Objekt 21: Mein Name ist Hase

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Im Pro­zess gegen die wegen NS-Wie­der­be­tä­ti­gung ange­klag­ten sie­ben Mit­glie­der von „Objekt 21“ ist die Ver­tei­di­gungs­stra­te­gie ziem­lich deut­lich: Die Ange­klag­ten haben kei­ne Ahnung von den Nazi-Sym­bo­len, mit denen sie das „Objekt 21“ in Des­sel­brunn aus­staf­fiert haben und ein Ver­tei­di­ger atta­ckiert fron­tal das NS-Verbotsgesetz.

Wer­ner Toma­nek ist der Ver­tei­di­ger der bei­den Haupt­an­ge­klag­ten Jür­gen W. und Manu­el S.. Toma­nek, zuletzt im Gespräch wegen Bestechungs­vor­wür­fen bei der Jus­tiz­wa­che gilt als Pro­mi-Anwalt, der auch Per­so­nen aus der Rot­licht-Sze­ne ver­tei­digt hat und mög­li­cher­wei­se dadurch selbst Opfer eines Brand­an­schlags gewor­den ist. Eini­ge der Neo­na­zis von Objekt 21 waren eben­falls in der Rot­licht-Sze­ne tätig und haben Anschlä­ge auf Rot­licht-Ein­rich­tun­gen organisiert.

Aber das alles ist sicher eben­so ein Zufall wie der Umstand, dass Wer­ner Toma­nek in frü­he­ren Zei­ten bei der Bur­schen­schaft Olym­pia aktiv war und dort Mar­tin Graf ken­nen­lern­te, den er gegen­über „pro­fil“ „nicht zu den ideo­lo­gi­schen Wort­füh­rern“ zähl­te. Die Zei­ten ändern sich, und so ist es auch zufäl­lig, dass die Objekt 21-Neo­na­zis, die ja eher Män­ner der (Straf-)Tat als des Geis­tes sind, auf ihrer im Jahr 2010 akti­ven Home­page in der Rubrik „Ver­wei­se für Inter­es­sier­te“ einen per­ma­nen­ten Link zu „unzensuriert.at“ gesetzt hat­ten: Mann muss sich ja irgend­wo bilden!


Links zu Unzen­su­riert und zur Neo­na­zi-Sei­te „Metape­dia”

Zufall ist es ver­mut­lich auch, dass dem „olym­pisch“ gepräg­ten Toma­nek das NS-Ver­bots­ge­setz noch weni­ger gefällt als Mar­tin Graf, der in der Ver­gan­gen­heit auch sei­ne Zwei­fel dar­an geäu­ßert hat. Das eint die Olym­pen, in deren Fest­schrift von 1989 es hieß:

Wenn ein Deut­scher über ein­zel­ne ‚sen­si­ble‘ Fra­gen der Geschich­te nur in den von den Umer­zie­hern und ihren deut­schen Hel­fern vor­ge­ge­be­nen Bah­nen den­ken und spre­chen darf, stellt dies ein­deu­tig einen Man­gel an Mei­nungs- und Rede­frei­heit und somit auch ein Feh­len der Frei­heit der Wis­sen­schaft und ihrer Leh­re dar.

Heu­te ist Wer­ner Toma­nek Straf­ver­tei­di­ger von Neo­na­zis und for­mu­liert sei­ne Kri­tik am NS-Ver­bots­ge­setz so: „Der Para­graf ist dif­fus, ver­schwom­men, absurd. Er ist his­to­risch erklär­bar, aber his­to­risch obso­let“ um dann nach­zu­set­zen: „Da wur­de kei­ne Pro­pa­gan­da betrie­ben, da ist nichts Straf­ba­res pas­siert. Sie kön­nen auch ihre Woh­nung mit Haken­kreu­zen aus­ta­pe­zie­ren, wenn sie das pfif­fig fin­den. Ich wer­de mei­ne Man­dan­ten kei­ner Gesin­nungs­in­qui­si­ti­on aus­set­zen und sie hier nicht am Nasen­ring her­um­füh­ren las­sen.“ (derstandard.at)

Da ist er wie­der, der angeb­li­che „Man­gel an Mei­nungs- und Rede­frei­heit“ von 1989, bei Toma­nek 2013 sogar zur „Gesin­nungs­in­qui­si­ti­on“ ver­schärft. Ein paar Bur­schen haben sich, so Toma­nek, ein­fach getrof­fen im „Objekt 21“, aber nie­mand von denen woll­te Pro­pa­gan­da verbreiten.

Ein paar Burschen?

Laut Ankla­ge bzw. den Anga­ben von Ange­klag­ten, Zeu­gen und Ermitt­lern gab es zwi­schen 200 und 300 Mit­glie­der bei Objekt 21. Bei den „gesel­li­gen“ Tref­fen, die teil­wei­se schon vor den Zei­ten des „Objekt 21 Frei­zeit- und Kul­tur­ver­ein“ statt­fan­den, wie etwa das Geburts­tags­fest für Jür­gen W. in Grün­au im Alm­tal, waren bis zu 100 Neo­na­zis mit dem Grö­len von Nazi-Lie­dern und den ein­schlä­gi­gen Arm­be­we­gun­gen beschäftigt.

Kei­ne Pro­pa­gan­da verbreitet?

Kommt drauf an, was man unter Pro­pa­gan­da ver­steht. In dem Lied „Das Gift­gas“ von Kom­man­do Freis­ler, einer beson­ders wider­li­chen Nazi-Band, die bei den gesel­li­gen Tref­fen ger­ne gespielt wur­de, heißt es: „Den Holo­caust gab’s nie, das weiß ich heut genau. (…) Ja, man muss die Stir­ne bie­ten die­ser Lügen­brut und für die Wahr­heit kämp­fen, wenn’s sein muss, bis auf’s Blut.“ Soll das unter „Man­gel an Mei­nungs- und Rede­frei­heit“ oder als „Gesin­nungs­in­qui­si­ti­on“ ver­stan­den werden?

Oder eher der Text von „Bibi Blocks­berg“, eben­falls von Kom­man­do Freis­ler, der sich in unglaub­lich zyni­scher und wider­li­cher Art über den Holo­caust lus­tig macht und die „Juden“ als süch­tig nach Zyklon B beschreibt: „Ton­nen­wei­se schaf­fen wir das Gas her­an, damit dann jeder von euch Juden etwas schnüf­feln kann.“

Wer sich einen Über­blick ver­schaf­fen will: Der Stan­dard berich­tet als ein­zi­ges Medi­um in Form regel­mä­ßi­ger Updates aus dem Pro­zess beim Lan­des­ge­richt Wels.