Es habe, so Oliver Ribarich, ehemaliger Leibwächter von Heinz-Christian Strache, im Zuge einer Veranstaltung am 22. April in Wien, die Anweisung gegeben, alle angefallenen Rechnungen mit dem Wort „dienstlich“ zu versehen. Was dabei verrechnet worden sei, listet der „Spiegel“ auf:
»Zigaretten und Süßigkeiten« kosteten 3225,28 Euro.
Für »Urlaube« sind 90.225,64 Euro vermerkt.
In der Kategorie »Reinigungskraft« haben sich 198.413,36 Euro angesammelt.
Straches erste Ehefrau wurde offenbar observiert. Deren »Überwachung« kostete demnach 9564 Euro.Weitere Posten: Umbau einer Wohnung, Mietzahlungen, Salär eines Kindermädchens, Taxifahrten, Friseur und Kleidung, Handys und Telefonkosten, Apothekenrechnungen, Restaurantbesuche, eine Versicherung, Gutscheine und Geschenke, private Feiern, Ausgaben für die Familie sowie »Strafen Fahrzeuge« – offenbar Beträge für Geschwindigkeitsübertretungen und Gebühren fürs Falschparken. (spiegel.de, 16.4.25)
Mehr als eine Million Schaden
Inzwischen liegt ein Abschlussbericht der Ermittler vor, wie der „Standard“ (24.4.25) berichtet. Der festgestellte Gesamtschaden belaufe sich auf über 1,09 Millionen Euro, wovon mehr als 400.000 Euro die Bundespartei betreffen. Die Ermittler sehen ihre Verdachtsmomente bestätigt und sprechen von einer „bewussten Verschleierung“ der tatsächlichen Ausgaben, um diese als parteizweckkonform erscheinen zu lassen.
Die FPÖ und insbesondere ihre verantwortlichen Funktionäre, darunter auch Nepp als damaliger Finanzreferent, werden kritisiert, ihrer Kontrollverantwortung nicht nachgekommen zu sein und so die Abrechnung privater Ausgaben ermöglicht zu haben. Die Kooperationsbereitschaft der FPÖ im Zuge der Ermittlungen wird als unzureichend beschrieben; die Partei vernichtete frühzeitig Buchhaltungsunterlagen aus der Strache-Ära, mit Ausnahme von Material, das Strache selbst betrifft. Die zuständige Finanzreferentin Ulrike Nittmann darf sich jedenfalls über Platz 3 auf der Stadt- bzw. Landesliste für die bevorstehende Wien-Wahl freuen.
Trotz fehlender Unterlagen konnten die Ermittler durch zahlreiche Zeugenaussagen, sichergestellte Belege und die Auswertung von Konten und Mobiltelefonen ein umfassendes Bild der Vorgänge zeichnen. Dabei stießen sie auch auf heimlich angefertigte Tonaufnahmen innerhalb des FPÖ-Umfelds.
Besonders pikant: Manche dieser Audiodateien sind offenbar entstanden, ohne dass alle anwesenden Personen wussten, dass mitgeschnitten wird. Das legen Transkripte nahe, die STANDARD und Spiegelvorliegen. Im blauen Kosmos hat man demnach mit Methoden gearbeitet, die man seit Veröffentlichung des Ibiza-Videos lautstark beklagt: mit heimlichen Aufnahmen, um mutmaßliche Missstände zu dokumentieren. (derstandard.at, 24.4.25)
Die FPÖ-Führung, insbesondere Bundesparteiobmann Herbert Kickl, schweigen zur Affäre. Die Partei betont, mit den Behörden kooperiert zu haben, sieht aber personelle Konsequenzen erst nach einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung als notwendig an. Nepp und Strache bestreiten alle Vorwürfe.
Taxifahrten „rund um die Uhr“ statt Dienstwagen
Aber der „Standard“ (15.4.25) enthüllte ein weiteres unübliches Vorgehen des Wiener FPÖ-Chefs Dominik Nepp, der sehr hohe Reisekostenabrechnungen vorgelegt haben soll. Die aktuellen Rechenschaftsberichte der Wiener FPÖ würden diesbezüglich Fragen aufwerfen.
Sie weisen der FPÖ Wien exorbitante Reisekosten aus. So gab die Landespartei im Jahr 2022 unter dem Posten „Ausgaben für Reisen und Fahrten“ rund 135.000 Euro aus. Das ist mehr als doppelt so viel wie bei allen anderen blauen Landesorganisationen und der Bundespartei, die im selben Jahr zusammen auf rund 61.000 Euro kommen.
Das wiederholt sich auch im Jahr 2023: Hier führt die FPÖ Wien Ausgaben in Höhe von rund 112.000 Euro an, die anderen Landesparteien sowie der Bund gemeinsam rund 56.000 Euro. Woran liegt das? Ist die FPÖ Wien unter Dominik Nepp besonders reiselustig?Reiselustig maximal insofern, wenn es um Reisen innerhalb von Wiens Stadtgrenzen geht. Denn auf Anfrage des STANDARD schildert die FPÖ Wien, dass anfallende Kosten für Fahrten- und Sicherheitsdienste unter dem Posten „Reisen und Fahrten“ ausgewiesen werden. Die Landespartei kauft diese Dienste von externen Unternehmen zu – ein äußerst unübliches Vorgehen.
Warum macht die FPÖ Wien das? Der Grund ist banal: Nepp will offiziell über keinen Dienstwagen, keinen Chauffeur und auch keine Securitys verfügen. „Aufgrund von Einsparungsmaßnahmen seit 2020 hat die Wiener Landesgruppe auf Dienstautos und permanent angestelltes Fahr- und Sicherheitspersonal für Spitzenpolitiker verzichtet“, lässt die FPÖ Wien in einer schriftlichen Stellungnahme wissen. (derstandard.at, 15.4.25)
Nepp fahre Taxi, „und das rund um die Uhr“, was, zitiert der „Standard“ Äußerungen aus der FPÖ, durchaus auch parteiintern kritisch kommentiert werde.
In der FPÖ sorgt dieses Vorgehen mitunter auch für Kritik. Nepps Agieren werde „als doppeltes Spiel“ gesehen, sagt ein blauer Insider. Es gehe nämlich nicht zusammen, „bei jeder Gelegenheit zu sagen, ich verzichte auf dieses und jenes, spende sogar meine Gehaltserhöhung, und dann rund um die Uhr Fahrer und Personenschutz zu haben“. Das sei „nicht schlau“.
Ob „nicht schlau“ die angemessene Bezeichnung für diese Praxis ist, sei dahingestellt.