„Getroffen hat es Josef, gemeint sind wir alle!”

Gestern ging der Prozess gegen Josef S. zu Ende. Josef S. wurde während der antifaschis­tis­chen Proteste gegen den Akademiker­ball 2014 festgenom­men. Bere­its der Polizeiein­satz und die lange U‑Haft standen unter mas­siv­er Kri­tik. Die Verurteilung von Josef S. wur­den von ver­schieden­sten Seit­en, sowohl von Medi­en, als auch von Poli­tik scharf kri­tisiert. Eine Zusam­men­stel­lung der ver­schieden­sten Presseaussendungen.

Die Vor­sitzende der Aktion Kri­tis­ch­er Schüler_innen, Christi­na Götschhofer, zeigt sich schock­iert: „Das Urteil im Fall Josef S. ist der Gipfel eines unfass­baren Schauprozess­es der sich in den let­zten Monat­en in Öster­re­ich abge­spielt hat. […] Offen­sichtlich gilt in Öster­re­ich für linke Demon­stran­ten und Demon­stran­tinnen: Im Zweifel gegen die Angeklagten”. Julia Herr, Vor­sitzende der Sozial­is­tis­chen Jugend Öster­re­ich, fordert „die sofor­tige Stre­ichung des §247 Land­friedens­bruch aus dem Strafge­set­zbuch”. (OTS)

Klau­dia Pai­ha, Bun­dessprecherin der Alter­na­tiv­en, Grü­nen und Unab­hängi­gen Gew­erkschaf­terIn­nen (AUGE/UG), kri­tisiert das unter­schiedliche Maß von Polizei und Jus­tiz und erin­nert an den Neon­azi-Über­fall auf eine Tagung der Gew­erkschaft­sor­gan­i­sa­tion KOM­intern, im Ernst-Kirch­weger-Haus (EKH). Pai­ha betont weit­ers die Wichtigkeit antifaschis­tis­ch­er Proteste: „In diesen Tagen jährt sich der Beginn des Spanis­chen Bürg­erkrieges 1936, als sich Gew­erkschaften dem Faschis­mus ent­ge­gen­stell­ten und für eine bessere Welt kämpften. Gew­erkschaftlich­er Kampf gestern und heute bedeutet auch immer Kampf für Frei­heit und Sol­i­dar­ität und gegen Recht­sex­trem­is­mus und Faschis­mus. Wir wer­den uns weit­er entsch­ieden autoritären Ten­den­zen ent­ge­gen­stellen, uns in diesem Kampf auch nicht ein­schüchtern und nicht mund­tot machen lassen und nicht zulassen, dass Antifaschis­mus krim­i­nal­isiert wird”. Die AUGE/UG kündigt an, den Polizeiein­satz rund um die Akademiker­ball-Proteste 2015 zu beobacht­en und zu dokumentieren.

Die Vor­sitzen­den der ÖH Uni Wien kri­tisieren, dass die „Verurteilung von Josef S. zu ein­er Frei­heitsstrafe von nahezu einem Jahr zeigt […], dass die Jus­tiz ver­sagt hat” und „dass Antifaschis­mus krim­i­nal­isiert und dadurch recht­es Gedankengut immer salon­fähiger gemacht wird”. Bere­its die Anklageschrift macht deut­lich, „dass die Anklage durch­wegs ide­ol­o­gisch motiviert war” und das Vor­sitzteam der ÖH Uni Wien befürchtet, dass, „gestärkt durch dieses Urteil, nun mit weit­eren Repres­sion­swellen gegen Antifaschist_innen zu rech­nen ist” und betont: „Getrof­fen hat es Josef, gemeint sind wir alle!”.

Albert Stein­hauser, Jus­tizsprech­er der Grü­nen, analysiert warum die Verurteilung des Josef S. so umstrit­ten ist und kann sich des Ein­drucks nicht erwhren, dass sich Beschuldigte frei beweisen müssen. (OTS). Wie auch Stein­hauser kri­tisiert SPÖ-Jus­tizsprech­er Hannes Jarolim den Tatbe­stand des Landfriedensbruchs.

Der Lan­desparteivor­sitzende der SPÖ Oberöster­re­ich und Lan­deshaupt­mann-Stv. Rein­hold Entholz­er, ver­misst „jegliche Ver­hält­nis­mäßigkeit wenn auf Basis ein­er der­art dürfti­gen Beweis­lage einem jun­gen Men­schen durch eine Verurteilung Zukun­ftschan­cen genom­men wer­den, nur weil er von seinem Recht auf Mei­n­ungs- und Ver­samm­lungs­frei­heit Gebrauch gemacht hat. Es kann nicht sein, dass kün­ftig Men­schen zögern, für ihre demokratis­chen Grundw­erte demon­stri­eren zu gehen, weil sie fürcht­en müssen, dafür inhaftiert zu werden.”

Mehrere Organ­i­sa­tio­nen rufen zu ein­er Demon­stra­tion, am Sam­stag, den 26. Juli um 18 Uhr auf. Start­punkt ist der Stephansplatz in Wien.

Weit­ere Presseaussendungen:
DER STANDARD — Kom­men­tar: „Good Cop, Bad Cop” von Michael Simoner
Bun­desju­gend­vertre­tung: Trau­riger Tag für Mei­n­ungs­frei­heit und Demonstrationsrecht!
Rote Jugen­dor­gan­i­sa­tio­nen: Der Prozess ist vor­bei, der Jus­tizskan­dal bleibt
SJ-Kaiser: „Antifaschis­tis­ch­er Protest darf nicht krim­i­nal­isiert werden!”
ÖH zum Urteil Josef S.
Prozess gegen Josef S: Amtsmiss­brauch oder die Über­win­dung der Gewaltenteilung