Man kann nur schwer glaubhaft bleiben, wenn man nicht wagt, in medias res zu gehen. Die Möglichkeiten, Einblick in die rechtsextreme Szene zu bekommen, sind äußerst begrenzt. Der Prozess gegen zwei Salzburger Jugendliche, die eine rechtsextreme Parole an eine Schulwand schmierten (einer sprühte, der andere stand “Schmiere”) erschien mir demnach als eine Möglichkeit, mehr Einblick zu bekommen.
In der Nacht vorher tat ich mir mit dem Einschlafen schwer. Permanent ratterten Fragen als Perpetuum Mobile durch meinen Kopf: Werden meine Ansichten bestätigt? Wie läuft ein derartiger Prozess ab? Werden GesinnungsgenossInnen ebenfalls in den Zuschauerreihen anwesend sein? Wie stark wird das öffentliche Interesse sein?
Tatsächlich ging ich am Ende des Tages mit mehr Fragen als Antworten aus dem Prozess heraus. Die Frage der “Schuld” im Zusammenhang mit Verstößen gegen das Verbotsgesetz war für mich bisher einfach zu beantworten: je härter die Strafe, desto besser! “Law and Order” – unabhängig von Alter und sozialem Hintergrund. Bisher war’s mir ziemlich egal, ob das Motiv hinter einer einschlägigen Tat schlichtes “Mitlaufen” war oder eine tatsächliche, tiefe ideologische Verhaftung. Diese Einstellung wurde heute – ich betone: in TEILEN – auf den Kopf gestellt. In der Motivation zu derartigen Taten gibt es vermutlich mehr Grautöne als Schwarz oder Weiß. Nichts desto trotz ist das Verbotsgesetz bzw. dessen Abschaffung nicht zur Diskussion zu stellen. Die Frage ist vielmehr, warum es heute immer noch notwendig ist, es anzuwenden.
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