Letzte Messe für NS- General und Kriegsverbrecher?

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Es soll heu­er die letz­te „Dietl“-Gedenkmesse gewe­sen sein, die am ver­gan­ge­nen Wochen­en­de in Wald­bach (Stmk) abge­hal­ten wur­de. Edu­ard Dietl, ein über­zeug­ter Nazi der ers­ten Stun­de, Gene­ral der deut­schen Wehr­macht und Kriegs­ver­bre­cher, war 1944 in Wald­bach mit dem Flug­zeug abge­stürzt. Der Kame­rad­schafts­bund (ÖKB) hält seit Jahr­zehn­ten an der Absturz­stel­le, die mit einem Denk­mal geadelt wur­de, Gedenk­fei­ern bzw. Gedenk­mes­sen ab.

Am 23. Juni 1944 stürz­te Edu­ard Dietl im Wech­sel­ge­biet ab – für Hit­ler war er der „Typ des natio­nal­so­zia­lis­ti­schen Offiziers….ein Natio­nal­so­zia­list (….) nicht der Phra­se, son­dern dem Wil­len, der Über­le­gung und doch auch dem Her­zen nach“, wie er beim Staats­akt für Dietl am 1.Juli 1944 sinnierte.

Tat­säch­lich war Dietl ein fana­ti­scher Nazi, der für bru­ta­le Kriegs­ver­bre­chen in Finn­land und Nor­we­gen­ver­ant­wort­lich war. Das hin­der­te den Kame­rad­schafts­bund nicht dar­an, 1958 den Beschluss zur Errich­tung eines Denk­mals für Dietl an der Absturz­stel­le zu fas­sen. „Die fei­er­li­che Ein­wei­hung erfolg­te am 7. Juni 1960“, ver­merkt die Chro­nik des Orts­ver­ban­des Wald­bach des ÖKB.


Ver­ein zur Erhal­tung der Dietl-Gedenkstätte
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Seit­her wur­den beim soge­nann­ten „Dietl-Kreuz“ Gedenk­mes­sen abge­hal­ten, an denen bis zu zwei­hun­dert (!) Per­so­nen teil­nah­men. Die Gedenk­mes­sen wur­den vom Orts­pfar­rer zele­briert, der sie damit recht­fer­tig­te, dass es dafür „Wün­sche in der Bevöl­ke­rung“ gebe (Klei­ne Zei­tung, 15.7.2003). Des­halb kön­ne man die Sache (gemeint ist das Geden­ken) nur „lang­sam aus­lau­fen las­sen“, so der Pfar­rer damals.

Nach dem 60. Jah­res­tag 2004 wur­de der Rhyth­mus der maka­bren Nazi-Mes­se auf eine fünf­jäh­ri­ge Abfol­ge umge­stellt. Die katho­li­sche Kir­che, aber auch der ÖKB recht­fer­tig­ten die Mes­se damit, dass es sich nie um eine Dietl-Mes­se gehan­delt habe, son­dern immer um eine Mes­se „mit Gebe­ten für den Frie­den und die Gefal­le­nen“ (so der Pfar­rer 2003) bzw. „für jene, die hier mit dem Flug­zeug abge­stürzt sind und für die Gefal­le­nen aus dem Ort“ (so der Wald­ba­cher ÖKB-Obmann 2014 zur „Klei­nen Zei­tung“).

Gegen die­se Recht­fer­ti­gung spricht so ziem­lich alles – nicht zuletzt der Beschluss des Pfarr­ge­mein­de­ra­tes von Wald­bach vom Jän­ner 2014 zur Ein­stel­lung der Gedenk­mes­sen nach 2014. Im Beschluss­por­to­koll wird zuge­ge­ben, dass das „Mit­wir­ken der Kir­che bei einem Absturz­denk­mal eines Mit­glieds der NSDAP… immer schon pro­ble­ma­tisch“ war.


