Ein internes von Andreas Mölzer verfasste Papier könnte für Unruhe im „Kösener Senioren-Convents-Verband“ (KSCV), einem traditionsreichen Dachverband deutscher Studentenverbindungen, sorgen. Mölzer, selbst Mitglied des Corps Vandalia Graz, das im KSCV organisiert ist, positioniert sich darin scharf gegen Forderungen nach einer „Abgrenzung gegen Rechts“ – und liefert damit einmal mehr ein ideologisches Bekenntnis zur kulturkämpferischen Abschottung.
Das Papier mit dem Titel „Vandalias Corpsidee verpflichtet uns Vandalen per Gründungsstatut die Traditionen, Sitten und Bräuche des deutschen Corpsstudententums im europäisch-abendländischen Rahmen zu pflegen“ liegt „Stoppt die Rechten“ und dem „Standard“ vor und wurde als Reaktion auf innerverbandliche Diskussionen verfasst, die sich rund um den Streit zwischen der Vandalia Graz und der Normannia Berlin entzündet haben dürften.
Der Begriff „deutsch“ – nicht staatsbürgerlich, sondern ethnisch-kulturell
Das Corps Vandalia Graz, so Mölzer, sei seit jeher ein „deutsches Corps in Österreich“. Er beruft sich auf die Corps-Konstitution, in der explizit verlangt wird, dass Mitglieder dem „europäisch-abendländischen Kulturkreis“ angehören und „willens und fähig sein“ müssen, die „Traditionen des deutschen Corpsstudententums mitzutragen“. Dieser von Mölzer genannte Kulturkreis ist kein neutrales Kriterium, sondern eine ideologische Kategorie. Mölzer verwendet ihn zur Grenzziehung. Ein französischer oder italienischer Student? Ja, vielleicht. Ein arabischer oder ostasiatischer? Vermutlich nicht.
Gegen Abgrenzung nach Rechts
Den Versuch, sich vom politischen Rand zu distanzieren, lehnt Mölzer vehement ab. Wörtlich heißt es: „Die ‚legitime Toleranz‘ corpsstudentischer Prägung entzieht sich sui generis dem Diktat des ‚politisch korrekten‘ Zeitgeists und dem Primat spätlinker ‚Wokeness‘.“ Diese Formulierung übernimmt – wenig überraschend – den Sound der extremen Rechten: „Wokeness“ als Feindbild, „politisch korrekt“ als Kampfbegriff – alles eingerahmt in ein Narrativ kultureller Bedrohung.
Noch schwerer wiegt allerdings die programmatische Absage an Vorgaben durch den Dachverband: „Wo abzulehnender politischer Extremismus (…) beginnt, kann nur jedes Corps selbst für sich definieren.“ Das kann als ein Blankoscheck gelesen werden zur Relativierung von Antisemitismus, Rassismus oder Neonazi-Nähe – sofern man sich nur irgendwie auf alte „Traditionen“ berufen kann.
Andreas Mölzer bezieht sich dabei wohl kaum zufällig auf Schriften von Friedrich Hielscher, der Mitglied des Corps Normannia Berlin war. Hielscher war ein zentraler Vordenker der sogenannten „Konservativen Revolution“– eine Bewegung, deren Gedankenwelt zwischen Nationalsozialismus und religiös verbrämtem Ethnozentrismus pendelte.
Mölzers Papier ist mehr als der Versuch einer Standortbestimmung. Es ist ein kulturkämpferisches Manifest, geschrieben im Jargon der äußersten Rechten, das als Fehdehandschuh gegen die Normannia Berlin in den Ring geworfen wird und den Dachverband zu der Positionierung zwingen will: Wie extrem wir als Corps sind, bestimmen gefälligst wir selbst!
Das Positionspapier erinnert an die Diskussion von 2011/2012 rund um den „Ariernachweis“, die innerhalb der „Deutschen Burschenschaft“ getobt hat und die letztlich zum Austritt von weniger radikalen Verbindungen aus dem Dachverband geführt und den rechtsextremen, von Österreich aus dominierten Burschenschaften den Durchmarsch gebracht hat. Es bleibt abzuwarten, wer sich im KSCV durchsetzen wird.
➡️ derstandard.at (5.6.25): Deutschnationales Positionspapier eines Corps: Mölzer, Mensuren und Menstruationsbeschwerden