Korneuburg/Laa an der Thaya: Strafen für die „Nationale Revolution“

Am Lan­des­gericht Korneuburg wurde am 9.7. gegen den öster­re­ichis­chen Admin­is­tra­tor des Neon­azi-Forums „Nationale Rev­o­lu­tion“ ver­han­delt. Mit ihm waren eben­falls wegen NS-Wieder­betä­ti­gung angeklagt seine frühere Fre­undin, seine Mut­ter und ein Gesin­nungskam­er­ad. Weil sich alle mit Aus­nahme der Mut­ter von Beginn an schuldig bekan­nten, wurde das Ver­fahren im Eil­tem­po abgewick­elt. Ein Prozess­bericht von Karl Öllinger.

Ein Sym­pa­thisant der Angeklagten begrüßt mich fre­undlich vor Beginn der Hauptver­hand­lung („Stoppt die Recht­en ist immer ziem­lich gut informiert.“), während mich die anderen eher skep­tisch beäu­gen. Dann geht’s auch schon los. Zunächst ist der Richter dran, der die Per­son­alien der Angeklagten aufn­immt bzw. vorträgt. Haup­tangeklagter ist Ron­ny N. (29), im Forum „Nordglanz“ , Zwei­tangeklagte seine frühere Fre­undin Janine S. (27), im Forum „OnMy­Own“ dann fol­gen die Mut­ter des Haup­tangeklagten, Sabine N. (55) und Andreas H. (28). Alle aus der Gegend um Laa/Thaya.

Der Staat­san­walt trägt die Anklage ziem­lich ger­afft vor. Die audio­vi­suelle Ein­lage, das Video eines Lieder­abends, bei dem der Haup­tangeklagte den Song „Gift­gas“ von „Kom­man­do Freisler” vorträgt, misslingt, weil der Ton im Saal kaum zu hören ist. Der Staat­san­walt ver­weist darauf, dass einzelne Texte später noch im Detail erörtert würden.

Die Bedeu­tung des Forums „Nationale Rev­o­lu­tion“ kommt nur unzure­ichend zur Sprache. Immer­hin gab es zu den Glanzzeit­en des Forums 3.000 reg­istri­erte UserIn­nen, auch wenn das Gros davon völ­lig oder weit­ge­hend inak­tiv war. Ab 2007 bestand das Forum, aber die Glanzzeit, die dauerte nur kurz. Nach der Abschal­tung von Thi­azi, das mit über 30.000 UserIn­nen und zahlre­ichen Grup­pen und Unter­grup­pen ganz andere Dimen­sio­nen erre­icht hat­te, ging es kurz aufwärts mit der „Nationalen Rev­o­lu­tion“, bevor im Okto­ber 2014 dann Schluss war. Die Verbindung mit den deutschen Mit­be­treibern des Forums wurde nur ganz kurz ange­sprochen, als die Mitangeklagte und dama­lige Fre­undin erk­lärt, ihr seien die Admin­is­tra­toren- und Mod­er­a­toren­rechte vom deutschen Mit­be­treiber und Admin­is­tra­tor zuerkan­nt wor­den und nicht von „Nordglanz“.


„OnMy­Own“

Ihr Vertei­di­ger hat­te vorher den angesichts ihres Schuldeingeständ­niss­es etwas selt­samen Ver­such unter­nom­men, die sub­jek­tive Tat­seite unter Hin­weis auf die Liebe zu „Nordglanz“ wegzure­den. Der vor­sitzende Richter wollte von den Angeklagten nicht allzu­viel wis­sen, aber bei der Frau genügten wenige kurze Fra­gen, bis sie selb­st klarstellte, dass sie ihre Post­ings vom „jüdis­chen Gebrabbel” und der „weißen Rasse” selb­st­ständig for­muliert und auch ihre Admin­is­tra­toren- und Mod­er­a­toren­rechte ohne Anleitung ihres Fre­un­des aus­geübt hatte.

Wern­er Tomanek, der die anderen drei Angeklagten ver­tritt, ist als Alter Herr der Burschen­schaft Olympia abgek­lärt: „Umerziehen wird man ihn nicht kön­nen”, for­muliert er in ein­schlägiger Dik­tion über den Erstangeklagten, um dann hinzuzufü­gen: „Er wird sich seinen Teil weit­er­hin denken, aber halt nicht mehr laut.“


14Wotan88-OÖ im Forum „Nationale Revolution”

Für die Geschwore­nen macht er diese schon für die Zukun­ft ver­mutete Hal­tung seines Schüt­zlings dadurch deut­lich, dass er sich stel­lvertre­tend von der Ver­gan­gen­heit dis­tanziert, sym­bol­isch auf ihr herum­tram­pelt: „Vertrot­telte, schi­ache Texte“ seien es gewe­sen, die der da ver­bre­it­et habe, „wider­wär­tig“ und „gschissen“. Aber „die Mama“ habe nicht gewusst, was drin ist in der Post, die sie ver­schickt hat, und der Vier­tangeklagte, den er auch noch ver­tritt, der sitze über­haupt nur da wegen einem „schi­achen Leiberl“. Der vor­sitzende Richter stellt klar, dass das „schi­ache Leiberl“ die Inschrift trug „Gut – bess­er – Hitler“. Getra­gen wurde es bei dem Lieder­abend mit dem „Giftgas“-Song. An wie vie­len Lieder­aben­den er teilgenom­men habe, daran wollte sich der Vier­tangeklagte nicht so recht erin­nern, aber ein paar dürften es schon gewe­sen sein.

