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Wiener Neustadt: Prozess gegen NVP-Funktionär

Die Ver­gan­gen­heit holt den Ehren­ob­mann der ver­bli­che­nen Natio­na­len Volks­par­tei (NVP) noch ein­mal ein. Vor dem Lan­des­ge­richt Wie­ner Neu­stadt muss­te sich Chris­ti­an Hay­er am 5.6. 2013 wegen des Ver­dach­tes der NS-Wie­­der­­be­­tä­­ti­­gung ver­ant­wor­ten. Er wird ver­däch­tigt, das Par­tei­pro­gramm der NVP, das zu gro­ßen Tei­len aus einem SS-Schu­­lungs­­­pro­­gramm bestand, ver­fasst zu haben. Die NVP ist tot, auch wenn […]

6. Jun 2013

Die NVP ist tot, auch wenn Metape­dia, das neo­na­zis­ti­sche Gegen­pro­jekt zu wiki­pe­dia, noch immer wohl­wol­lend berich­tet: „Die NVP arbei­tet der­zeit an einer flä­chen­de­cken­den Prä­senz in Öster­reich. Dabei geht es auch um die Kon­kre­ti­sie­rung ihrer poli­ti­schen Posi­tio­nen“. – Kame­ra­den, Ein­trag über­ar­bei­ten, aber zackzack!

Im Pro­zess gegen die bei­den NVP-Funk­tio­nä­re Robert Fal­ler und Ste­fan Rup­rechts­ber­ger Anfang März 2012 in Linz trat Chris­ti­an Hay­er als Zeu­ge auf und schil­der­te die Ent­ste­hung des Parteiprogramms.

Dass sich dabei lan­ge Pas­sa­gen des „Lehr­plans für die welt­an­schau­li­che Erzie­hung in der SS und Poli­zei“, her­aus­ge­ge­ben vom SS-Haupt­amt, fast wort­ident im NVP-Pro­gramm wie­der­fan­den, erklär­te Hay­er damals mit einem Ver­se­hen bzw. mit Gedächt­nis­ver­lust: „Wenn er damals noch gewusst hät­te, dass Pas­sa­gen aus einer SS-Schrift stam­men, hät­te er sie nicht ver­wen­det” zitiert ihn die APA damals.

Ein­fach blöd, blöd gelau­fen oder ein Ver­such, das Gericht für blöd zu ver­kau­fen? Wenn man die ein­zel­nen Pas­sa­gen mit­ein­an­der ver­gleicht, wird man eher letz­te­res anneh­men: aus den „Bluts­trä­gern“ wur­den im NVP-Pro­gramm die „Erb­trä­ger“, die „ras­si­sche Zusam­men­set­zung des Vol­kes“ mutier­te zu „Erb­an­la­gen des Vol­kes“. Da kön­nen sich die Iden­ti­tä­ren eini­ges abschau­en — kein Wun­der, dass Hay­er mitt­ler­wei­le zum Anhän­ger der Iden­ti­tä­ren wurde!

Im Wie­ner Neu­städ­ter Pro­zess bekann­te sich Hay­er „nicht schul­dig“ im Sinn der Ankla­ge. Das Rechts­gut­ach­ten des Lin­zer Ver­fas­sungs­recht­lers Univ.Prof. Jan­ko, das sich nur zu einem klei­nen Teil auf die­se Über­ein­stim­mun­gen bezieht, lehn­te Hay­er völ­lig ab: „Das sind fal­sche Inter­pre­ta­tio­nen von fal­schen Quel­len“ (APA, 5.6.2013).

Den Fund einer E‑Mail eines „Kame­ra­den“ auf sei­nem PC („Ich bin ein stol­zer Nazi wie Du“) konn­te sich Hay­er nicht erklä­ren. Zur Tor­te mit der Gla­sur­ver­zie­rung „88“, ser­viert bei einer Gar­ten­par­ty zu Hit­lers Geburts­tag, fiel ihm immer­hin ein, dass sie gut geschmeckt habe. Hay­er war schon im Sep­tem­ber 2011 zu 18 Mona­ten (davon 6 Mona­te unbe­dingt) wegen NS-Wie­der­be­tä­ti­gung ver­ur­teilt wor­den — damals wur­de aller­dings nicht sei­ne Ver­ant­wor­tung für das Par­tei­pro­gramm verhandelt.

Weil ein wich­ti­ger Zeu­ge nicht erschei­nen konn­te und das Gericht einem Antrag der Ver­tei­di­gung statt­gab, ein Gut­ach­ten aus dem Bereich Poli­tik­wis­sen­schaft und Par­tei­en­for­schung ein­zu­ho­len zum Beweis dafür, dass das NVP-Par­tei­pro­gramm nicht gegen das NS-Ver­bots­ge­setz ver­sto­ßen habe, wur­de der Pro­zess ver­tagt: Fort­set­zung am 23. Okto­ber 2013.