Pfarr­ge­mein­de­rat zur Gedenk­mes­se beim Dietl-Kreuz
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Die Recht­fer­ti­gung des Pfarr­ge­mein­de­ra­tes für die Teil­nah­me der Kir­che in der Ver­gan­gen­heit ist aller­dings atemberaubend:

„Mit der Mes­se wur­de auch die Erfah­rung von ÖKB-Mit­glie­dern, die unter Dietl gedient haben, respek­tiert und aner­kannt, dass sie Gen. Dietl in einer unmensch­li­chen Situa­ti­on (Krieg) als mensch­li­chen Befehls­ha­ber erlebt haben und er nicht nur wegen sei­ner Par­tei­zu­ge­hö­rig­keit schon aus­ge­grenzt wer­den kann.“ (Pro­to­koll des Pfarr­ge­mein­de­ra­tes Wald­bach [pdf]).

Man muss das Pro­to­koll mehr­mals lesen, um sich sicher zu wer­den, dass die Unge­heu­er­lich­kei­ten, die in die­sem Satz ent­hal­ten sind, auch tat­säch­lich so gemeint und geschrie­ben wurden!

Zur „Wür­di­gung“ des „mensch­li­chen Befehls­ha­bers“ in einer „unmensch­li­chen Situa­ti­on“ hier noch die Infos von „wiki­pe­dia“ zu Dietls Kriegs­ver­bre­chen:


„In zwei Fäl­len wird Dietl die Betei­li­gung an Kriegs­ver­bre­chen vorgeworfen:

Der ers­te betrifft die Wei­ter­ga­be des Kom­mis­sar­be­fehls , der im Juni 1941 auf Initia­ti­ve der Hee­res­füh­rung aus­ge­ar­bei­tet wor­den war. Hit­ler hat­te in einer Rede am 30. März 1941 ein kriegs­ver­bre­che­ri­sches Vor­ge­hen gegen die UdSSR gefor­dert; er hat­te erklärt, das Heer müs­se in die­sem „Kampf zwei­er Welt­an­schau­un­gen (…) von dem Stand­punkt des sol­da­ti­schen Kame­ra­den­tums abrü­cken“. Über das Gebirgs­korps Nor­we­gen unter Gene­ral­oberst von Fal­ken­horst wur­de der Befehl auch an Gene­ral Dietl wei­ter­ge­ge­ben und dort bekannt­ge­macht. Auch im Befehls­be­reich von Dietls 20. Gebirgs­ar­mee wur­den Kriegs­ge­fan­ge­ne zur Erschie­ßung an den berüch­tig­ten Sicher­heits­dienst (SD) übergeben.

Der zwei­te Tat­be­stand betrifft die als „Kon­zen­tra­ti­ons­la­ger für die Wehr­macht“ bezeich­ne­ten Feld­straf­la­ger in Finn­land und Nord­nor­we­gen. In Nor­we­gen ließ Dietl Rück­zugs­we­ge bau­en. Dabei wur­den Ein­hei­ten von Straf­ge­fan­ge­nen („ Moor­sol­da­ten “ aus den Ems­land­la­gern) der Orga­ni­sa­ti­on Todt ein­ge­setzt. Wei­te­re Ein­hei­ten wur­den in Zinna/Torgau auf­ge­stellt; es waren Arbeits­skla­ven aus den Feld­straf­la­gern I und II in Finn­land und Nor­we­gen, für die Dietl trup­pen­dienst­lich ver­ant­wort­lich war. Die­se Feld­straf­la­ger waren die mili­tä­ri­sche Vari­an­te der Ver­nich­tung durch Arbeit. Zum soge­nann­ten Bewäh­rungs­pro­gramm gehör­te der Fuß­marsch von Rova­nie­mi nach Petsa­mo am Eis­meer , auf dem immer wie­der zu schwa­che Straf­s­ol­da­ten mit Genick­schüs­sen getö­tet wur­den. Auch kam es ab Som­mer 1942 in Finn­land und Nord­nor­we­gen zu will­kür­li­chen Erschie­ßun­gen und sadis­ti­schen Miss­hand­lun­gen deut­scher Straf­s­ol­da­ten durch Wach­per­so­nal der Wehr­macht. Dietl hat­te am 16. Juni 1942 den Straf­s­ol­da­ten unver­hoh­len mit Erschie­ßen gedroht, wenn sie bei den Mär­schen nicht mit­kom­men soll­ten“.