Wien: Simmering, 88 und ein SS-Totenkopf

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Ver­hand­lun­gen wegen Ver­stö­ßen gegen das Ver­bots­ge­setz schei­nen aktu­ell wie­der eine Hoch­kon­junk­tur zu haben. Nach­dem bereits am Mon­tag (24.10.206) am Wie­ner Lan­des­ge­richt eine Ver­hand­lung statt­ge­fun­den hat, wur­de drei Tage spä­ter, am Don­ners­tag (27.10.2016) erneut wegen Wie­der­be­tä­ti­gung verhandelt.

Vor Gericht stand dies­mal ein 1989 gebo­re­ner Wie­ner, dem vor­ge­wor­fen wur­de, im April die­ses Jah­res in einem Lokal im 23. Bezirk vor Publi­kum einen Hit­ler­gruß getä­tigt, sich dabei foto­gra­fie­ren gelas­sen und das Bild auf Face­book ver­öf­fent­licht zu haben. „A Bled­heit“ mein­te sei­ne Ver­tei­di­ge­rin und viel­leicht hät­ten ihr die Geschwo­re­nen auch geglaubt, wäre da nicht noch das Tat­too am lin­ken Ober­arm, das Sim­me­ring in Frak­tur­schrift, die Zahl­fol­ge 88 sowie einen SS Toten­kopf abbil­det. Ein Andenken an einen ver­stor­be­nen Freund, der das glei­che Tat­too hat­te (aller­dings ohne die 88), ver­tei­dig­te sich der Beschul­dig­te, der die Vor­komm­nis­se selbst nicht bestritt, son­dern sich nur in Bezug auf die Wie­der­be­tä­ti­gung als nicht schul­dig bekannte.

Was die Zahl 88 bedeu­tet, will er nicht gewusst haben, son­dern erst auf Erklä­rung von Ande­ren nach der Anfer­ti­gung erfah­ren haben. Zuvor habe er gedacht, es sei „eine coo­le Zah­len­fol­ge“. Es gebe zwar schon Vor­la­gen um das Tat­too zu ent­fer­nen, war­um das nicht gesche­hen ist, konn­te der Ange­klag­te jedoch eben­so wenig beant­wor­ten wie die meis­ten ande­ren ihm gestell­ten Fra­gen. Obgleich der Beschul­dig­te laut Ermitt­lungs­er­kennt­nis­sen des BVT und eige­nen Anga­ben kei­ne Kon­tak­te zu ein­schlä­gi­gen Per­so­nen oder Grup­pen haben dürf­te, bleibt frag­wür­dig, war­um er trotz sei­nes Wis­sens um die Bedeu­tung auch ein Foto von sei­nen Tat­toos auf Face­book veröffentlichte.

Die erstaun­lich aus­drucks­star­ke Staats­an­wäl­tin beton­te in ihrem Abschluss­plä­doy­er, dass der Ange­klag­te auf sie unglaub­wür­dig wir­ke und die Ver­brei­tung sol­cher Inhal­te auf Face­book eben „nicht wit­zig“ sei, son­dern Sozia­le Medi­en gro­ße Gefah­ren ber­gen, gegen die man auf­tre­ten muss. Dass das Urteil mit zwei Jah­ren (bedingt auf drei Jah­re) rela­tiv hoch aus­fiel, hat wahr­schein­lich damit zu tun, dass der Ange­klag­te (wenn auch nicht für ein­schlä­gi­ge Delik­te) bereits acht Mal (u.a. wegen Waf­fen­be­sitz) vor­be­straft ist und wäh­rend bis­he­ri­ger Bewäh­rungs­stra­fen wie­der straf­fäl­lig wur­de. Er selbst schien ein­ver­stan­den zu sein, da er das Urteil ohne Abspra­che mit sei­ner Anwäl­tin annahm.