Mjölnir, das unterschätzte Mauerblümchen (I)

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In der Vor­wo­che hat eine Serie von Neo­na­zi-Pro­zes­sen statt­ge­fun­den. Der wohl wich­tigs­te gegen Chris­ti­an W. (36) aus Wie­ner Neu­stadt, in der ein­schlä­gi­gen Nazi-Fach­welt unter dem Namen „Mjöl­nir“ bekannt. Die Tages­zei­tun­gen „Kurier“ und „Stan­dard“ berich­te­ten nur kurz über den Pro­zess gegen den neo­na­zis­ti­schen Kampf-Pos­ter, der sich vor Gericht ganz klein mach­te. Dabei war er einer der ganz Gro­ßen in der Szene.


Die Abrech­nung mit den „eli­tä­ren” Öster­rei­chern in der Nazi­sze­ne hat begon­nen: „da fal­len sie um wie die Fliegen”

Der „NÖN“ ver­dan­ken wir den wohl bes­ten Bericht zum Pro­zess gegen Mjöl­nir, der am 20.9. von einem Geschwo­re­nen­ge­richt in Wie­ner Neu­stadt zu 20 Mona­ten Frei­heits­stra­fe, davon fünf Mona­ten unbe­dingt, ver­ur­teilt wur­de (das Urteil ist rechts­kräf­tig). Die „NÖN“ frag­te (sich) mehr­mals, wie glaub­wür­dig die Läu­te­rung des 36-jäh­ri­gen Com­pu­ter­freaks wohl sei: „Ein unpo­li­ti­scher Het­zer – nicht der ein­zi­ge Wider­spruch in den Aus­sa­gen des Ange­klag­ten.“ (NÖN, Wie­ner Neu­städ­ter Zei­tung, 26.9.2011) Der „Stan­dard“ gab einen Kern­satz aus der Ver­tei­di­gung des Ange­klag­ten vor Gericht wie­der: „Wie ich drü­ber nach­dach­te, hab ich mir gedacht, was ich für ein Trot­tel bin.” (Der Stan­dard, 21.9.2011)

Das mit dem Trot­tel wird wohl stim­men, an den rest­li­chen Erklä­run­gen des Neo­na­zi haben wir jedoch erheb­li­che Zwei­fel. Sei­nen Weg in die Neo­na­zi-Sze­ne beschrieb er als eine Fol­ge sei­nes Über­ge­wichts und sei­ner Ein­sam­keit: „Ich dach­te, wie ich aus­schaue, ler­ne ich nie­man­den ken­nen, habe mei­ne Zeit vor dem Com­pu­ter ver­bracht. Eigent­lich bin ich ein unpo­li­ti­scher Mensch.“ (NÖN) Und wie das eben so ist mit unpo­li­ti­schen, ein­sa­men und über­ge­wich­ti­gen Men­schen, lan­den sie unver­se­hens in der Hard­core-Neo­na­zi-Sze­ne? Offen­sicht­lich hält „Mjöl­nir“ nicht nur sich für einen Trot­tel, son­dern alle ande­ren auch.


Die Abrech­nung mit den „eli­tä­ren” Öster­rei­chern in der Nazi­sze­ne hat begon­nen: „es ent­behrt halt nicht einer gewis­sen Komik, wenn der neue Füh­rer Groß­deutsch­lands (oder zumin­dest Reichs­füh­rer-SS) vor Gericht auf Heul­su­se macht”

Seit Novem­ber 2004 war „Mjöl­nir“ im größ­ten deutsch­spra­chi­gen Neo­na­zi-Forum Thia­zi unter­wegs. 2005 wur­de dort das gehei­me Natio­nal­so­zia­lis­ti­sche Poli­tik­fo­rum (NSPF) ein­ge­rich­tet und „Mjöl­nir“, der Unpo­li­ti­sche, gemein­sam mit „Unduld­sa­mer“ einer der Mode­ra­to­ren. Eine ziem­lich stei­le Kar­rie­re für einen Unpo­li­ti­schen, der gegen Über­ge­wicht und Ein­sam­keit kämpft. 2005 hat­te „Mjöl­nir“ auch noch ein ande­res Pro­blem zu bewäl­ti­gen: Chris­ti­an W. muss­te mit sei­ner Fir­ma Kon­kurs anmel­den. Nicht umsonst gab „Mjöl­nir“ als sei­nen Beruf auf Thia­zi Brief­tau­ben-Mecha­tro­ni­ker an.

Das NSPF wur­de kon­zi­piert, um die dum­me Spreu der zahl­rei­chen Nazi-Skins, die sich im Thia­zi-Forum nach Ansicht der Schöp­fer des NSPF her­um­trei­ben, von den ech­ten Natio­nal­so­zia­lis­ten zu tren­nen. Im NSPF woll­ten sich die poli­tisch gestähl­ten Nazis unge­stört den wesent­li­chen Fra­gen der Bewe­gung wid­men. „Mjöl­nir“, „Freund der Ger­ma­nen“ und „För­dern­des Thia­zi-Mit­glied“ lässt dazu kei­nen Zwei­fel auf­kom­men. Es ging ihm und sei­nen Kame­ra­den um die Neu-Eta­blie­rung einer NSDAP: „Wir haben Doch sicher­lich alle mit­ein­an­der sehr viel dahin­ge­hend bei­zu­tra­gen die Situ­ta­ti­on rum und um die Eta­blie­rung einer NSDAP frucht­bar zu machen.“ (Mjöl­nir NSPF, 28.9.2005, 16.12h, Feh­ler im Original)

➡️ Mjöl­nir, der Natio­nal­so­zia­list (II)
➡️ Mjöl­nir und die ande­ren Aus­er­wähl­ten (III)