Die Staatsanwaltschaft Wien legte dem Beschuldigten Nils K. Verhetzung und Verbrechen nach dem Verbotsgesetz zur Last. Der vorsitzende Richter bekräftigte gleich zu Beginn die Schwere der Anschuldigungen, da diese historisch, aber auch aktuell im politischen Kontext zu betrachten sind.
Konkret soll sich der Angeklagte im Zeitraum vom Mai 2009 bis Mai 2010 durch nationalsozialistische und menschenverachtende Kommentare und Postings im „Alpen Donau Forum“ nationalsozialistisch betätigt haben. Die zuständige Staatsanwältin ging zum besseren Verständnis auf den Stellenwert dieses Forums ein, es handelte sich hierbei „um eine Webseite die als das wichtigste Sprachrohr der österreichischen Neonazis galt, zu Kampf und Gewalt aufrief, den Austausch von rassistischem und rechtsextremen Gedankengut, sowie die Verherrlichung von Adolf Hitler ermöglichte“. Es bestand zwischen 2009 und 2011, wobei sich der Angeklagte bereits am Tag der Aktivierung, also am 23.5.2009, dort registrierte.
Neben 32 Kommentaren im „Alpen Donau Forum“ die teilweise im Verfahren angeführt und vom Richter historisch kontextualisiert wurden, ist wohl vor allem das von „Nüs“ gewählte Profilfoto aussagekräftig. Ein Junge in Hitlerjugenduniform mit Schriftzug „deutsch sein heißt treu und stark sein”, in seiner Signatur verwendete er ein Zitat von Adolf Hitler.
Außerdem fand man bei einer Hausdurchsuchung mehrere rechtsextreme Utensilien in der Wohnung, etwa CDs mit einschlägigen Titeln, eine Bierflasche mit dem Bild von Adolf Hitler, SS-Zeichen und SS-Totenkopf an den Wänden, ein Reichsadler mit Hakenkreuz und einschlägige Schriftzüge.
Für die Staatsanwältin stellte sich daher die Frage, wie abgegrenzt der Beschuldigte wirklich von rechtsextremen Strukturen agierte, wusste er doch ab wann man sich im „Alpen Donau Forum“ registrieren konnte, las vorher in zwei weiteren einschlägigen Foren („Blood and Honour“ und „großdeutsches Vaterland“) mit und besaß mehrere rechtsextreme Utensilien in seinem Zimmer. Der unbescholtene Nils K. zeigte sich von Anfang an geständig und beteuerte diese Postings nur formuliert zu haben um zu schockieren und um nicht wegen Inaktivität im Forum gesperrt zu werden.
Der vorsitzende Richter zeigte sich etwas überrascht über das Wissen des Angeklagten („Wir haben ja viele Neonazis vor Gericht, die keine Ahnung von der Geschichte haben“) und fragte bei den einzelnen Postings immer wieder nach deren Bedeutung und zog Parallelen zu heutigen politischen Entwicklungen weltweit und in Österreich. Ob sich Nils K. in den letzten sechs Jahren glaubhaft distanziert hat und aus der „Jugendsünde“, wie er seine Postings bezeichnete, gelernt hat, mussten die vom Gericht bestellten Geschworenen entscheiden.
In 15 der 16 angeführten Fakten wurde Nils K. schuldig gesprochen. Er hat demnach das Verbrechen § 3 nach dem Verbotsgesetz und Verhetzung begangen und wurde deshalb zu acht Monaten bedingt verurteilt. Die Staatsanwaltschaft machte keine Angaben, während der Angeklagte auf Rechtsmittel verzichtete – das Urteil ist demnach noch nicht rechtskräftig.
Erschwerend für die Strafbemessung war der längere Deliktzeitraum und die wiederholte Tatbegehung zu berücksichtigen. Das reumütiges Geständnis, die Tatsache dass der Angeklagte zur Tatzeit unter 21 Jahre alt war und diese lange zurückliegt, wirkte mildernd.
Der Richter schloss die Verhandlung an Nils K. gewandt: „Wir waren uns offenbar alle einig, dass es sich nicht um eine besonders schlimme Form der Wiederbetätigung handelt, sondern um eine öffentliche Betätigung im Netz, die nicht über eine virtuelle Betätigung hinaus ging.“ Trotzdem machte er deutlich das „dies keine Kleinigkeit“ sei, diese Verbrechen verfolgt würden und die angedrohte Freiheitsstrafe auch widerrufen werden könne, falls solche Postings erneut auftauchen würden.