2012: Anstieg bei Verhetzung und NS-Wiederbetätigung

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Man kann sie dre­hen und wen­den wie man will: die Anfra­ge­be­ant­wor­tung von Jus­tiz­mi­nis­te­rin Karl zu einer par­la­men­ta­ri­schen Anfra­ge von Johann Mai­er (SPÖ) ergibt ein kla­res Bild: die Zahl der Anzei­gen nach dem NS-Ver­bots­ge­setz und wegen Ver­het­zung ist 2012 deut­lich gestiegen.

Eine blo­ße sta­tis­ti­sche Dar­stel­lung der Anzei­gen, die mit NS-Wie­der­be­tä­ti­gung und Ver­het­zung in Ver­bin­dung ste­hen, ist noch nicht beson­ders aus­sa­ge­kräf­tig. Sie braucht eine qua­li­ta­ti­ve und damit auch poli­ti­sche Inter­pre­ta­ti­on. Die lan­gen Zah­len­rei­hen, die das Jus­tiz­mi­nis­te­ri­um mit der Anfra­ge­be­ant­wor­tung lie­fert, ent­hal­ten zum Bei­spiel kei­ne Delik­te wie Kör­per­ver­let­zung, die auf eine ras­sis­ti­sche Gesin­nung zurück­zu­füh­ren sind. Der Ver­fas­sungs­schutz­be­richt ver­sucht das zwar, schei­tert aber auch an der nicht aus­ge­wie­se­nen Zuord­nung von Delikten.

Augen­schein­lich ist jeden­falls, dass es –laut Anga­ben des Jus­tiz­mi­nis­te­ri­ums – 2012 767 Anzei­gen nach dem Ver­bots­ge­setz nach dem NS-Ver­bots­ge­setz gab. 2011 waren es 711 und 2009 531 Anzei­gen gewe­sen. Wegen Ver­het­zung wur­den 2012 185 Anzei­gen registriert.

Ver­gleicht man die Sta­tis­tik des Jus­tiz­mi­nis­te­ri­ums mit der des Ver­fas­sungs­schut­zes (des­sen Bericht für das Jahr 2012 liegt noch nicht vor), so ist auf­fäl­lig, dass sowohl die Zahl der Anzei­gen nach dem Ver­bots­ge­setz als auch nach dem Ver­het­zungs­pa­ra­gra­fen für 2011 weit unter den Anga­ben des Jus­tiz­mi­nis­te­ri­ums für 2012 liegt. Der Ver­fas­sungs­schutz­be­richt nennt für das Jahr 2011 ins­ge­samt 520 Anzei­gen nach dem Ver­bots­ge­setz und dem Ver­het­zungs­pa­ra­gra­fen. Das mag damit zusam­men­hän­gen, dass man­che Anzei­gen direkt an die Staats­an­walt­schaft gerich­tet wer­den, ist aber aufklärungsbedürftig.

Und noch etwas ist auf­klä­rungs­be­dürf­tig: die über­ra­schend hohe Zahl von Ver­fah­ren, die im Jahr 2012 mit Ein­stel­lung ende­ten. Von ins­ge­samt 1502 Ver­fah­ren, die die Sta­tis­tik aus­weist, ende­ten 975 mit Ein­stel­lung, 188 mit Abbre­chung, 150 mit Aus­schei­dung und bei 71 Ver­fah­ren wird „Sons­ti­ges“ ange­führt. Ankla­ge gab es öster­reich­weit bei 86 Ver­fah­ren und Diver­si­on bei 32.

Was die Jus­tiz­be­hör­den unter „Sons­ti­ges“ ver­ste­hen, wer­den wir hof­fent­lich auch noch erfah­ren. Auf­fäl­lig ist jeden­falls auch bei die­ser Auf­stel­lung, dass es, was die Nei­gung zur Ein­stel­lung von Ver­fah­ren betrifft, ein deut­li­ches Gefäl­le zwi­schen west­li­chen und öst­li­chen Bun­des­län­dern gibt: von 137 Ver­fah­ren wur­den in Tirol 16 zur Ankla­ge geführt und 12 ende­ten mit Diver­si­on. In Wien führ­ten von ins­ge­samt 744 Ver­fah­ren nur 9 zu einer Ankla­ge und 3 zu einer Diversion!

Gibt es in Wien weni­ger Neo­na­zis und Het­zer als in Tirol? Sicher nicht!

Zur Anfra­ge­be­ant­wor­tung.