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Der Holocaustleugner in „Zur Zeit“

Was könn­te die offe­ne Par­tei­nah­me für den Anti­de­mo­kra­ten Donald Trump noch vul­gä­rer machen? Man könn­te sie zum Bei­spiel von einem Holo­caust­leug­ner vor­tra­gen las­sen! Möl­zers pres­se­ge­för­der­tes Blatt „Zur Zeit“ macht es vor. Ganz im Ein­klang mit dem Groß­teil der hie­si­gen extre­men Rech­ten posi­tio­niert sich auch die FPÖ-nahe Wochen­pos­til­le „Zur Zeit“ immer wie­der für Donald Trump. Dar­an ändert die […]

11. Dez 2020

Ganz im Ein­klang mit dem Groß­teil der hie­si­gen extre­men Rech­ten posi­tio­niert sich auch die FPÖ-nahe Wochen­pos­til­le „Zur Zeit“ immer wie­der für Donald Trump. Dar­an ändert die pein­li­che – und gefähr­li­che – Show des Möch­te­gern-Auto­kra­ten seit sei­ner Wahl­nie­der­la­ge frei­lich nichts. Zu viel dürf­te an Trump fas­zi­nie­ren: Von den faschis­to­id anmu­ten­den Mas­sen­events (Ral­lies), über die unver­blüm­te Ver­ach­tung gegen unab­hän­gi­ge Medi­en (Fake News) und ver­meint­li­che Eli­ten (Deep Sta­te), bis hin zu der Wei­ge­rung, sich gegen White-Supre­ma­cy-Grup­pen zu posi­tio­nie­ren bzw. sich über­haupt von Ras­sis­mus zu distanzieren.

Jetzt, da die Trump-Cli­que sich völ­lig offen von Rea­li­tät und Demo­kra­tie ver­ab­schie­det, bezieht auch „Zur Zeit“ noch ein­mal Stel­lung – und zwar mit­hil­fe des NS-Revi­sio­nis­ten und Holo­caust­leug­ners Paul Craig Roberts.

Der verrohte Ex-Neoliberale: Vom Israelhasser zum Hitler-Fanboy … 

Der Publi­zist und Öko­nom Roberts war stell­ver­tre­ten­der Finanz­mi­nis­ter unter der Rea­gan-Admi­nis­tra­ti­on. Als rech­ter Mei­nungs­ma­cher ist er eine schil­lern­de Figur: So hat er sich von einem, ganz den „Rea­gano­mics“ ver­pflich­te­ten, Neo­li­be­ra­len hin zu einem ver­schwö­rungs­phan­tas­ti­schen Anti­se­mi­ten ent­wi­ckelt. (1)

Zu Letz­te­rem radi­ka­li­siert er sich ins­be­son­de­re seit den 2000er-Jah­ren, was sich zuerst – wie so oft bei sol­chen Ver­ro­hun­gen – vor allem durch Hass auf Isra­el äußert. So bezeich­net er 2009 etwa den Gaza-Strei­fen als „größ­tes Kon­zen­tra­ti­ons­la­ger der Welt“ und behaup­tet in anti­se­mi­ti­scher Manier, dass sich die USA als „Mario­net­ten­staat“ erwei­sen, sobald es um Isra­el gehe (2).

Zehn Jah­re spä­ter stei­gert sich der ehe­ma­li­ge „Wall Street Journal“-Kolumnist zum offe­nen NS-Geschichts­re­vi­sio­nis­mus. In einem Arti­kel von Mai 2019 (3) preist er den ver­ur­teil­ten Holo­caust­leug­ner David Irving rück­halt­los: Irving sei „ohne jeden Zwei­fel der bes­te His­to­ri­ker bezüg­lich des Euro­päi­schen Anteils am Zwei­ten Welt­krieg“, und er habe ler­nen müs­sen, dass die „Kri­tik von Mythen“ nicht unge­straft blei­be. Und wer wird wohl schuld dar­an sein, dass die­ses Genie heu­te so geäch­tet ist? Rich­tig, die Zio­nis­ten: „Man kann ein­fach nichts sagen, das ihr pro­pa­gan­dis­ti­sches Bild der Geschich­te ver­än­dert.“ Auch die deut­sche Kriegs­schuld wird mit Ver­weis auf Irving geleug­net: „Der Zwei­te Welt­krieg war Chur­chills Krieg, nicht Hit­lers Krieg.

