Die nicht bezahlte Rechnung bei einem Handy-Betreiber löst am 18. Februar dieses Jahres in Wien Margareten Terror-Alarm aus. Der Vertreter eines Inkasso-Büros wirft einen Blick in die Wohnung des Betroffenen und glaubt, genügend Anhaltspunkte für eine Terrorzelle gesehen zu haben. Wenig später sind Dutzende Polizisten in der Wohnung, finden aber keinen Terror. Die FPÖ schon.
Zumindest der Auftakt zu dem gewaltigen Polizeieinsatz dürfte sich in etwa so abgespielt haben: Weil ihm die Tür nicht geöffnet wurde, ruft der Inkasso-Mensch, der eine nicht bezahlte Handy-Rechnung eintreiben will, Polizei und Schlosser. Nach Öffnung der Wohnung dann völliges Entsetzen: eine schwarze Fahne mit arabischen Schriftzeichen, ein Chemie-Baukasten und zwei alte stumpfe Zierdolche an der Wand.
Terror-Waffen? (Bildquelle: tutti.ch)
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In der Erzählung von „Heute“ (19.2.2015) liest sich das so:
„Die nichtsahnenden Beamten schreckten in der menschenleeren Wohnung zurück: IS-Fahnen, Waffen (Schwerter, Maschinenpistolen) und verdächtige Stoffe. Sofort zogen sich Handwerker und Cops zurück ‑ein Großaufgebot von WEGA, Sprengstoffhunden, Verfassungsschutz und Dutzenden Polizisten stürmte das Apartment im 5. Stock“.
Bericht der Gratiszeitung „Heute”
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In einer APA-Meldung vom 19.2.15 korrigiert die Polizei dann das Bild der Terrorzelle des „Islamischen Staates“ völlig:
„Bei der Aufschrift (auf der angeblichen IS-Fahne, SDR ) dürfte es sich zwar um einen Text mit religiösem Inhalt handeln, allerdings nicht um islamistische Botschaften, wie sich später herausstellte. Außerdem wurden weder Schwerter oder Maschinenpistolen noch sonstige Waffen entdeckt, sagte der Sprecher zu einem Bericht der Gratiszeitung „Heute“ (APA, 19.2.15)“.
Das Gratisblatt hinderte das Dementi der Polizei nicht daran, noch einmal – am 20.2. – nachzusetzen: die Falschmeldung über die „Dschihad-Wohnung“, über die man schon am Vortag „exklusiv berichtet“ hat, wird einfach wiederholt: „Die Spezialeinheit stellte Fahnen sicher, auch Suchtgift und Waffen wurden gefunden“.
Am 20.2., also einen Tag nach dem Dementi der Polizei, wiederholt auch der Landesgeschäftsführer der FPÖ, Andreas Guggenberger, das erbrochene Lügengebräu: “IS-Fahnen, Maschinenpistolen, Chemikalien und Drogen- was die Spezialisten der Polizei in einer Wohnung in einem Margaretner Gemeindebau entdeckten, lässt nur einen Schluss zu :Es handelt sich um ein Terror-Nest“.
Halten wir in aller Deutlichkeit fest: es gab nach Auskunft der Polizei:
Die Pressemitteilung der FPÖ ist aber nur der bescheidene Auftakt für eine flächendeckende Kampagne der FPÖ Margareten. Sie bzw. die FPÖ Wien produziert einen Flyer mit der fetten Überschrift „Gegen Terror in Margareten“, der in der Wohnumgebung der vier jungen Wohnungsmieter, deren Wohnungsausstattung zum Gegenstand von widerlichen falschen Gerüchten geworden ist, verteilt wurde.
„Wussten Sie, dass in Ihrer Nachbarschaft Terroristen wohnen?“, hetzt die FPÖ wider alle Fakten scheinheilig weiter.

In einem Interview mit dem „Kurier“ vom 6.3. behauptet der Bezirksobmann der FPÖ Margareten, Bundesrat Hans-Jörg Jenewein, dass der Fall nicht so substanzlos sei wie dargestellt. Woher will er das wissen? Von der Polizei? Die erklärt immer noch und wieder, dass es bei den Bewohnern nicht einmal einen Anfangsverdacht bezüglich Terrorismus gäbe . Das ändert nichts daran, dass einer von ihnen wegen des falschen Gerüchts mittleerweile seinen Arbeitsplatz verloren hat und „Wien Wohnen“ die Wohnung gekündigt hat, weil die Wohnung dem „Zusammentreffen extremistischer Personen, der Lagerung von Waffen und fundamentalistischer Propagandamittel“ diene.
Woher will „Wien Wohnen“ das wissen? Von der Polizei sicher nicht, also wohl von der FPÖ oder von „Heute“.
Jenewein erklärt dem „Kurier“ auch noch, dass er noch eine parlamentarische Anfragebeantwortung zu der angeblichen Terror-Wohnung abwarten wolle. Abwarten ‑wofür? Weil er bis dorthin – zwei Monate dauert es in der Regel , bis eine Anfrage beantwortet wird — das falsche Gerücht weiterhin verbreiten will? Abwarten – was? Bis heute (16.3.) gibt es keine Anfrage dazu – also wird es auch keine Antwort geben können. Schon gar keine, die das falsche Gerücht bestätigt.
Was die FPÖ hier über Wochen betrieben hat, rechtfertigt den Verdacht der Verbreitung falscher , beunruhigender Gerüchte (§ 276 STGB). Es wurde daher eine Sachverhaltsdarstellung bei der Staatsanwaltschaft Wien eingebracht.