Auch einschlägige Vorstrafen
Zu Beginn der Verhandlung am 15. März wurde W.s Vorstrafenregister besprochen, was einige Zeit in Anspruch nahm. Früher, so meinte W., sei er halt „fleißig“ gewesen, er habe „viel Scheiß gebaut“, etwa schwere Körperverletzung, Widerstand gegen die Staatsgewalt (2003) im Zusammenhang mit seinen rechtsextremen Aktivitäten, in denen er „sehr tief drinnen war“. Wegen zum Teil schwerer Körperverletzungsdelikte musste er danach noch mehrfach vor Gericht. Dazu gesellten sich auch noch Betrug, Sachbeschädigung und drei Mal Wiederbetätigung. Ein aktuelles Verfahren wegen Betrugs wird noch getrennt verhandelt werden.
Im aktuellen Verfahren ging es um ein Facebook-Posting in der Gruppe „Steyr — Meine Stadt“, die zum damaligen Zeitpunkt etwa 15.500 Mitglieder zählte. Das nicht vom Angeklagten stammende Posting zeigte ein Bild vom Stadtplatz in Steyr aus der NS-Zeit, auf dem eine Menschenmasse den rechten Arm zum Führergruß streckt. W. kommentierte das Foto: „Die Hände zum Himmel, kommt lasst uns …“ [„… fröhlich sein“ lautet die Fortsetzung eines bekannten Liedtextes; Anmk. SdR]
Die vermeintliche Wandlung
Die Verteidigung betonte, der Angeklagte habe nicht zuletzt wegen der Geburt seines Sohnes im Jahr 2012 der rechtsextremen Szene den Rücken zugekehrt. W.s Kommentar sei eigentlich eine Art sarkastisch formulierte Warnung davor, dass dies auch heute noch möglich wäre.
Teil einer einschlägigen Gruppe will W. nach seiner Wandlung zwar nicht mehr gewesen sein, was ihn jedoch nicht daran gehindert hatte, bei einer rechtsextremen Splitterpartei den stellvertretenden Chef gegeben zu haben und seine Nazi-Tattoos zur Schau zu stellen – das hatte ihm eine teilbedingte Haftstrafe vom Landesgericht Linz eingetragen.
Bei den jüngsten Hausdurchsuchungen (an W.s Wohnort, Wohnort der Freundin, am Arbeitsplatz) wurden keine verdächtigen Accessoires gefunden, er habe das alte Zeug entsorgt. Wären da nur nicht die Funde der Handydatenauswertung mit etlichen gelöschten Fotos im Cache gewesen: ein Foto mit dem Schriftzug „Landser“, ein Bild mit Spritzen in Hakenkreuzform, elfmal Hitler mit Sprüchen, ein Meme mit „Willste Spass, brauchste Gas” – alles aus dem Zeitraum zwischen den Jahren 2021 bis 2023.
Freispruch im Zweifel
Letztlich fällten die Geschworenen das knappest mögliche Urteil: Mit vier zu vier Stimmen und einem Freispruch im Zweifel konnte der sichtlich erleichterte Angeklagte das Gericht verlassen. Das Urteil ist bereits rechtskräftig.
Die Richterin ermahnte den Angeklagten noch, sich ab nun völlig abzugrenzen und ganz besonders auch von einschlägigen Likes für braune Seiten abzusehen. Mehr als drei Monate nach dem Prozess sind W.s Vorlieben auf seinem Facebook-Profil unverändert zu sehen: von Horst Wessel, über Neonazi-Bands, dem „Objekt 21“ und Nazigrößen wie Erich Priebke und Otto Skorzeny. Was nun?
Danke nach Steyr für die Prozessbeobachtung!