Sommerserie: Völkische Studentenverbindungen in Wien

Som­merserie Teil 1: Der Wiener Kor­po­ra­tionsring (WKR). Diesen Som­mer brin­gen wir den LeserIn­nen von stopptdierechten.at einige poli­tisch inter­es­sante Verbindun­gen aus Wien näher. Ihnen gemein­sam ist, neben der Grund­lage ein­er deutsch-völkischen Weltan­schau­ung, die Zuge­hörigkeit zum Wiener Kor­po­ra­tionsring. Zum Auf­takt wid­men wir uns diesem Zusam­men­schluss selbst.

Geschichte

Der WKR wurde am 18. Jän­ner 1952 als Nach­fol­ger des „Wiener Waf­fen­rings“ von 16 akademis­chen Kor­po­ra­tio­nen unter­schiedlichen Typs – darunter Burschen­schaften und Corps – gegrün­det. Bis Jahre­sende hat­ten sich ihm bere­its sieben weit­ere Verbindun­gen angeschlossen. Die eini­gende Grund­lage lieferte dabei die deutsch-völkische Weltan­schau­ung. Ein WKR-Wer­be­fold­er von 1991 definiert es als ein zen­trales Anliegen, „den Gedanken an die deutsche Ein­heit wach zu hal­ten“.


Burschen­schaftlich­es Idyll: Ver­stüm­melter Spaziergang
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Der Zusam­men­schluss sollte unter anderem der Abstim­mung der Mit­gliedsverbindun­gen in hochschulpoli­tis­chen Fra­gen dienen und ein geschlossenes Auftreten an bzw. gegenüber den Uni­ver­sitäten sich­er­stellen. So galt es zunächst unter anderem, von den akademis­chen Behör­den wieder das Recht zum Tra­gen von Mütze und Band auf Hochschul­bo­den zuge­sprochen zu bekom­men und an der Uni­ver­sität Ver­anstal­tun­gen abhal­ten zu dür­fen. Noch 1952 gelang es, erst­mals eine „Heldenehrung“ (für in den bei­den Weltkriegen gefal­l­ene Kor­pori­erte) durchzuführen, die von da an jährlich im Novem­ber stattfand.


Burschen­schafter und Mit­glied der Waf­fen-SS Otto Skorenzy
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Die Frage, inwieweit der WKR sich auch über Hochschu­lan­gele­gen­heit­en hin­aus poli­tisch betäti­gen sollte, lieferte über die Jahrzehnte immer wieder Anlass für inter­nen Stre­it. Während vor allem die Burschen­schaften auf ein­schlägi­gen Aktivis­mus drängten, erwiesen sich die poli­tisch weniger ein­deutig verorteten Corps immer wieder als Bremse für der­ar­tige Bestre­bun­gen. Zu starke und/oder zu rechts­gerichtete Poli­tisierung führte wieder­holt zu Aus­trit­ten, so etwa zu jen­em des Corps Sym­po­sion 1983/84. Die den Poli­tisierungskurs forcieren­den Verbindun­gen reagierten Mitte der 1980er Jahren mit der Grün­dung ein­er „ARGE Wiener Burschen­schaften und Lands­man­nschaften“, in welche poli­tis­che Aktio­nen for­t­an aus­ge­lagert wer­den sollten.

Immer wieder – v. a. zu Zeit­en, in denen der unter den Mit­glieds­bün­den rotierende Vor­sitz von ein­er beson­ders weit rechts ste­hen­den Burschen­schaft ein­genom­men wurde – set­zte aber auch der WKR selb­st ein­schlägige Markierun­gen, so etwa mit Flug­blät­tern zum „Tag der deutschen Ein­heit“, die deutsche Gebi­etsver­luste infolge ver­loren­er Aggres­sion­skriege beklagten. Gele­gentlich rief er auch zu anlass­be­zo­ge­nen Kundge­bun­gen auf, etwa im Zuge der Sezes­sion Slowe­niens und Kroa­t­iens oder in Reak­tion auf den Fall der deutschen Mauer 1989.


