beacht­li­che Immo­bi­lie in Klos­ter­neu­burg. Um 870.000 Euro! In ihr wohnt der Gene­ral­se­kre­tär des VLÖ. Nach Anga­ben des „Stan­dard“ vom 20.1.2017 ist dort auch die Fir­ma „Selbst­schutz e.U.“ ein­ge­mie­tet. Egal, denn tele­fo­nisch ist der „Selbst­schutz e.U.“ über die Tele­fon- und Fax­num­mer des Gene­ral­se­kre­tärs Kapel­ler im „Haus der Hei­mat“ erreich­bar. Auch die Han­dy-Num­mer gilt für den VLÖ und für die Fir­ma. Prak­tisch? Oder doch ein Pro­blem der Unver­ein­bar­keit? Dem „Stan­dard“ gegen­über beto­nen Kapel­ler und der VLÖ-Prä­si­dent Rei­mann, dass alles in Ord­nung sei: „Auch VLÖ-Prä­si­dent Rudolf Rei­mann ver­rät weder Details, noch sieht er Unvereinbarkeiten“.

Anfrage an den Sozialminister wegen "Ungereimtheiten bei der Stiftung für den VLÖ"

Anfra­ge an den Sozi­al­mi­nis­ter wegen „Unge­reimt­hei­ten bei der Stif­tung für den VLÖ” — Link führt direkt zu Anfra­ge (PDF)

Da bei­de Her­ren im Vor­stand des VLÖ ver­tre­ten sind, haben wir uns auch kei­ne ande­re Ant­wort erwar­tet. Des­halb gibt es eine par­la­men­ta­ri­sche Anfra­ge an das Sozi­al­mi­nis­te­ri­um, die dann hof­fent­lich exak­te Ant­wor­ten dar­auf lie­fert, ob die Mie­te in der Klos­ter­neu­bur­ger Vil­la „orts­üb­lich“ ist und wie das mit Büro­räu­men der pri­va­ten Fir­ma „Selbst­schutz e.U.“ im staat­lich geför­der­ten „Haus der Hei­mat“ genau aus­schaut. Viel­leicht sinkt dann der Zuschuss­be­darf des VLÖ drastisch?

Mehr Infos:
— Par­la­men­ta­ri­sche Anfra­ge an den Sozi­al­mi­nis­ter Stö­ger: „Unge­reimt­hei­ten bei der Stif­tung für den VLÖ”
— derstandard.at, 20.1.2017: „Haus der Hei­mat”: Chef hat sich in Ver­eins­haus einquartiert
— stopptdierechten.at, 14.12.2016: Pres­se­aus­sendung: För­de­rung für Rechts­extre­me vor Beschlussfassung?
— stopptdierechten.at, 9.12.2016: Das ziem­lich rech­te „Haus der Hei­mat“ soll sozi­al geför­dert werden
— stopptdierechten.at, 9.11.2012: “Haus der Hei­mat”: Ein Auf­marsch­ort der extre­men Rechten
— stopptdierechten.at, 30.10.2012: Neo­na­zi im „Haus der Hei­mat“ zu Gast!