Irving ist dem durch­ge­knall­ten NS- und Trump-Fan dann tat­säch­lich nicht extrem genug, spricht doch auch er – in die Knie gezwun­gen von der Hit­ler-feind­li­chen Wis­sen­schaft – letzt­lich schlecht vom Füh­rer: „Sobald sei­ne [Irvings] fak­ten­ba­sier­te Dar­stel­lung von Hit­ler eine Per­son zum Vor­schein bringt, die zu sehr von dem dämo­ni­sier­ten Bild abweicht, streut Irving nega­ti­ve Äuße­run­gen über Hit­ler hin­zu. (…) Das ist es, was ein His­to­ri­ker tun muss, um es zu über­le­ben, die Wahr­heit gesagt zu haben.“ Roberts bekennt sich als wah­rer Hit­ler-Fan­boy: „Im Gegen­satz zu dem bri­ti­schen Aris­to­kra­ten [gemeint ist Chur­chill] war Hit­ler ein Mann des Vol­kes. Er han­del­te für das deut­sche Volk.“ Hit­lers For­de­run­gen gegen­über Polen sei­en fair und rea­lis­tisch gewe­sen, aber Chur­chill – finan­ziert durch „jüdi­sches Geld“ – hät­te gegen die deutsch-pol­ni­schen Ver­hand­lun­gen interveniert.

… zum Holocaust-Leugner

Roberts lan­det fol­ge­rich­tig – in dem­sel­ben Arti­kel – bei der offe­nen Leug­nung der Sho­ah. Er behaup­tet: „Die ‚Ver­nich­tungs­la­ger‘ waren in Wirk­lich­keit Arbeits­la­ger.“ Ausch­witz sei ledig­lich ein Stand­ort für „Deutsch­lands essen­zi­el­le Gum­mi-Indus­trie“ gewe­sen. Die Kre­ma­to­ri­en in den Lagern sei­en nicht errich­tet wor­den um „Völ­ker zu ver­nich­ten, son­dern um Tote zu besei­ti­gen, die an Typhus, ande­ren Krank­hei­ten und natür­li­chen Todes­ur­sa­chen gestor­ben waren.“

Holocaustleugnung von Paul Craig Roberts: Auschwitz war ein "Arbeitslager"
Holo­caust­leug­nung von Paul Craig Roberts: Ausch­witz war ein „Arbeits­la­ger”

Er fügt hin­zu, dass die „schreck­li­chen Fotos“ von halb Ver­hun­ger­ten nicht von geplan­ter Ver­nich­tung zeu­gen wür­den, son­dern ledig­lich davon, dass Deutsch­land in den letz­ten Tagen des Krie­ges unor­ga­ni­siert war und kei­nen Zugang zu Essen und Medi­ka­men­ten mehr gehabt hät­te. Schließ­lich erklärt er: „Es ist ver­blüf­fend, wie viel Macht die Zio­nis­ten durch den Holo­caust bekom­men haben.“ Dass Roberts ein der­art übler NS-Fan und Holo­caust­leug­ner ist, ist frei­lich kein Geheim­wis­sen, son­dern das erfährt man mit einer ober­fläch­li­chen Online-Suche (etwa im deutsch­spra­chi­gen Wiki­pe­dia-Ein­trag zu Roberts).

Das betrogene Volk

Der­sel­be Roberts darf sich in „Zur Zeit“ gleich zwei Mal aus­führ­lich für Trump posi­tio­nie­ren. Ein­mal in einem Inter­view von Mit­te Novem­ber, das Redak­teur Bern­hard Toma­s­chitz geführt hat, und noch ein­mal in einem Gast­bei­trag von Anfang Dezem­ber, den Toma­s­chitz über­setzt hat. Bei­des fin­det sich auf der Web­site von „Zur Zeit“.

"Zur Zeit"-Interview mit dem Holocaustleugner Paul Craig Roberts
„Zur Zeit”-Interview mit dem Holo­caust­leug­ner Paul Craig Roberts

Das Inter­view (4) trägt den Titel „Die Demo­kra­ten haben die Prä­si­den­ten­wah­len gestoh­len.“ Dar­in phan­ta­siert Roberts von einem „mas­si­ven Wahl­be­trug“ – mehr noch: von einer „Revo­lu­ti­on gegen das repu­bli­ka­ni­sche wei­ße Ame­ri­ka“. Frei­lich ist an die­ser Revo­lu­ti­on alles betei­ligt, was nicht auf Linie mit dem ras­sis­ti­schen Trump-Popu­lis­mus ist: die Medi­en, die Demo­kra­ten, der „tie­fe Staat“, die Post, die CIA und die Iden­ti­täts­po­li­tik, die „zur Ras­sen- und Geschlech­te­run­einig­keit“ füh­re.

