Kein Ende der Debatte über Verhöhnung der KZ-Insassen!

Die heftige Kri­tik an der Entschei­dung der Staat­san­waltschaft Graz, das Ver­fahren gegen den recht­sex­tremen „Aula“-Schreiber und Burschen­schafter Fred Duswald einzustellen, an der skan­dalösen Begrün­dung der Behörde für die Ein­stel­lung und an der eben­so skan­dalösen Stel­lung­nahme des Rechtss­chutzbeauf­tragten, der keine Fort­führung des Ver­fahrens beantragte – sie reißt nicht ab, und das ist gut so!

Da wäre zunächst ein­mal der Kom­men­tar von Hans Rausch­er, der sich in der Form eines offe­nen Briefes an die Staat­san­wältin richtet, die für die skan­dalöse Ein­stel­lungs­be­grün­dung ver­ant­wortlich zeich­nete. Die stärk­ste Pas­sage ist wohl die:

Sehr geehrte Frau Staat­san­walt, Sie haben – ohne Experten hinzuzuziehen – eine lügner­ische, geschichtswidrige und ten­den­ziell neon­azis­tis­che Darstel­lung der Ereignisse rund um das KZ Mau­thausen über­nom­men. Sie haben sich die Dik­tion der NS-Ver­harm­los­er zu eigen gemacht. Das wird von den immer stärk­er wer­den­den extrem Recht­en in diesem Land als Ermunterung ver­standen. Diese Leute wollen die NS-Ver­brechen rel­a­tivieren, um heute ähn­liche Ziele als legit­im erscheinen zu lassen. (derstandard.at)

Auf inter­na­tionaler Ebene ist uns ein Beitrag der „Neuen Zürcher Zeitung“ aufge­fall­en, der über­titelt ist mit „Unhalt­bare Argu­men­ta­tion der Jus­tiz: KZ-Befre­ite – eine Beläs­ti­gung Österreichs?“


Mau­thausen 1945

Eben­falls im „Stan­dard“ ist unter der Rubrik „Kom­men­tar der anderen“ ein Beitrag von Wern­er Win­ter­stein unter dem Titel „Der Fall „Aula”: J’Ac­cuse …!“ erschienen, in dem der Autor, ein Architekt und Enkel des von den Nazis ver­hafteten und ins KZ Mau­thausen deportierten let­zten Gene­re­al­proku­ra­tors der Ersten Repub­lik, mit der Ein­stel­lungs­be­grün­dung durch die Staat­san­waltschaft, aber dann auch generell mit der aufgew­erteten Stel­lung der Staat­san­waltschaft abrechnet:

Es drängt sich die Frage auf, wie es in einem der ober­sten Dien­stauf­sicht des Bun­desmin­is­teri­ums für Jus­tiz unter­ste­hen­dem Ver­ant­wor­tungs­bere­ich geschehen kon­nte, dass in einem Fall der Bedeu­tung des Anlass­falls keine Bericht­spflicht und keine inhalt­sori­en­tierte Fachauf­sicht gewährleis­tet war bzw. ist? Wie kon­nte es weit­ers geschehen, dass mit dem Rechtss­chutzbeauf­tragten und der ihm ver­fahren­srechtlich eingeräumten Befug­nis zur Stel­lung von Fort­führungsanträ­gen zwar auf dem Papi­er eine gewisse Fachkon­trolle gewährleis­tet sein soll, deren Effizienz aber selb­st in krass gelagerten Kon­stel­la­tio­nen, wie sie dem Anlass­fall zugrunde liegt, gegen null tendiert?“ (derstandard.at)

Der Kom­men­tar von Win­ter­stein ist direkt an Jus­tizmin­is­ter Brand­stet­ter adressiert („Ein Brief an den Jus­tizmin­is­ter“), doch nicht der, son­dern neuer­lich Chris­t­ian Pil­nacek, der Leit­er der Sek­tion Strafrecht, antwortet in einem weit­eren „Kom­men­tar der anderen“ mit „Der Fall Aula: J’avoue – ich geste­he“.

Das Geständ­nis des Sek­tion­schefs ist allerd­ings ein untauglich­er, weil schul­terzuck­ender Ver­such, die Debat­te zu been­den, indem für die Zukun­ft Besserung ver­sprochen wird: „Ja, ich geste­he, es ist ein unerträglich­er Fehler geschehen, der sich nicht mehr aus der Welt schaf­fen lässt“, schreibt der Sek­tion­schef, um dann ziem­lich mit einem ziem­lich vagen Gelöb­nis auf Besserung zu enden:

Auch wenn ich die Sys­temkri­tik nicht teile, möchte ich Wern­er Win­ter­stein danken – seine Mei­n­ung sollte Anlass genug sein, sich in den Staat­san­waltschaften und ihrer Führungsebene reflex­iv, ins­beson­dere mit dem Ver­hält­nis Sprache und Recht und den Auswirkun­gen ein­er fehlgeleit­eten Begrün­dung, auseinan­derzuset­zen. (derstandard.at)

Wir geste­hen: Das ist uns zu wenig! Das darf und wird nicht das Ende der Debat­te sein. Spätestens Ende März wird der Jus­tizmin­is­ter eine „per­fek­te par­la­men­tarische Anfrage (Arnulf Häfele in den Vorarl­berg­er Nachricht­en) des Abge­ord­neten Har­ald Walser beant­wortet haben müssen.