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Objekt 21: Eine höchst kriminelle Nazi-Bande

Die Erkennt­nis­se aus den Ermitt­lun­gen um die Neo­na­­zi-Ban­­de „Objekt 21“ sickern lang­sam in die öster­rei­chi­sche Öffent­lich­keit ein. Die Ermitt­lungs­er­geb­nis­se zei­gen ein höchst kri­mi­nel­les Netz­werk, bei dem es um Raub, Ein­bruchs­dieb­stäh­le, Erpres­sung, Brand­stif­tun­gen, schwe­re Kör­per­ver­let­zung, Waf­­fen- und Dro­gen­han­del, ille­ga­le Pro­sti­tu­ti­on usw. geht – kurz: eine kri­mi­nel­le Ver­ei­ni­gung. Was aber ist mit der natio­nal­so­zia­lis­ti­schen Wie­der­be­tä­ti­gung der Bande? […]

25. Jan 2013

Im März 2010 wur­de der Frei­zeit- und Kul­tur­ver­ein Objekt 21 in Des­sel­brunn behörd­lich ange­mel­det, im Früh­jahr 2011 wur­de die von der Bezirks­haupt­mann­schaft bean­trag­te Auf­lö­sung wegen natio­nal­so­zia­lis­ti­scher Wie­der­be­tä­ti­gung von der Sicher­heits­di­rek­ti­on OÖ bestä­tigt. Soweit aus den Ermitt­lun­gen bekannt ist, wird ein Teil der Ver­eins­ver­ant­wort­li­chen auch ver­däch­tigt, maß­geb­lich bei den diver­sen Ver­bre­chen mit­ge­wirkt zu haben.

„Min­des­tens 200 Mit­glie­der“, so die Poli­zei, umfass­te der Ver­ein, „die alle­samt der ober­ös­ter­rei­chi­schen rechts­ra­di­ka­len Sze­ne zuzu­ord­nen waren“. Bis­lang wur­den von der Poli­zei 80 Ver­däch­ti­ge ein­ver­nom­men, 24 wur­den (vor­über­ge­hend) fest­ge­nom­men, zehn sit­zen der­zeit in Untersuchungshaft.

Einer, der nicht im Ver­eins­vor­stand tätig war, aber als der Draht­zie­her der Neo­na­zis gilt, soll­te eigent­lich auch sit­zen: Jür­gen W., der schon vor sei­ner Pha­se bei Objekt 21 als Grün­der des Kampf­ver­ban­des Ober­do­nau wegen NS-Wie­der­be­tä­ti­gung zu 28 Mona­ten unbe­ding­ter Haft ver­ur­teilt wor­den war.


Die nicht mehr akti­ve Neo­na­zi-Web­site „Alter­me­dia Öster­reich” über Jür­gen W.

Der Pro­zess fand in ers­ter Instanz vor dem Lan­des­ge­richt Wels im Juni 2009 statt. Jür­gen W. , schon zwei­mal wegen Wie­der­be­tä­ti­gung vor­be­straft, war zusam­men mit drei wei­te­ren Neo­na­zis ange­klagt . In der Berufs­ver­hand­lung, die ein Jahr spä­ter vor dem Ober­lan­des­ge­richt Linz statt­fand, wur­de sein Straf­aus­maß deut­lich erhöht, bei den ande­ren Ange­klag­ten aber ver­rin­gert. W. war von Beginn an auch bei Objekt 21 der Rädels­füh­rer. Ver­mut­lich im Herbst 2010 dürf­te er sei­ne Haft­stra­fe in Suben ange­tre­ten haben.

Jür­gen W. soll jeden­falls aus der Zel­le her­aus via Han­dy Kon­takt mit sei­nen brau­nen Kame­ra­den unter­hal­ten haben. Auf Face­book ist er seit Sep­tem­ber 2011 unter dem Nick­na­me „Suben Kna­ki“ ver­tre­ten – mit ein­schlä­gi­gen Pos­tings und seit eini­gen Mona­ten mit einem But­ton in sei­nem Pro­fil­bild, in dem er „Frei­heit für Wol­le“ for­dert. „Wol­le“ ist der Spitz­na­me für den in der BRD inhaf­tier­ten Neo­na­zi Ralf Wohl­le­ben, der der Mit­tä­ter­schaft beim NSU ver­däch­tigt wird.

Jürgen W. alias "Suben-Kanki" auf Facebook – mit Button "Freiheit für Wolle" (gemeint ist NSU-Unterstützer Ralph Wohlleben)
Jür­gen W. ali­as „Suben-Kan­ki” uaf Face­book – mit But­ton „Frei­heit für Wol­le” (gemeint ist NSU-Unter­stüt­zer Ralph Wohleben)

Die Kri­mi­nal­po­li­zei geht der­zeit davon aus, dass die kri­mi­nel­len Aktio­nen der Objekt 21-Neo­na­zis kein poli­ti­sches Motiv hat­ten. Was aber, wenn doch? Mit den Erträ­gen aus den kri­mi­nel­len Aktio­nen der Neo­na­zis (Waffen‑,Drogenhandel, ille­ga­le Pro­sti­tu­ti­on, min­des­tens 23 Ein­bruchs­dieb­stäh­le) dürf­te jeden­falls mehr finan­zier­bar gewe­sen sein als der Lebens­un­ter­halt der Betei­lig­ten. Dazu kommt noch: Schon zu Zei­ten, als Objekt 21 in vol­ler Blü­te stand, gab es das Gerücht, dass der Ver­ein „zah­lungs­kräf­ti­ge Unter­stüt­zer“ aus dem Aus­land habe. Auch aus Krei­sen der Ermitt­ler wur­de das kolportiert.

Seit Früh­jahr 2011 ist der Ver­ein behörd­lich wegen NS-Wie­der­be­tä­ti­gung auf­ge­löst. Eigent­lich wäre damit auch klar­ge­stellt, dass die Ver­eins­ver­ant­wort­li­chen wegen NS-Wie­der­be­tä­ti­gung vor Gericht ste­hen müs­sen. Zwei Jah­re spä­ter gibt es aber noch immer kei­ne Anklage.

Vereinsregisterauszug „Objekt 21” (2010)
Ver­eins­re­gis­ter­aus­zug „Objekt 21” (2010)