Das ziemlich rechte „Haus der Heimat“ soll sozial gefördert werden

Unter Schwarzblau wurde das ‚Haus der Heimat‘ mit ein­er großzügi­gen Zuwen­dung bedacht. Im ‚Haus der Heimat‘ resi­dieren Ver­triebe­nen­ver­bände. Aber manch­mal referieren dort auch Recht­sex­treme – und Neon­azis. Weil die Erträge der Stiftung, die damals gegrün­det wurde, mit­tler­weile rück­läu­fig sind, soll der Bund ein­sprin­gen. In Zukun­ft soll der Bund regelmäßig auch mit Förderun­gen dafür aufkommen.

Es war nur ein klein­er, ver­schämter Punkt unter vie­len, der da dem Sozialauss­chuss des Nation­al­rats zur Beratung und Beschlussfas­sung vorgelegt wurde. Das „Bun­des­ge­setz über die Gewährung ein­er Bun­deszuwen­dung an den Ver­band der Volks­deutschen Lands­man­nschaften Öster­re­ichs“ wird so abgeän­dert, dass in Zukun­ft das Sozialmin­is­teri­um mit ein­er zusät­zlichen Förderung ein­sprin­gen darf, wenn dort das Geld knapp ist.

Eingang zum recht pompösen 'Haus der Heimat' in der Steingasse 25, Wien-Landstraße - Bildquelle: Ewald Judt/AustriaForum.at unter CC 4.0.

Ein­gang zum recht pom­pösen ‚Haus der Heimat’ in der Stein­gasse 25, Wien-Land­straße — Bildquelle: Ewald Judt/AustriaForum.at unter CC 4.0.

Wie bitte? 2002 wurde von der schwarzblauen Bun­desregierung und den Bun­deslän­dern ein Ver­triebe­nen­fonds mit 100 Mil­lio­nen Schilling (7,27 Mio. Euro) dotiert. Das Geld wan­derte in eine Stiftung, aus deren jährlichen Erträ­gen der ‚Ver­band der deutschen altöster­re­ichis­chen Lands­man­nschaften in Öster­re­ich‘ (VLÖ) das ‚Haus der Heimat‘ in Wien betreibt. Wegen sink­ender Ver­an­la­gungserträge soll jet­zt der Bund mit laufend­en Förderun­gen ein­sprin­gen und einen Betrieb finanzieren, der nicht nur Ver­triebe­nenor­gan­i­sa­tio­nen, son­dern auch recht­sex­tremen und Neon­azis immer wieder eine Heimat bietet.

Schon 2002, als der Fonds von Bund und Län­dern dotiert wer­den sollte, war das ein The­ma. Unzäh­lige Recht­sex­trem­is­ten und Neon­azis waren bis zu diesem Zeit­punkt schon als Ref­er­enten im ‚Haus der Heimat‘ aufge­treten. Darum schlug sich Peter Wassertheur­er, damals Press­esprech­er des VLÖ, reuig an die Brust, sprach davon, dass man die Not­bremse gezo­gen habe und ver­sprach der „Wiener Zeitung“ (12.12.2002): „Kün­ftig werde man aber Ein­sicht in die Red­nerlis­ten nehmen und „solche Leute nicht mehr auftreten lassen”.

Die Not­bremse wurde gle­ich wieder gelöst. Nicht genug damit, dass die FPÖ 2004 ihre innner­parteilichen Frak­tion­skämpfe auch im „Haus der Heimat“ abführte, durften auch „solche Leute“ wie früher auftreten.