Burschen­schafter und Kriegsver­brech­er Ernst Kaltenbrunner
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Aktuell beste­ht der WKR aus 19 Verbindun­gen, darunter zehn Burschen­schaften, je zwei Corps und Lands­man­nschaften sowie je eine Jäger­schaft, akademis­che Verbindung und Tafel­runde, ein akademis­ch­er Turn­vere­in und ein Vere­in deutsch­er Studenten.

Regelmäßige Aktivitäten

Die Umtriebe des WKR sind in den let­zten bei­den Jahrzehn­ten von Rück­zugs­ge­fecht­en gekennze­ich­net. Das begin­nt bere­its beim während des Unise­mes­ters wöchentlich von den Mit­glieds­bün­den ver­anstal­teten „Far­ben­bum­mel“ auf der Rampe der Uni­ver­sität Wien. Bis in die 1990er Jahre hat­te dieser noch in der Aula des Uni-Haupt­ge­bäudes, genauer gesagt: am dort aufgestell­ten „Siegfried­skopf“ stat­tfind­en kön­nen. Der langjährige Kampf des WKR um den Erhalt dieses völkischen Denkmals in sein­er altherge­bracht­en Form endete 2006 mit ein­er kün­st­lerischen Umgestal­tung, Kon­tex­tu­al­isierung und Ver­legung in den Arkadenhof.

Weit­eren Boden büßte der WKR an ander­er Stelle ein: sein jährlich­es „Totenge­denken“ am Abend des 8. Mai, abge­hal­ten am „Helden­tor“ des Hof­burg-Kom­plex­es oder einem anderen inner­städtis­chen Platz, wurde aufgegeben, seit­dem der Helden­platz zum Tag der Befreiung (aus völkisch­er Per­spek­tive bis heute der „Tag der total­en Nieder­lage“) mit einem „Fest der Freude“ bespielt wird. Auch ein weit­er­er Fix­punkt im verbindungsstu­den­tis­chen Jahreskreis, die gemein­sam mit der „Öster­re­ichis­chen Lands­man­nschaft“ ver­anstal­tete Son­nwend­feier am 21. Juni, ver­lor jüngst seinen anges­tammten Ort: sie fand heuer nicht mehr am Coben­zl, son­dern bei der Windis­chhütte in Klosterneuburg statt.


Burschen­schafter und Kriegsver­brech­er Arib­ert Heim
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Der alljährlich im Novem­ber aus­ge­tra­gene WKR-Kom­mers kann bis dato weit­er­hin im Wiener Rathauskeller stat­tfind­en. Eben­falls erhal­ten geblieben ist dem WKR die Hof­burg als Aus­tra­gung­sort seines tra­di­tionellen Balls. Dieser fand ab 1953 zunächst fün­fzehn­mal im Wiener Konz­erthaus statt, bevor er in die Hof­burg über­siedelte. Nach­dem 2012 in Reak­tion auf seit 2008 abge­hal­tene Proteste gegen den Ball das Mietver­hält­nis durch die Hof­burg-Betreiberge­sellschaft been­det wurde, sprang die Wiener FPÖ als offizieller Ver­anstal­ter ein. Seit 2013 fir­miert das völkische Stelldichein unter dem Namen „Wiener Akademiker­ball“, an der poli­tis­chen Veror­tung des – auch inter­na­tionalen – Pub­likums hat sich nichts geän­dert (siehe zur heuri­gen Auflage). Die Fusion von Kor­pori­erten- und Parteiball kann als Schlusspunkt eines Prozess­es der Annäherung des WKR an die FPÖ gese­hen wer­den, der bere­its beim gemein­sam ver­anstal­teten „Ostar­richi-Kom­mers“ 1996 mehr als sicht­bar wurde. Heute repräsen­tiert die waf­fen­stu­den­tis­che Plat­tform gewis­ser­maßen den kor­pori­erten Arm der Wiener Freiheitlichen.

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