Zum besseren Verständnis der freiheitlichen Abgeordneten Kitzmüller sollte man wissen, dass sie nicht nur im Vorstand der rechtsextremen Österreichischen Landsmannschaft (ÖLM), Landesgruppe Oberösterreich, tätig ist, sondern auch bei der akademischen Mädelschaft Iduna Linz und der pennalen Mädelschaft Sigrid Wien. Die Mädelschaften sind das weibliche Pendant zu den (deutschen) Burschenschaften, nur schlitzen sie sich nicht die Gesichter auf.
Anneliese Kitzmüller hat gerade vor wenigen Tagen eine Serie von Anfragen an die Unterrichtsministerin abgeschickt, in denen sie sich erkundigt, ob es „Bestrebungen für eine Würdigung“ von bestimmten „altösterreichischen Schriftstellern“ gebe, ob das Ministerium deswegen in Kontakt mit der sudetendeutschen Landsmannschaft stehe und ob es schon Ergebnisse gebe bzw. eine Finanzierung, wie hoch diese für 2015, 2016, 2017 und 2018 sei usw.
Vieles will die Mädelschafterin sehr detailliert wissen, nicht immer fragt sie dabei in verständlichem Altösterreichisch: „… gibt es einer (sic!) Chronologie, welcher (!) allfällige Fortschritte der „Würdigung“ erkennen lässt?“
Interessant ist die Anfrage aber nicht nur wegen ihres unverhohlenen Lobbyismus für diverse rechte Vertriebenenorganisationen, sondern wegen der Klassifikationen: Es gibt nämlich für Kitzmüller nicht nur „altösterreichische Schriftsteller“, sondern auch „altösterreichisch-jüdische“ Schriftsteller, Forscher usw.. Warum sie das religiöse Bekenntnis bei einer Gruppe besonders hervorhebt? Das bleibt offen.
Etwas mehr Klarheit schafft da schon die Anfrage zu dem namentlich genannten Lehrer, der im Beisein der ebenfalls namentlich genannten Begleitlehrerin „alle Schüler der Klasse (…) dazu gezwungen hat, ihre Socken auszuziehen.“ In eine Ecke seien die Schüler getrieben worden, die Mädchen mussten im Rollenspiel die Arme geradeaus strecken und, wenn sie das nicht schafften, mussten die Buben Liegestütze machen. Für die blaue Abgeordnete ist das Urteil über das Rollenspiel klar und eindeutig: „Nazi-Methoden“ seien das, heißt es schon im Titel der Anfrage. Da ist sie wieder: die Opfer-Täter-Umkehr, die wir auch und ganz besonders von den Nazis kennen.
In späteren Jahren benutzten dann Haider, Strache und die Freiheitlichen im allgemeinen gern die Opfer-Täter-Umkehr. Und jetzt, nach den „neuen Juden“ von Strache, sieht Kitzmüller eben „Nazi-Methoden“, wenn ein Rollenspiel zur Situation der Juden im Nationalsozialismus in einer Schule stattfindet.
Der Geschichtelehrer, der das Rollenspiel veranstaltet hat, wird nicht nur namentlich in der Anfrage genannt, sondern auch mit Profilfoto vorgestellt. Die über das Rollenspiel angeblich „empörten Eltern“ und auch die „empörten Elternvertreter“ dürfen den Schutz ihrer persönlichen Daten beanspruchen, der den LehrerInnen verwehrt bleibt. Die Unterrichtsministerin verweist in ihrer Anfragebeantwortung darauf, dass die Verletzung des Grundrechts auf Datenschutz durch Veröffentlichung von Namen und Foto des Betroffenen gravierend sei.
Das „Neue Volksblatt“ (15.7.2015) geht einen anderen Weg: Es fragt sich an der Schule herum und erhält ein völlig anderes Bild: „Elternvertreter würden sich von der parlamentarischen Anfrage distanzieren und hinter den betreffenden Lehrer stellen. Außerdem seien die Schüler auf das Rollenspiel von dem Lehrer gut vorbereitet worden. Auch eine intensive Nachbesprechung habe es gegeben, heißt es von Seiten der Schule.“ (Neues Volksblatt, 15.7.2015)
Wes Geistes Kind Kitzmüller ist, wird auch durch eine andere Aktion klar. In einer Presseaussendung warf Kitzmüller 2014 den Verantwortlichen vom Verein‚ Erinnern Gailtal und LehrerInnen‚ vor, die Exkursion von Schulklassen zum Peršmannhof bei Eisenkappel zu einer „linksfaschistischen“ Hetzveranstaltung umfunktioniert zu haben und forderte als Konsequenz das Verbot solcher Veranstaltungen bzw. die Lehrkräfte zur Verantwortung zu ziehen. Bernhard Gitschtaler, der die Exkursion leitete, klagte und erhielt in einem Vergleich weitgehend Recht:
Laut dem der APA vorliegenden gerichtlichen Vergleichstext verpflichtet sich der Freiheitliche Parlamentsklub zur Löschung der Aussendung Kitzmüllers sowie zu einer Entschädigungszahlung von insgesamt 3.000 Euro. Zudem heißt es in einer Ehrenerklärung: „Abgeordnete Anneliese Kitzmüller, die FPÖ und der Freiheitliche Parlamentsklub erklären, dass diese Aussagen auf offenbar unrichtigen Informationen beruht haben und ziehen diese daher mit dem Ausdruck des Bedauerns zurück. (kaernten.orf.at, 22.7.14)
Gitschtaler wiederum zog sämtliche medienrechtliche Anträge zurück, die Verfahrenskosten hat die FPÖ zu tragen.