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Kein Ende der Debatte über Verhöhnung der KZ-Insassen!

Die hef­ti­ge Kri­tik an der Ent­schei­dung der Staats­an­walt­schaft Graz, das Ver­fah­ren gegen den rechts­extre­men „Aula“-Schreiber und Bur­schen­schaf­ter Fred Dus­wald ein­zu­stel­len, an der skan­da­lö­sen Begrün­dung der Behör­de für die Ein­stel­lung und an der eben­so skan­da­lö­sen Stel­lung­nah­me des Rechts­schutz­be­auf­trag­ten, der kei­ne Fort­füh­rung des Ver­fah­rens bean­trag­te – sie reißt nicht ab, und das ist gut so! Da wäre zunächst […]

19. Feb 2016

Da wäre zunächst ein­mal der Kom­men­tar von Hans Rauscher, der sich in der Form eines offe­nen Brie­fes an die Staats­an­wäl­tin rich­tet, die für die skan­da­lö­se Ein­stel­lungs­be­grün­dung ver­ant­wort­lich zeich­ne­te. Die stärks­te Pas­sa­ge ist wohl die:

Sehr geehr­te Frau Staats­an­walt, Sie haben – ohne Exper­ten hin­zu­zu­zie­hen – eine lüg­ne­ri­sche, geschichts­wid­ri­ge und ten­den­zi­ell neo­na­zis­ti­sche Dar­stel­lung der Ereig­nis­se rund um das KZ Maut­hau­sen über­nom­men. Sie haben sich die Dik­ti­on der NS-Ver­harm­lo­ser zu eigen gemacht. Das wird von den immer stär­ker wer­den­den extrem Rech­ten in die­sem Land als Ermun­te­rung ver­stan­den. Die­se Leu­te wol­len die NS-Ver­bre­chen rela­ti­vie­ren, um heu­te ähn­li­che Zie­le als legi­tim erschei­nen zu las­sen. (derstandard.at)

Auf inter­na­tio­na­ler Ebe­ne ist uns ein Bei­trag der „Neu­en Zür­cher Zei­tung“ auf­ge­fal­len, der über­ti­telt ist mit „Unhalt­ba­re Argu­men­ta­ti­on der Jus­tiz: KZ-Befrei­te – eine Beläs­ti­gung Österreichs?“


Maut­hau­sen 1945

Eben­falls im „Stan­dard“ ist unter der Rubrik „Kom­men­tar der ande­ren“ ein Bei­trag von Wer­ner Win­ter­stein unter dem Titel „Der Fall „Aula”: J’Ac­cu­se …!“ erschie­nen, in dem der Autor, ein Archi­tekt und Enkel des von den Nazis ver­haf­te­ten und ins KZ Maut­hau­sen depor­tier­ten letz­ten Gene­re­al­pro­ku­ra­tors der Ers­ten Repu­blik, mit der Ein­stel­lungs­be­grün­dung durch die Staats­an­walt­schaft, aber dann auch gene­rell mit der auf­ge­wer­te­ten Stel­lung der Staats­an­walt­schaft abrechnet:

Es drängt sich die Fra­ge auf, wie es in einem der obers­ten Dienst­auf­sicht des Bun­des­mi­nis­te­ri­ums für Jus­tiz unter­ste­hen­dem Ver­ant­wor­tungs­be­reich gesche­hen konn­te, dass in einem Fall der Bedeu­tung des Anlass­falls kei­ne Berichts­pflicht und kei­ne inhalts­ori­en­tier­te Fach­auf­sicht gewähr­leis­tet war bzw. ist? Wie konn­te es wei­ters gesche­hen, dass mit dem Rechts­schutz­be­auf­trag­ten und der ihm ver­fah­rens­recht­lich ein­ge­räum­ten Befug­nis zur Stel­lung von Fort­füh­rungs­an­trä­gen zwar auf dem Papier eine gewis­se Fach­kon­trol­le gewähr­leis­tet sein soll, deren Effi­zi­enz aber selbst in krass gela­ger­ten Kon­stel­la­tio­nen, wie sie dem Anlass­fall zugrun­de liegt, gegen null ten­diert?“ (derstandard.at)

Der Kom­men­tar von Win­ter­stein ist direkt an Jus­tiz­mi­nis­ter Brand­stet­ter adres­siert („Ein Brief an den Jus­tiz­mi­nis­ter“), doch nicht der, son­dern neu­er­lich Chris­ti­an Pil­nacek, der Lei­ter der Sek­ti­on Straf­recht, ant­wor­tet in einem wei­te­ren „Kom­men­tar der ande­ren“ mit „Der Fall Aula: J’a­voue – ich geste­he“.

Das Geständ­nis des Sek­ti­ons­chefs ist aller­dings ein untaug­li­cher, weil schul­ter­zu­cken­der Ver­such, die Debat­te zu been­den, indem für die Zukunft Bes­se­rung ver­spro­chen wird: „Ja, ich geste­he, es ist ein uner­träg­li­cher Feh­ler gesche­hen, der sich nicht mehr aus der Welt schaf­fen lässt“, schreibt der Sek­ti­ons­chef, um dann ziem­lich mit einem ziem­lich vagen Gelöb­nis auf Bes­se­rung zu enden:

Auch wenn ich die Sys­tem­kri­tik nicht tei­le, möch­te ich Wer­ner Win­ter­stein dan­ken – sei­ne Mei­nung soll­te Anlass genug sein, sich in den Staats­an­walt­schaf­ten und ihrer Füh­rungs­ebe­ne refle­xiv, ins­be­son­de­re mit dem Ver­hält­nis Spra­che und Recht und den Aus­wir­kun­gen einer fehl­ge­lei­te­ten Begrün­dung, aus­ein­an­der­zu­set­zen. (derstandard.at)

Wir geste­hen: Das ist uns zu wenig! Das darf und wird nicht das Ende der Debat­te sein. Spä­tes­tens Ende März wird der Jus­tiz­mi­nis­ter eine „per­fek­te par­la­men­ta­ri­sche Anfra­ge (Arnulf Häfe­le in den Vor­arl­ber­ger Nach­rich­ten) des Abge­ord­ne­ten Harald Wal­ser beant­wor­tet haben müssen.