Lesezeit: 2 Minuten

Ternitz (NÖ): Langeweile mit Hakenkreuz?

Es war nicht der ers­te Ein­bruch, aber der schlimms­te: In der Nacht zum 17. Juni wur­den das Lokal des tür­ki­schen Volks­kul­tur­ver­eins in Ter­nitz kom­plett ver­wüs­tet und in den Bil­lard­tisch ein Haken­kreuz geritzt. Seit mehr als 20 Jah­ren ist der Volks­kul­tur­ver­ein in Ter­nitz tätig – der Anschlag der Vor­wo­che war der ers­te mit rechts­extre­mer Hand­schrift. Schon […]

24. Jun 2014

Schon in den ver­gan­ge­nen Mona­ten wur­de in das Ver­eins­lo­kal ein­ge­bro­chen, aber da waren die Täter auf der Suche nach Hab­se­lig­kei­ten – dies­mal zer­stör­ten sie die­se. Bei dem Anschlag auf das Lokal des Volks­kul­tur­ver­eins wur­de so ziem­lich alles in den Räum­lich­kei­ten ver­wüs­tet: Fens­ter, Mobi­li­ar und der schon erwähn­te Bil­lard­tisch mit dem Hakenkreuz.

Rund zwei Stun­den wüte­ten die Täter. Woher man das weiß? Die Ter­nit­zer Poli­zei hat­te offen­sicht­lich rasch eine Ahnung von den Tätern und nahm, nach­dem am Diens­tag der Vor­wo­che die Atta­cke ent­deckt wur­de, zwei Jugend­li­che fest, die ein Küchen­mes­ser aus dem Ver­eins­lo­kal bei sich tru­gen. Im Zuge der Ermitt­lun­gen stell­te sich her­aus, dass noch ein drit­ter Jugend­li­cher an der Atta­cke betei­ligt war. Die drei Jugend­li­chen im Alter von 15 und 16 Jah­ren wur­den ange­zeigt. Die NÖN schreibt über das Motiv: „Sie ver­ant­wor­te­ten ihre Taten mit Unbesonnenheit.“

Von wem die lyri­sche For­mu­lie­rung mit der Unbe­son­nen­heit stammt, ist unklar. Der „Kurier“ (NÖ-Aus­ga­be 24.6.14) nennt ein ande­res Motiv, „Lan­ge­wei­le“. Angeb­lich wür­den die Jugend­li­chen ihre Tat auch schon bereu­en. Ihre Eltern (!) haben sich näm­lich bei Tun­cay Ars­lan, dem Obmann des Ver­eins, ent­schul­digt und wol­len den Scha­den auch begleichen.

Die Atta­cke auf das Lokal des Volks­kul­tur­ver­eins ist nicht die ein­zi­ge in den letz­ten Mona­ten in Nie­der­ös­ter­reich, bei der ras­sis­ti­sche, aus­län­der­feind­li­che bzw. neo­na­zis­ti­sche Moti­ve sicht­bar wur­den. In Ebreichs­dorf fand im Dezem­ber 2013 eine Atta­cke auf eine Fami­lie mit tür­ki­schem Migra­ti­ons­hin­ter­grund statt, die nach unse­ren Infos noch nicht auf­ge­klärt ist. In Her­zo­gen­burg, in Neu­leng­bach und in Pöch­larn wur­den eben­falls im Vor­jahr tür­ki­sche Ein­rich­tun­gen bzw. Loka­le atta­ckiert – immer mit der Hin­ter­las­sen­schaft von Hakenkreuzen.

Ver­mut­lich gibt es noch eini­ge ähn­lich gela­ger­te Vor­fäl­le (nicht nur in Nie­der­ös­ter­reich) mit ras­sis­ti­schem oder rechts­extre­mem Hin­ter­grund, über die nicht berich­tet wur­de bzw. die auch nicht ange­zeigt wur­den. Vor allem in länd­li­chen Gemein­den sind Betrie­be, aber auch Ein­rich­tun­gen von Zuwan­de­rern abhän­gig von der „ein­hei­mi­schen“ Mehr­heit. Des­halb wird manch­mal auch geschwie­gen oder man regelt die Ange­le­gen­hei­ten „ami­kal“. Das Pro­blem dabei: Die poli­ti­sche Dimen­si­on, der laten­te Ras­sis­mus von Jugend­li­chen, der sich durch­aus mit der Lan­ge­wei­le als Motiv ver­trägt, wird dabei nicht sichtbar.

Verwandte Beiträge