  • Richard Melisch, anti­semi­tis­ch­er Ver­schwörungsmurm­ler und gut gebuchter Ref­er­ent von deutschen Burschen­schaften, Neon­azi-Grup­pen, war 2004 und 2005 Ref­er­ent (Mehr zu Melisch hier).
  • Ger­hoch Reiseg­ger, durfte schon im Jahr 2000 seine anti­semi­tis­chen und revi­sion­is­tis­chen The­sen vertreten, zulet­zt 2010 (Mehr zu Reiseg­ger hier).
  • Her­bert Schaller, mit­tler­weile greis­er Anwalt der meis­ten Neon­azis bis Anfang der 2000er, Revi­sion­ist und Teil­nehmer an der Holo­caustleugn­er-Kon­ferenz in Teheran 2006, referierte 2007.
  • Claus Nord­bruch, der 1986 aus der Bun­deswehr wegen Recht­sex­trem­is­mus ent­lassene Anti­semit, Apartheid-Aktivist in Südafri­ka und dort auch Anlauf­stelle für Recht­sex­treme und Neon­azis aus dem deutschsprachi­gen Raum, referierte 2011.

Der heftig­ste Vor­fall war aber dann 2012 die Ein­ladung von

  • Bern­hard Schaub, Revi­sion­ist, Anti­semit und Grün­der der neon­azis­tis­chen „Europäis­chen Aktion“. Im „Haus der Heimat“ hielt er im Okto­ber 2012 so etwas wie eine Grün­dungsver­samm­lung seines Neon­azi-Vere­ins ab und stellte ihre „sieben Ziele“ vor.

Da musste dann die Spitze der VLÖ wieder ein­mal aus­rück­en und sich dis­tanzieren. Wie schon 2002 spulte man gekon­nt ein Maß­nah­men­pro­gramm ab und ver­sprach, in Zukun­ft Ein­sicht in die Red­nerlis­ten nehmen zu wollen: „Mit sofor­tiger Wirkung wer­den Red­ner und Vor­tra­gende, die im Hause bei uns auftreten, ein­er entsprechen­den Über­prü­fung auf ihre Redlichkeit hin unter­zo­gen“.

Jet­zt will der VLÖ Geld für sein Ver­anstal­tungszen­trum. Wie viel eigentlich? Darüber schweigt sich die Geset­zes­nov­el­le aus. Da sich früher die jährlichen Erträge aus der Stiftung auf 300.000 jährlich beliefen, 2015 aber nur mehr 86.000 Euro betru­gen, lässt sich der Rah­men unge­fähr abstecken.

Warum über­haupt soll das Sozialmin­is­teri­um für das „Haus der Heimat“ zahlen? Was hat die Förderung eines ziem­lich recht­en „Haus­es“ mit Auf­gaben des Sozialmin­is­teri­ums zu tun? Als 2002 der Fonds dotiert wurde, legte man ein genehmes Min­is­teri­um fest, um die recht­skon­forme Ver­wen­dung der Mit­tel zu kon­trol­lieren – das Sozialmin­is­teri­um eben. Das befand sich näm­lich 2002 in blauer Hand. Praktisch!

Bei der näch­sten Sitzung des Nation­al­rats soll die Förderungser­mäch­ti­gung defin­i­tiv wer­den. Im Sozialauss­chuss stimmten ÖVP, FPÖ, Team Stronach und auch die SPÖ dafür. Grüne und Neos stimmten dagegen.

Frühere Artikel:
stopptdierechten.at, 2012: Europäis­che Aktion: Hausver­bot im „Haus der Heimat“!

Hin­ter­grund­in­fos:
— Mehr zu den ua. im Haus der Heimat auftre­tenden Red­ner­In­nen find­et man in „Funk­tionäre, Aktivis­ten und Ide­olo­gen der recht­sex­tremen Szene in Öster­re­ich” (Wil­helm Lasek).
— Mehr zur geschichtlichen Entwick­lung der Lands­man­nschaften ist dem entsprechen­den Artikel zu den Ver­triebe­nen­ver­bän­den hier (ab S. 183) zu entnehmen.

Screenshot des Headers der Haus-der-Heimat-Homepage

Screen­shot des Head­ers der Haus-der-Heimat-Homepage