Linz: Marburger Germanen stellen sich aus?

Als eine der ausstel­len­den Grup­pierun­gen beim recht­sex­tremen „Europäis­chen Forum“ in Linz tritt die Burschen­schaft Ger­ma­nia aus Mar­burg an. Die Mar­burg­er Burschis, die im Vor­jahr den Vor­sitz im immer weit­er nach rechts abdrif­ten­den Dachver­band Deutsche Burschen­schaft innehat­ten, sind gle­ich dop­pelt vertreten in Linz. Mit Philip Stein stellen sie auch einen Ref­er­enten. Ob die ger­man­is­chen Burschen auch ihre eigene Geschichte ausstellen wer­den in Linz?

Sein­erzeit begab sich, dass ein Bursche und Jung-Ger­mane die „völkisch-nationalen Ele­mente“ wachrüt­teln wollte und zu diesem Zwecke rüh­mend der Tat­en gedachte, mit denen „der Führer Hitler … die Fir­ma (Deutsch­land) zunächst ein­mal unge­mein in die Höhe brachte”. Auch die nation­al­sozial­is­tis­chen Konzen­tra­tionslager fand der Mar­burg­er Ger­mane gut und wichtig. Die anderen 35 Aktiv­en der Mar­burg­er Burschen­schaft fan­den das furcht­bar und schlossen ihn aus – „cum infamia“, also mit Schimpf und Schande.

Die Website - pardon: Netzpräsenz - der Marburger Germanen

Die Web­site — par­don: Net­zpräsenz — der Mar­burg­er Germanen

Das wiederum fan­den die Alten Her­ren der Mar­burg­er Ger­ma­nen gar nicht gut und geißel­ten den Auss­chuss als „grausame Panne“ und Ver­rat an der „Mei­n­ungs­frei­heit“. Ein Großteil der Alten Her­ren ver­schwor sich und set­zte die Sus­pendierung der gesamten Aktiv­i­tas durch. Einige beson­ders aufmüp­fige und demokratisch ori­en­tierte Aktive wur­den gle­ich aus­geschlossen. Anschließend macht­en sich die Alten Her­ren daran, eine neue Aktiv­i­tas nach ihrem Eben­bild zu schaf­fen und nah­men hand­ver­lesen Burschis auf.

Der Dachver­band Deutsche Burschen­schaft, der von Aufmüp­fi­gen angerufen wurde, befand, dass die Sus­pendierung der Aktiv­i­tas völ­lig satzungswidrig beschlossen wurde und ver­fügte, dass die sus­pendierten Aktiv­en aufs Ger­ma­nen­haus zurück­kehren soll­ten. Die tat­en das auch, wur­den aber von den völkisch- nationalen Burschis und Alten Her­ren raus­geekelt, gemobbt – und gaben auf bzw. legten ihr Band zurück.

Die braunen Burschis und Alten Her­ren aber lebten fröh­lich in der Mar­burg­er Burschen­schaft Ger­ma­nia weit­er und wenn sie nicht gestor­ben sind, dann leben sie heute noch. Die ganze Geschichte spielte sich näm­lich im Jahr 1957 ab, wurde damals vom Nachricht­en­magazin „Der Spiegel“ minu­tiös aufgeze­ich­net und so an uns über­liefert. Ein Märchen ist die Geschichte lei­der nicht.

Auf ihrer Web­seite find­et sich nichts über diese radikale Säu­berungsak­tion, die fak­tisch eine Neu­grün­dung war. Wer die Mar­burg­er Ger­ma­nen googelt, lan­det rasch bei Mel­dun­gen, die auf ihre recht­sex­treme Gegen­wart Bezug nehmen. 2015 befürchtete etwa die „Frank­furter Rund­schau“ eine weit­ere Radikalisierung der Deutschen Burschen­schaft durch den Vor­sitz der Mar­burg­er Ger­ma­nen. Nicht unbe­grün­det, wie die Auseinan­der­set­zung der Burschis mit dem Islamkri­tik­er Hamed Abdel-Samad zeigte, über die der Blog „Burschen­schafter­pack­taus“ berichtete.

Zunächst waren die Mar­burg­er Ger­ma­nen mächtig stolz, dass sie mit der Ein­ladung des Islamkri­tik­ers öffentliche Aufmerk­samkeit und Dis­put erzeugt hat­ten. Als dann aber Hamed Abdel-Samad auf sein­er Face­book-Seite der Burschen­schaft acht Fra­gen zu Holo­caust, Hitler und den „Abstam­mungs­be­din­gun­gen“ für Burschen­schafter stellte, war Schluss mit lustig und mit Debat­te. Hamed Abdel-Samad wurde aus­ge­laden: „Nach­dem ich die 8 Fra­gen an die Burschen­schaft Ger­ma­nia geschickt habe, hat die Burschen­schaft von sich aus die Ver­anstal­tung abge­sagt. Sie ist darüber verärg­ert dass ich die Sache auf Face­book öffentlich disku­tiert und mich „durch linke Mei­n­ungs­mach­er unter Druck“ habe set­zen lassen. Auch dass ich den Zen­tral­rat der Juden und das Ver­fas­sungss­chutz ein­be­zo­gen habe, find­en sie absurd. Ich bin der Mei­n­ung, auch das gehört zur Demokratie, dass kon­tro­verse Fra­gen öffentlich disku­tiert wer­den. Meine 8 Fra­gen emp­fan­den sie als Gesinnungstest“.

"...ganz auf deutsches Denken eingestellt..." - Ein Gedicht von Bogislav von Selchow auf der Seite der Germanen...

„…ganz auf deutsches Denken eingestellt…” — Ein Gedicht von Bog­islav von Sel­chow auf der Seite der Germanen…

Zu ihrer Gesin­nung wollen die Mar­burg­er Ger­ma­nen nicht gerne befragt wer­den. Da gibt es auch dur­chaus heftige Schat­tierun­gen. Den burschen­schaftlichen Plu­ral­is­mus der Mar­burg­er Ger­ma­nen charak­ter­isiert der Blog „Nazi­watch­mar­burg so: „vom Neon­azikad­er bis zum neurecht­en Autor ist alles dabei“.

Über den engen Spezi von Mar­tin Sell­ner und Mar­burg­er Ger­ma­nen Philip Stein, der in Linz als Ref­er­ent ange­führt ist, hat der Blog „Wälder.Wiesen.Neonazis eine „Präsen­ta­tion“ ange­fer­tigt, die das blasse neurechte Selb­st­bild­nis des „Ein Prozent“-Aktivisten, in etwas kräftiger­er, erdi­ger Farbe erstrahlen lässt.