Am 1. Februar 2013 erschien im Chronik-Teil des „Kurier“ der Beitrag „Burschen mit braunen Flecken“. Darin wurden drei Verbindungen, die Burschenschaften Olympia und Teutonia sowie die Grenzlandsmannschaft Cimbria als „rechtsextrem“ benannt. Zur Illustration des Beitrags wurden die drei Verbindungen mit Gründungsdatum, Farben, Zirkel und Adresse vorgestellt. Beigefügt war dieser Illustration eine winzige Übersichtskarte über die „rechte Meile“ im Westen Wiens.
Für Guggenbichler stellt das eine „gewaltauffordernde Berichterstattung“ dar. In dem winzigen Übersichtsplan sieht der FPÖ-Gemeinderat und Burschenschafter eine „topographische Karte“ und eine „unfassbare Entgleisung“ des Kurier-Redakteurs. Deshalb habe die FPÖ Wien Strafanzeige gegen den Redakteur eingebracht und den Presserat informiert: „Es könne jedenfalls nicht ausgeschlossen werden, dass der Verfasser des Artikels Angriffe auf die genannten Häuser bewusst miteinkalkuliert habe“, so Guggenbichler. Geht’s noch?
Die Adressen der Burschenschaften sind ohne jeglichen Aufwand überall abrufbar. Die Mini-Grafik im „Kurier“ ist als Stadtplan zur Orientierung völlig ungeeignet. Von Anschlägen auf ihre Buden schreiben die betroffenen Korporationen nichts, und Guggenbichler liefert auch keine Hinweise. Worum geht’s also wirklich? Das einzig denkbare Motiv: der Bericht im „Kurier“ war den Freiheitlichen offensichtlich zu kritisch. Mit der Anzeige will man offensichtlich kritische Berichterstattung über Burschenschaften denunzieren.
Schon am Tag der Veröffentlichung des „Kurier“-Beitrags gab es eine Presseaussendung der Freiheitlichen („Kurier zündelt im Vorfeld des Akademikerballs und veröffentlicht Adressen von gefährdeten Häusern in Wien“), die in der rhetorischen Frage mündete: „Wer übernimmt eigentlich im Fall eines Anschlags die Verantwortung?“ Die Presseaussendung des Landesparteisekretärs Jenewein war gespickt mit Verbalinjurien: von „Bassena-Journalismus“, „linksextremen Schmierfinken“ und dem Dokumentationsarchiv als „kommunistischer Tarnorganisation“, die mit einer „Mischung aus Halbwahrheiten und Denunziation“ arbeite, war da die Rede. Keine Spur von Gegenargumenten gegen den Rechtsextremismus-Vorwurf!
Auf dem Facebook-Account von Stefan Gotschacher, dem Pressesprecher des FPÖ-Klubs, ging es noch etwas heftiger ab. Roland Mölzer gibt dort schon den Weg vor: „Den Kurier klagen!“ und „das ist der ‚schwarze‘ Kurier“, worauf Gotschacher antwortet: „Mit Redakteuren, die vom kommunistischen, hoch subventionierten Falter stammen. Aber ich sags immer: Am wenigsten halten die Schwarzen.“
In anderen Postings, darunter einem mittlerweile gelöschten, wird es noch wesentlich heftiger: Da wird „Kurier“-Redakteuren persönlich mit Klagen und der Veröffentlichung ihrer Privatadressen mit Bild im Internet gedroht. Dazu der süffisante Nachsatz: „Ich ersuche ausdrücklich, diesen Hetzern und deren Familie nichts anzutun.“ In einem weiteren Kommentar zum Burschi-Ball wird zum Thema Selbstverteidigung das folgende beachtenswerte Posting veröffentlicht:
Zur rechtlichen Situation: Ich darf mich jederzeit mit den notwendigen, legalen Mitteln gegen einen Angriff auf mich oder mein Eigentum verteidigen (Selbstverteidigung)….Das heißt freilich nicht, dass ich einen der besoffenen Idioten niederschießen darf, wenn er mir mit einem Messer droht, aber, wenn keine andere „gelindere“ Möglichkeit, dann doch.
Schließlich hätten wir noch folgendes Posting: „…. die Linksfaschisten haben die Macht übernommen. Und ich erinnere an deren Spruch: Wenn Recht zu Unrecht wird, wird Widerstand zur Pflicht!“