Unzensuriert: Primitiver Rassismus

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Donau­wörth, eine Stadt mit rund 18.000 Ein­woh­ne­rIn­nen, liegt im nörd­li­chen Schwa­ben. Wenn dort ein Exhi­bi­tio­nist sein Geschlechts­teil ent­blößt, ist das für das Gegen­über eine sehr unan­ge­neh­me Ange­le­gen­heit, aber schon die regio­na­le media­le Rele­vanz ist mäßig. War­um ver­fasst also „Unzensuriert.at“ in Wien eine Mel­dung dazu? Weil sie Gele­gen­heit für einen unfass­bar pri­mi­ti­ven Ras­sis­mus bie­tet.

Die Mel­dung der „Augs­bur­ger All­ge­mei­nen“ vom 2. Dezem­ber 2014 bezieht sich auf einen Poli­zei­be­richt: eine Frau (37) erstat­tet am 1.12. Anzei­ge, weil sie drei Tage zuvor, am 28.11. von drei jun­gen Män­nern, die Zei­tung schreibt „von mut­maß­li­chen Afri­ka­nern“, sexu­ell bedrängt wor­den ist:

„Sie kreis­ten die Frau halb­kreis­för­mig ein und grins­ten sie, nach ihrer Ein­schät­zung obs­zön an. Dabei öff­ne­ten sie ihre Jeans und lie­ßen die Hosen leicht nach unten rut­schen. Anschlie­ßend hol­ten sie ihre Geschlechts­tei­le her­aus und mani­pu­lier­ten dar­an.“

Bei dem Vor­fall kam es zu kei­nem kör­per­li­chen Kon­takt und die bedräng­te Frau konn­te davon­lau­fen, wird in der Mel­dung der „Augs­bur­ger All­ge­mei­nen“ noch ver­merkt. Kei­ne Fra­ge, eine für die Frau sehr unan­ge­neh­me und auch bedroh­li­che Situa­ti­on. Übli­cher­wei­se war­nen loka­le Medi­en, wenn Exhi­bi­tio­nis­ten unter­wegs sind – und es gibt dazu auch etli­che Mel­dun­gen der baye­ri­schen Poli­zei. Wenn man goo­gelt, fin­det man jede Men­ge Mel­dun­gen zu Exhi­bi­tio­nis­ten und Donau­wörth. Am 1. Dezem­ber, also einen Tag vor der Mel­dung, die “Unzen­su­riert” so span­nend fin­det, hat­te die „Augs­bur­ger All­ge­mei­ne“ über die Fest­nah­me eines Exhi­bi­tio­nis­ten in Donau­wörth berich­tet. Über des­sen spe­zi­ell prä­pa­rier­te Hose oder über die selt­sa­me zeit­li­che Koin­zi­denz woll­te „Unzen­su­riert“ eben­so wenig berich­ten wie über die zwei­fel­los auch in Öster­reich statt­fin­den­den exhi­bi­tio­nis­ti­schen Hand­lun­gen. Nein, „Unzen­su­riert“ woll­te Afri­ka­ner vorführen!

Am 7. Dezem­ber macht „Unzen­su­riert“ einen Bei­trag dazu – und was für einen! Aus der Schlag­zei­le „Frau wird von drei Exhi­bi­tio­nis­ten bedrängt“ der „Augs­bur­ger All­ge­mei­nen“ wird der Titel “Donau­wörth: Afri­ka­ner ona­nier­ten vor Mut­ter“.



Oben: Augs­bur­ger All­ge­mei­ne; Unten: Unzensuriert
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Und gleich im ers­ten Satz ver­passt „Unzen­su­riert“ den Ver­däch­ti­gen eine ein­deu­ti­ge, scho­ckie­rend ras­sis­ti­sche Zuordnung:

„Eine 37-jäh­ri­ge Mut­ter muss­te vor weni­gen Tagen in Donau­wörth (Bay­ern) mit der Pri­mi­ti­vi­tät von drei Afri­ka­nern Bekannt­schaft machen“.