Nur das Aller­notwendig­ste war aus den Angeklagten her­auszubekom­men und selb­st das so leise, dass es kaum zu hören war. Auch als der Staat­san­walt seine Pow­er­Point-Präsen­ta­tion über die „Nationale Rev­o­lu­tion“ mit vie­len Bildern auf­fahren ließ, hiel­ten sie den Blick zu Boden gesenkt. Ob das nun eine gespielte Unter­w­er­fungs­geste oder so etwas wie ein Anflug von schlechtem Gewis­sen war, lässt sich nicht wirk­lich einschätzen.

Am ein­deutig­sten ist es beim Haup­tangeklagten, der schon vier Vorstrafen von der Kör­per­ver­let­zung bis zur Sachbeschädi­gung in die Causa mit ein­bringt. Sieben Jahre seines Lebens wid­mete er der „Nationalen Rev­o­lu­tion“, schrieb weit über 10.000 Beiträge, in denen er von Rezen­sio­nen über Naz­imusik und ‑Konz­erte über prak­tis­che Tipps („Wo kriege ich in Öster­re­ich Szene-Klam­ot­ten“) bis hin zu klaren Nazi-Posi­tio­nen („Juden beherrschen Öster­re­ich“) das übliche Reper­toire abdeck­te. Seit er 14, 15 Jahre alt war, habe er sich über ältere Kam­er­aden immer mehr der NS-Ide­olo­gie angenähert, erk­lärte er. Wer die Älteren waren, wird nicht gefragt. Nach unseren Recherchen hat­te er jeden­falls schon früh Kon­takt zur Kam­er­ad­schaft Ger­ma­nia.


„Skar­burz” im Forum „Nationale Revolution”

Rosenkrieg spielte ver­mut­lich mit, als er seine frühere Fre­undin „OnMy­Own“ belastete. Den ersten Kon­takt zu ihr habe es gegeben, als sie auf der Suche nach ein­er Aus­gabe von „Mein Kampf“ war. Das spricht nicht ger­ade für die These des Vertei­di­gers, die Frau habe wed­er vor der Beziehung noch danach recht­sex­trem get­ickt. Aber eigentlich ist es auch egal. Janine S. war über mehrere Jahre im Forum und dort in ver­ant­wortlich­er Position.

Bei Sabine N. ist das anders. Sie führte gemein­sam mit ihrem Sohn ein Kon­to, über das die Ein­nah­men und Aus­gaben von NR liefen, sie brachte die Pack­erl mit den Nazi-CDs zur Post, sie empf­ing auch die Post. Sie ist Post­be­di­en­stete, sorgte über die Jahre der Tätigkeit ihres Sohns auch für dessen Unter­halt, wollte aber in all diesen Jahre wed­er von ein­er recht­sex­tremen Gesin­nung noch von sein­er doch ziem­lich inten­siv­en neon­azis­tis­chen Aktiv­ität etwas gewusst oder mit­bekom­men haben. Auch als sie der Vor­sitzende befragte, was sie denn zu der von ihr ver­schick­ten SMS an einen Besteller („Welche Farbe soll’s haben, Dein „Alpen-Donau“-Leiberl“) sage, gab sie sich ahnungs­los. Warum sie auf Face­book ein Foto von sich mit örtlichen und deutschen Neon­azis mit „Our Fam­i­ly“ titelt, das wurde sie nicht gefragt. Ver­mut­lich hat sie auch davon keine Ahnung.

Vom vier­tangeklagten Andreas S. wollte nie­mand Genaueres wis­sen. Mit seinem „schi­achen Leiberl“ lieferte er eine Steil­vor­lage für die Staat­san­waltschaft, er bekan­nte sich schuldig, das war’s dann auch schon.

Zeu­gen wur­den keine mehr ein­ver­nom­men, alle verzichteten darauf. Das mag prozessökonomisch gün­stig sein, trug aber nicht zur Aufk­lärung, zum besseren Ver­ständ­nis, was da wirk­lich gelaufen ist, bei. Für zwei Tage war der Prozess anber­aumt, nach nicht ein­mal drei Stun­den war schon das Ende ein­geläutet. Zu Mit­tag zog sich das Gericht zur Vor­bere­itung der Fra­gen an die Geschwore­nen zurück, der Rest hat­te Mit­tagspause und auch ich zog mich dezent zurück. Am späten Nach­mit­tag, nach Beratung der Geschwore­nen, dann das Urteil: drei Jahre unbe­d­ingt für „Nordglanz“, zwei Jahre bed­ingt für „OnMy­Own“, ein Jahr bed­ingt für den Vier­tangeklagten und ein Freis­pruch für die Mut­ter. Die Verurteil­ten nah­men die Strafe an, der Staat­san­walt über­legt noch.