Dem Inter­view­er Toma­s­chitz gefällt das Gerau­ne natür­lich, und er legt sei­nem para­no­iden Gesprächs­part­ner die rich­ti­gen welt­an­schau­li­chen Rut­schen, wenn er z.B. fragt: „Irgend­wie bekommt man den Ein­druck, dass in den USA – wie auch in vie­len euro­päi­schen Län­dern – die Demo­kra­tie nur eine Fas­sa­de ist. Oder lie­ge ich falsch?“ Natür­lich hat er Recht. Roberts erklärt, dass Demo­kra­tie in den USA gar nicht herr­schen kön­ne, weildas Geld der Eli­te“ herr­sche. Die Kan­di­da­ten wür­den von Inter­es­sen­grup­pen finan­ziert wer­den, und Roberts ver­gisst nicht, auch die „Isra­el-Lob­by“ als eine sol­che auf­zu­zäh­len. Der miso­gy­ne und ras­sis­ti­sche Mil­li­ar­där Trump gehört natür­lich nicht zu die­ser gehass­ten Eli­te, viel­mehr sei er „der ers­te Nicht-Estab­lish­ment-Prä­si­dent seit Ronald Rea­gan“. Zuletzt wird es noch apo­ka­lyp­tisch, wenn Roberts ernst­haft behaup­tet, dass „unter demo­kra­ti­scher Herr­schaft die Umwand­lung der wei­ßen Ame­ri­ka­ner in Bür­ger zwei­ter oder drit­ter Klas­se abge­schlos­sen wer­den [wird].

In dem Gast­bei­trag von Anfang Dezem­ber (5) ist sich Roberts dann sicher: „Die Wahl wur­de gestoh­len“, wie es schon im Titel heißt. Er bezeich­net den Wahl­sieg der Demo­kra­ten gar als „Staats­streich“. Ganz im Jar­gon des auto­ri­tä­ren Popu­lis­mus, wird Trump als demon­tier­ter Volks­held ima­gi­niert: „Der Grund, war­um die Eli­te Trump hasst, ist, dass er sich auf das Volk stützt.“ Die­se For­mu­lie­run­gen erin­nern frap­pie­rend an Roberts Dar­stel­lung von Hit­ler, den er als Mann des Vol­kes ima­gi­niert (im Gegen­satz zu dem abge­ho­be­nen Aris­to­kra­ten Chur­chill). Roberts buch­sta­biert auch aus, was es brau­chen wür­de, um die Macht der gehass­ten Eli­te zu brechen:

Trump ist ein Popu­list, ein Prä­si­dent der ein­fa­chen Leu­te. Trump wird gehasst, weil er beab­sich­tig­te, gewöhn­li­che Ame­ri­ka­ner aus der Unter­wür­fig­keit gegen­über den Absich­ten der Eli­te zu ret­ten. Lei­der reicht es nicht aus, ein Popu­list zu sein, um eine fest ver­wur­zel­te Eli­te zu stür­zen. Das kann nur ein Revo­lu­tio­när, aber Trump ist kein Revolutionsführer.

"Zur Zeit"-Gastbeitrag des Holocaustleugners Paul Craig Roberts
„Zur Zeit”-Gastbeitrag des Holo­caust­leug­ners Paul Craig Roberts

Wie jedes Mal, wenn wir über „Zur Zeit“ berich­ten, müs­sen wir auch hier erwäh­nen: Das rechts­extre­me, FPÖ-nahe Wochen­blatt erhält wei­ter­hin jähr­lich hohe För­der­be­trä­ge der öffent­li­chen Hand. Sie­he dazu auch unser aus­führ­li­ches „Zur Zeit“-Dossier!

➡️ „Zur­Zeit” und der „Wahl­be­trug” am „wei­ßen Ame­ri­ka” (DÖW, Neu­es von ganz Rechts)

Fußnoten

1 Wir zitier­ten im fol­gen­den zwei Tex­te von Roberts, die in eng­li­scher Spra­che erschie­nen sind; Die zitier­ten Text­stel­len wur­den von uns übersetzt.
2 „Pira­tes of the Medi­ter­ra­ne­an“ (Paul Craig Roberts), 01.07.2009, erschie­nen auf der Web­site von „Counterpunch.org“, zuletzt eige­se­hen via „archive.org“: 10.12.2020
3 „The Lies about World War II“ (Paul Craig Roberts), 15.05.2019, erschie­nen auf der Web­site von „For­eign Poli­cy Jour­nal“, zuletzt ein­ge­se­hen: 10.12.2020
4 „Die Demo­kra­ten haben die Prä­si­den­ten­wahl gestoh­len“ (Inter­view mit Paul Craig Roberts), 12.11.2020, erschie­nen auf der Web­site von „Zur Zeit“, zuletzt ein­ge­se­hen: 10.12.2020
5 „USA: Der Beweis ist da – die Wahl wur­de gestoh­len“, 02.12.2020, erschie­nen auf der Web­site von „Zur Zeit“, zuletzt ein­ge­se­hen: 10.12.2020