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Korneuburg (NÖ): Prozess gegen den „Reichstrunkenbold”

Sei­nen letz­ten öffent­li­chen Auf­tritt hat­te Phil­ip Tsch­ent­scher im Wie­der­be­tä­ti­gungs­pro­zess gegen die Neo­na­zis von „Objekt 21“ in Wels, wo er als Zeu­ge ein­ver­nom­men wur­de. Jetzt muss er sich ab 15. Jän­ner vor dem Lan­des­ge­richt Kor­neu­burg selbst wegen Wie­der­be­tä­ti­gung ver­ant­wor­ten – zusam­men mit fünf wei­te­ren Ange­klag­ten. Auf der Face­­book-Sei­­te „Frei­heit für Phil­ip“ war zuletzt eine schlech­te Prognose […]

13. Jan 2014

Auf der Face­book-Sei­te „Frei­heit für Phil­ip“ war zuletzt eine schlech­te Pro­gno­se für den Neo­na­zi abge­ge­ben wor­den, des­sen Nick­na­me „Reichs­trun­ken­bold“ zutref­fend sei­ne musi­ka­li­schen Nazi-Qua­li­tä­ten beschreibt: „Bewäh­rungs­stra­fe oder gar Frei­spruch ist ausgeschlossen.“

Tsch­ent­scher (32) gehört zur Grup­pe der deut­schen Neo­na­zi-Migran­ten, die rund um das Objekt 21 gar nicht so sel­ten anzu­tref­fen waren. Sei­ne ein­schlä­gi­gen Spu­ren gehen bis in die 1990er-Jah­re zurück, wo er damals im hes­si­schen Hof­geis­mar „am Geburts­tag Adolf Hit­lers mit exakt geschei­tel­tem Haar und schma­lem Ober­lip­pen­bart im Unter­richt erschien und Paro­len rief“.

2005 regis­trier­te ihn „Blick nach Rechts“ als den für den Rund­brief der neo­na­zis­ti­schen „Deut­schen Bür­ger­initia­ti­ve“ des Man­fred Roe­der Ver­ant­wort­li­chen. Damals warb er um Spen­den für den inhaf­tier­ten Man­fred Roe­der – jetzt sam­meln ande­re für ihn selbst Geld.

Tsch­ent­scher hat laut Ankla­ge in Öster­reich Nazi-Devo­tio­na­li­en und ein­schlä­gi­ge Musik ver­trie­ben. Im Wel­ser Pro­zess zu Objekt 21 beschäf­tig­te sich die Ankla­ge auch mit dem Umstand, dass ein Album mit Nazi-Songs und dem Titel „Reichs­trun­ken­bold – Der Unter­grund stirbt nie“ im Lokal der Objekt 21-Neo­na­zis auf­ge­nom­men wor­den war. Die CD wird Tsch­ent­scher zuge­schrie­ben und ist von ihm auch ver­trie­ben wor­den. Tsch­ent­scher war so etwas wie ein Hand­lungs­rei­sen­der in Sachen Nazi-Schrott, den er in diver­sen Woh­nun­gen gela­gert hat­te. Sei­nen Mit­an­ge­klag­ten wird von der Ankla­ge vor­ge­wor­fen, ihn bei sei­nen Geschäf­ten unter­stützt zu haben bzw. ihn im Bezirk Mis­tel­bach beher­bergt zu haben.

Tsch­ent­scher wird aber nicht nur den Besitz und Ver­trieb von Nazi-Schrott ver­ant­wort­lich gemacht, son­dern auch für den Besitz ver­bo­te­ner Waf­fen sowie von Kriegs­ma­te­ri­al. Im Mai 2009, also schon vor dem offi­zi­el­len Start von „Objekt 21“, war er bei einer Poli­zei­kon­trol­le des Autos von Jür­gen Wind­ho­fer (Chef von Objekt 21) auf­ge­fal­len. Am Steu­er war damals Manu­el Spind­ler, der zwei­te und for­mel­le Chef von Objekt 21, im Fonds des Wagens Nazi-Devo­tio­na­li­en und ver­bo­te­ne Waf­fen. Im Jahr dar­auf hat er mög­li­cher­wei­se eine Waf­fe bzw. die dazu pas­sen­de Visier­ein­rich­tung mit Laser­poin­ter in einem Waf­fen­ge­schäft in Eben­see (OÖ) erworben.

Beim Pro­zess in Wels ver­wei­ger­te Tsch­ent­scher noch die Ant­wort, ob er der „Reichs­trun­ken­bold“ von der gleich­na­mi­gen CD sei. Beim Ver­las­sen des Ver­hand­lungs­saals rief er den Ange­klag­ten zu „Lasst euch nicht unter­krie­gen, alles für Deutsch­land!“ Beim Pro­zess in Kor­neu­burg, der auf drei Tage anbe­raumt ist und am Mitt­woch beginnt, schaut es nach Ansicht sei­ner Nazi-Kame­ra­den nicht wirk­lich gut aus für ihn. Sie erge­hen sich des­halb in dump­fen Dro­hun­gen gegen die „Ver­rä­ter“, denen sie es zuschrei­ben, dass Tsch­ent­scher vor Gericht steht. Unter jenen, denen die Dro­hun­gen gefal­len, befin­den sich auch eini­ge Neo­na­zis vom Objekt 21.