Um das noch zu top­pen, schließt der Bericht mit einer wei­te­ren ras­sis­ti­schen Ver­all­ge­mei­ne­rung und Unterstellung:

„Deut­sche Frau­en wer­den offen­bar immer öfter Frei­wild für kri­mi­nel­le Aus­län­der. Dabei rei­chen die Delik­te von Dieb­stahl, Raub und Ein­bruch bis hin zu schwe­rer Kör­per­ver­let­zung und sogar Ver­ge­wal­ti­gung. Wer­den die Täter geschnappt, dann kommt es nicht sel­ten dazu, dass Rich­ter eine ver­meint­li­che „Trau­ma­ti­sie­rung“ der Asy­lan­ten und Wirt­schafts­flücht­lin­ge als Straf­mil­de­rungs­grund her­an­zie­hen“.

Mit die­ser Steil­vor­la­ge aus­ge­stat­tet, dür­fen die Pos­ter bei “Unzen­su­riert” dann die Bot­schaft komplettieren:

User “Patrio­tis­mus” beginnt den ras­sis­ti­schen Reigen:

“Letz­tes mal einen Tier­film gese­hen wo Affen auch vor der Kame­ra ona­niert haben. Ein altes Sprich­wort sagt: Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm, nur noch das Uhuhuh hat gefelht”. – Das gilt vor allem für den matsch­brau­nen patrio­ti­schen Apfel, in des­sen deut­scher Spra­che der Wurm drin­nen ist.


Bei­spiel ras­sis­ti­scher Hetze
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„Schuld an die­sen scheuß­li­chen Zustän­den ist unter ande­rem die Irr­leh­re von der Gleich­heit der Men­schen­ras­sen. Es gibt nun ein­mal Ras­sen, bei denen das Gehirn und das ethi­sche Emp­fin­den im Durch­schnitt weit weni­ger ent­wi­ckelt ist als bei ande­ren Ras­sen“, hetzt User „Peter“ völ­lig unge­niert: “Die Geschich­te zeigt, dass ein kon­flikt­frei­es Zusam­men­le­ben von Negern mit ande­ren Ras­sen nicht mög­lich ist. Wir beob­ach­ten das auch bei den aktu­el­len Neger-Unru­hen in den USA”.

Über­trof­fen wird er nur mehr von „Tea Par­ty“, der sei­ne sexu­el­len Gewalt­phan­ta­sien in einer Pro­jek­ti­on auslebt:

„Wenn‚s schon unbe­dingt sein muss, dass die Hot­ten­tot­ten in der Öffent­lich­keit “aus­pa­cken”, dann soll­ten in einem Akt irdi­scher Gerech­tig­keit die “Asyl für Alle”-erfechterinnen dran­kom­men und eine Run­de “Flö­ten­un­ter­richt” über sich erge­hen las­sen“.

Das und noch eini­ges mehr an wider­lich pri­mi­ti­ver ras­sis­ti­scher und sexis­ti­scher Het­ze fin­det statt in einem Medi­um, das die Haus­pos­til­le des frü­he­ren Drit­ten Natio­nal­rats­prä­si­den­ten war! Von dort fin­det es dann sei­nen Weg in die sozia­len Netz­wer­ke. Auf „Unse­re Blaue Sei­te“ (Face­book) etwa wird der Bericht unkom­men­tiert über­nom­men und von der blau­en Fan­ge­mein­de „nach­be­ar­bei­tet“ und wei­ter geteilt: Gegen die „Sau­ban­de“, “Krüpp­ln“, „Schwei­ne“, „Rat­ten“, „Scheiß­pack“ und natür­lich auch „Baum­af­fen“ wird da noch tie­fer gehetzt, denn – so ein ande­rer blau­er Fan – da „sieht man, wie nahe der Neger noch am Affen ist“.

Ob die Straf­ver­fol­gungs­be­hör­de den Tat­be­stand der Ver­het­zung gege­ben sieht, wird sich zeigen.