Eine rassistische Attacke stand am Anfang. H. S. (39) pöbelte am Kapaunplatz in der Wiener Brigittenau gegen eine Gruppe Jugendlicher mit rassistischen Sprüchen und schwenkte ein Messer. Passant*innen verständigten die Polizei, der Mann flüchtete in seine nahegelegene Wohnung, öffnete den verfolgenden Polizisten die Tür, bedrohte sie mit einer Langwaffe – wie sich herausstellte, mit dem funktionsfähigen Nachbau einer Kalaschnikow. Es folgten Schüsse der Polizei, die ihn nicht trafen. Der Mann verschloss die Tür von innen.
Aus dem zunächst begrenzten Polizeieinsatz hatte sich im Verlauf des Abends am 19. Juni ein Großeinsatz entwickelt. Schließlich erschien der Mann auf seinem Balkon – wieder mit seiner Langwaffe. Die Polizei schoss auf ihn, S. zog sich schwer verletzt in seine Wohnung zurück und verstarb. Der Verdacht, dass S. Sprengstoff in seiner Wohnung gelagert hatte, was zu Wohnungsräumungen in der unmittelbaren Umgebung führte, erwies sich als Fehlalarm. Soweit die wenigen Fakten, die zum Ablauf bekannt sind. (Quelle: wien.orf.at, 19.6.24)
Der Facebook-Account: einsam in der rechten Ecke
„Stoppt die Rechten” hat sich durch den Facebook-Account von H.S. gewühlt. Auch auf YouTube betrieb S. ein Konto, da liegen die letzten Einträge allerdings elf Jahre zurück. Das FB-Profil hatte S. in den letzten Jahren fast ausschließlich mit kommentarlos geteilten Beiträgen angefüllt: viele, vornehmlich sexistische Sujets aus einem IT-Forum, viele von Servus TV („Der Wegscheider“), einige von den „Duellen“ Bohrn-Mena gegen Gerald Grosz auf „oe24” und des Schweizer Rechtspopulisten Roger Köppel. Es sind weitgehend Beiträge ohne Beteiligung anderer: Es gibt keine Reaktionen, weder Likes noch Kommentare.
Das war früher etwas anders. H.S., ein IT-Freak mit musikalischer Ader, radikalisierte sich erkennbar während der Pandemiejahre, entwickelte eine Leidenschaft für Waffen, speziell für die Kalaschnikow (AK47) und pöbelte gegen Impfbefürworter. Als eine Zeitung 2021 über einen Brief der Sozialversicherung berichtet, in dem vor dem Risiko einer schweren Covid-Erkrankung für Ungeimpfte gewarnt wurde, schrieb er: „zurück an den absender“ – eine seiner ganz wenigen eigenen Wortmeldungen. Dazu auch noch: „Ich lasse mich nicht erpressen“, verbunden mit einer seltsamen Unterstellung an die „Neoösterreicher“. Seine Facebook-Einträge hinterlassen den Eindruck, dass der Mann zunehmend einsamer und zorniger wurde. Sie enden am 31. März. Jetzt, dreieinhalb Monate später, ist er tot.