Der braune Schweizer Sumpf

Die recht­sex­treme Schweiz­er Szene liegt für uns in Öster­re­ich zumeist im toten Winkel. Ein großes Ver­säum­nis, denn in unserem Nach­bar­land gibt es nicht nur einen bre­it­en recht­sex­tremen Sumpf mit inter­es­san­ten Verbindun­gen auch nach Öster­re­ich, son­dern eben­falls eine aktive antifaschis­tis­che Szene, die vor kurzem einen umfan­gre­ichen Read­er über „Die braune Szene der Schweiz“ veröf­fentlicht hat.

Wer sich einen Überblick über die recht­sex­treme Szene der Schweiz ver­schaf­fen möchte, der/die sollte sich diesen Read­er unbe­d­ingt als PDF-File unter [email protected] bestellen. Mit seinen rund 40 Seit­en ist er zwar kein umfan­gre­ich­es Hand­buch des Recht­sex­trem­is­mus, wie sie einst im vorigen Jahrhun­dert für Öster­re­ich und Deutsch­land pro­duziert wur­den, aber die het­ero­gene rechte Szene, die von der Schweiz­erischen Volkspartei (SVP) über diverse Aktions­felder wie Kampf­s­port und Recht­srock bis hin zur neon­azis­tis­chen Partei Nation­al Ori­en­tiert­er Schweiz­er (PNOS) aufge­fächert ist, wird ken­nt­nis­re­ich beschrieben.

Die Texte zu den einzel­nen Organ­i­sa­tio­nen und Sze­neak­tiv­itäten wer­den begleit­et von ein­er Time­line, die für den Zeitraum 2018 bis 2020 168 recht­sex­treme Ereignisse fes­thält, die dann in einem geografis­chen Überblick (Seite 26–27) den einzel­nen Kan­to­nen und auch Regio­nen außer­halb der Schweiz zuge­ord­net wer­den. Applaus – auch wenn die Verbindun­gen zu Öster­re­ich unser­er beschei­de­nen nation­al­is­tisch geprägten Mei­n­ung nach unter­be­lichtet sind. Aber das ist wohl auch unser Problem!

Was näm­lich auf­fällt: Die Recht­sex­tremen und Neon­azis sind bestens ver­net­zt – über alle ihre bornierten ide­ol­o­gis­chen Schranken, Vorurteile und Staats­gren­zen hin­weg. Auch die Schweiz­er Neon­azis bilden da keine Aus­nahme. Das lässt sich schon bei Ereig­nis 4 able­sen: Am 3.2. 2018 nah­men Mit­glieder der neon­azis­tis­chen PNOS am FPÖ-Akademiker­ball teil. Der kurze Hin­weis in der Broschüre ist drama­tisch genug: Die Neon­azis aus der Schweiz vergnü­gen sich am Ball der Regierungspartei FPÖ und lauschen ergrif­f­en den Worten des dama­li­gen Vizekan­zlers HC! Die PNOS beschrieb das auf ihrer Web­seite so:

In diesem Jahr war es eini­gen Expo­nen­ten der PNOS gegön­nt, gemein­sam mit befre­un­de­ten Poli­tik­ern der Frei­heitlichen Partei Öster­re­ichs und eini­gen Burschen­schaftern an diesem wun­der­schö­nen Ball teilzunehmen. Nach einem mit klas­sis­ch­er Musik unter­mal­ten Willkom­men­sapéro auf dem Dach des Haus­es ein­er Wiener Burschen­schaft begaben wir uns – begleit­et von ein­er Polizeiesko­rte – zur Wiener Hof­burg. Unter den 3000 Besuch­ern des Balles waren der Vizekan­zler von Öster­re­ich, Heinz-Chris­t­ian Stra­che, Udo Guggen­bich­ler, der Organ­isator des Wiener Akademiker­balles, Mar­tin Sell­ner von der Iden­titären Bewe­gung und seine Fre­undin Brit­tany Pet­ti­bone, eine US-amerikanis­che Youtu­berin sowie Paula Win­ter­feldt von der Iden­titären Bewe­gung Berlin anzutr­e­f­fen, um nur einige wenige zu nennen.

Wer hat da wohl den Schweiz­er Braunen, die sich sichtlich geehrt fühlen durch ihre Teil­nahme, die Karten verschafft?

Timeline Nr. 4: Teilnahme von Mitgliedern der PNOS beim FPÖ-Burschenschafterball 2018

Time­line Nr. 4: Teil­nahme von Mit­gliedern der PNOS beim FPÖ-Burschen­schafter­ball 2018

Auf Seite 33 wird die Aval­on-Gemein­schaft beschrieben, wo sich „(Pseudo-)Intellektuelle der Neuen Recht­en und Kameradschaftsaktivist*innen mit unverbesser­lichen Alt­nazis und Holocaustleugner*innen“ zusam­men­zubrin­gen. Unter den Ref­er­enten waren da in früheren Jahren auch die Öster­re­ich­er Richard Melisch und Wal­ter Marinovic.

Walter Marinovic bei der Avalon-Gemeinschaft

Wal­ter Mari­novic bei der Avalon-Gemeinschaft

Richard Melisch bei der Avalon-Gemeinschaft

Richard Melisch bei der Avalon-Gemeinschaft

Auf Seite 34 und 35 fol­gt dann eine Darstel­lung der Aktiv­itäten der „Europäis­chen Aktion“ (EA), die ja von der Schweiz 2010 ihren Aus­gang nahm und sich dann in den Fol­ge­jahren auf mehre europäis­che Län­der, darunter auch Öster­re­ich, auszubre­it­en ver­suchte. Sehr knapp, aber präzise wird das Ende der EA beschrieben: „Die Behör­den set­zten dem Spuk schließlich ein Ende.

Ein kurzes Kapi­tel wid­met sich der Iden­titären Bewe­gung, die in der Schweiz nicht so richtig vom Fleck kommt: „Mehrmals fan­den Stammtis­che in Restau­rants statt, die eher schlecht besucht waren. Danach ver­schwand die Bewe­gung wieder aus der Öffentlichkeit. Die IB Schweiz betreibt eine Web­site, die nur spo­radisch aktu­al­isiert wird.

Das unter­schei­det die IB Schweiz zwar mit­tler­weile kaum mehr von der in Öster­re­ich, aber hierzu­lande war das ja nicht immer so. Die Erk­lärung, warum die IB in der Schweiz – im Unter­schied zu Öster­re­ich – aber nie so richtig in Schwung kam, hat einiges für sich: „Die Schwierigkeit, junge Men­schen für ihre doch eher intellek­tuelle Ide­olo­gie zu begeis­tern, sowie fehlende rechte Student*innenverbindungen als Nährbo­den führten unter anderem dazu, dass die IB in der Schweiz nicht Fuss fassen kon­nte.

Hin­ter den einzel­nen Beiträ­gen steckt kon­tinuier­liche Recherche und Analyse – wir kön­nen den Read­er daher nur wärm­stens empfehlen!

Antifa Bern, Antifa Ober­land: «Die braune Szene der Schweiz». 50 Seit­en. Gratis. Zu beziehen über [email protected]

Die braune Szene der Schweiz; AntifaRevue 2

Die braune Szene der Schweiz; Anti­faRe­vue 2