Wiener Neustadt: Schuldspruch trotz Emotionsregulation

Der Wieder­betä­ti­gung­sprozess gegen Chris­t­ian Hay­er (54), den Ex-Obmann und derzeit­i­gen „Bil­dungs­beauf­tragten“ der NVP, endete am Dien­stag, 13.9.2011, nach mehreren Ver­hand­lungsta­gen mit einem Schuld­spruch: 18 Monate Frei­heitsstrafe, davon sechs Monate unbe­d­ingt. Hay­er verzichtete auf Rechtsmit­tel, der Staat­san­walt gab noch keine Erk­lärung ab, daher ist das Urteil noch nicht rechtskräftig.

Hay­er hat­te am let­zten Ver­hand­lungstag noch ein­mal ordentlich in die Tas­ten gegrif­f­en. „In ein­er weit auss­chweifend­en Stel­lung­nahme“ (so die APA) ver­wies er auf seine Samm­lung, die 4.500 Exponate, darunter 1.000 Büch­er umfasse und erk­lärte, mit Wieder­betä­ti­gung nichts zu tun zu haben. Er habe „Mut­lose“ aufrüt­teln und „Verzweifel­ten“ Selb­stver­trauen geben wollen.

Bei den Stammtis­chtr­e­f­fen, zu denen die Mit­glieder ein­er Skin­head­gruppe , also „pubertierende Jugendliche, die ihren Frust auslebten“ (Hay­er), gekom­men seien, habe er „Emo­tion­sreg­u­la­tion“ über „Brain­storm­ing“ betrieben. Ihm sei es dabei um „Empathie” gegan­gen. Dass sich einige Jugendliche von den dama­li­gen Tre­f­fen dis­tanzieren, sei ihm sog­ar eine Freude, erk­lärte Hay­er dem verblüfften Audi­to­ri­um. Als er auch noch seine “ener­getisch-dynamis­che Weltan­schau­ung“ mit Ver­gle­ichen zu schö­nen Frauen, Vorstel­lun­gen zu sozialem Schaf­fen und der Wach­s­tumsspi­rale des Lebens erläutern wollte, erk­lärte eine Geschworene, über­haupt nichts zu verstehen.

Das war wohl auch der Zweck der Hay­er­schen Übung. Der Staat­san­walt konzen­tri­erte sich im Gegen­zug auf die Fak­ten und warf Hay­er unter anderem die Archivierung und Weit­er­ver­bre­itung von NS-Mate­r­i­al vor, das Hay­er rein zu Infor­ma­tion­szweck­en gespe­ichert haben wollte. In einem E‑Mail hieß es allerd­ings etwas ver­rä­ter­isch: „Wenn wir Sieg Heil meinen, sagen wir Glück auf. Denn unsere Ehre heißt Treue.”

Der Vertei­di­ger hat­te da einen schw­eren Stand, sprach davon, dass es etwas „ver­schroben“ sei, ein Hitler-Porträt im Arbeit­sz­im­mer aufzuhän­gen und räumte ein „etwas anderes“ Welt­bild des Angeklagten ein. Der Ex-Obmann der NVP holte daraufhin in sein­er Schlusserk­lärung „erneut zu lan­gat­mi­gen, his­torisch und lit­er­arisch unter­legten Aus­führun­gen aus“ (APA), sprach von völ­lig neuen Antworten, die die Wirtschaft­skrise erforder­lich mache und betonte noch ein­mal, dass er mit Wieder­betä­ti­gung gar nichts am Hut habe – aber zumin­d­est am Fin­ger, an dem Hay­er gerne einen Ring mit Totenkopf und Hak­enkreuz getra­gen hat.

Siehe auch:

NS-Wieder­betä­ti­gung: Die Woche der Justiz
Neon­azi-Prozesse: Eine Verurteilung & eine Vertagung
NVP: Über­nahme durch Min­is­te­ri­al­rat in Ruhe