Von österreichischer Seite wurde die Delegation von Karl Eggl geleitet, dem parlamentarischen Mitarbeiter des FPÖ-Abgeordneten Werner Neubauer. Eggl, der noch vor kurzem ein Großungarn-Pickerl auf seinem PKW kleben hatte, ist auch der Wiener Obmann des FPÖ-Ablegers „SOS-Abendland“. Auf der Homepage dieses Vereins (die wieder online ist) ist ein Kurzbericht über die „Hilfslieferung Ungarn“ zu finden. Ein Treffen mit Jobbik wird dabei nicht erwähnt; stattdessen wird die Hilfslieferung, die hauptsächlich von der FPÖ Ottakring getragen wurde, ausführlich beschrieben. Das hat auch seine Gründe.
Faksimile von „barikad.hu”: FPÖ ladet Müll ab (oder sind das die FPÖ-Spenden für Jobbik?). Namentlich erwähnt wird Karl Eggl und links im Screenshot zu sehen, die Umrisse von Großungarn. Die Verbindung Karl Eggl, Großungarn und damit die Abtrennung des Burgenlands von Österreich ist nicht neu: Großungarn, Jobbik und die FPÖ
Von ungarischer Seite wird das Treffen nämlich etwas anders dargestellt. Auf der rechtsextremen Homepage „barikad.hu“ findet sich ein Bericht, der klarmacht, dass es sich bei der Übergabe der Spenden um eine Jobbik-Propaganda-Aktion gehandelt hat: Die FPÖ-Spenden wurden in Anwesenheit des Jobbik-Abgeordneten Gabor Ferenczi und des stellvertretenden Vorsitzenden der Jobbik-Ortsgruppe Attila Kovacs übergeben. Karl Eggl verbuchte gegenüber „barikad.hu“ das Treffen auch gleich als Mehrfacherfolg, denn neben der karitativen Aktivität sei die Beziehung zu Jobbik gestärkt worden und außerdem konnte auch noch deutschsprachigen Bewohnern von Kolontar geholfen werden. Bis hierher ist es also das übliche Doppelspiel: Die FPÖ geniert sich ein bisschen für ihre Beziehungen zu den Schmuddelkindern von Jobbik.
Nur: Bei dem Treffen in Ajka war der schon erwähnte Gabor Ferenczi dabei, und der hat erst vor wenigen Wochen ein Treffen besonderer Art inszeniert. Am 11.9. fand in Ajka unter der Leitung von Ferenczi ein Tag der „Arabisch-Ungarischen Freundschaft“ statt – sozusagen als Gegenprogramm zu einem Gedenken an den Terroranschlag in den USA.
Jobbik pflegt nämlich im Unterschied zu den allermeisten rechtsextremen Parteien Europas ein ausgesprochen freundschaftliches Verhältnis zu arabischen Ländern und Potentaten, das einerseits aus dem wahnhaften Antisemitismus herrührt, andererseits auch daraus, dass Ungarn keine nennenswerte Zuwanderung hat. Mit der zynischen Provokation, ausgerechnet am 11.9. einen Tag der Arabisch-Ungarischen Freundschaft abzuhalten, wollten Ferenczi und Jobbik in Ajka in erster Linie antisemitische und antiamerikanische Ressentiments für die Kommunalwahlen am 3.10. nutzbar machen.
Somit stellt sich nur mehr die Frage, wie Ferenczi und Jobbik einerseits, Eggl und die FPÖ andererseits ihre Beziehungen stärken werden, wenn die einen in erster Linie auf den Antisemitismus und Großungarn setzen und die anderen mit „Daham statt Islam“ und „Österreich zuerst“ punkten wollen. Aber das werden wir sicher auch noch erfahren!
Ein lesenswerter Bericht zum Tag der Arabisch-Ungarischen Freundschaft ist zu finden bei Pusztaranger: pusztaranger.wordpress.com
Gregor Mayer und Bernhard Odehnal, die ein Standardwerk über den Rechtsextremismus im Osten geschrieben haben („Aufmarsch. Die rechte Gefahr aus Osteuropa“) berichten auf Facebook laufend auch über die Entwicklung in Ungarn: facebook.com