Die Allianz für die Union der Rumänen (AUR) heißt abgekürzt so wie Gold auf Rumänisch, aber bei dieser Partei glänzt nichts. Gegründet wurde sie zwar erst vor einem Jahr, im September 2019, jedoch riecht die Partei programmatisch und personell sehr streng nach Faschismus, Großrumänien-Phantasien, Antisemitismus, Rassismus, Homophobie und Corona-Lügen.
George Simion, der mit Claudiu Târziu gemeinsam die Partei anführt, hat es 2019 bei den Wahlen zum Europäischen Parlament mit einer Kandidatur als Unabhängiger versucht, ist damals aber mit 1.29 % noch ziemlich ignoriert worden. Auch bei den Kommunalwahlen 2020 im Frühjahr bewegte sich die AUR noch unterhalb jeglicher Aufmerksamkeitsgrenze. Das hat sich mit den Parlamentswahlen jetzt deutlich geändert. Zwar kann sich – noch – niemand vorstellen, dass die rechtsextreme Partei in irgendeiner Regierungskonstellation eine Rolle spielen könnte, aber gerade die unübersichtliche und sich rasch wieder verändernde Konstellation von Parteien und Personen ist günstig für die Rechtsextremen. Von ganz wenigen Ausnahmen wie der „USR plus“ abgesehen, die sich aber ebenfalls rechts der Mitte verortet, sind die wichtigsten rumänischen Parteien korrupt, konservativ und nationalistisch – egal, welcher Richtung sie sich zuordnen.
Weil die Ergebnisse der Parlamentswahlen, abgesehen von der erschreckend niedrigen Wahlbeteiligung, die auf einen massiven Vertrauensverlust gegenüber den kandidierenden Parteien hindeutet, keine einigermaßen stabilen Mehrheiten ermöglichen, befinden sich die Rechtsextremen in einer komfortablen Situation.
Wer sind nun diese, aus dem braunen Sumpf der Vergangenheit auferstandenen Rechtsextremen?
George Simion (34), der Parteigründer, ist ein seit vielen Jahren umtriebiger Aktivist, der für die Vereinigung mit der Republik Moldau unter großrumänischer Flagge eintritt. 2015 wurde er aus der Republik Moldau ausgewiesen mit der Auflage eines 5‑jährigen Einreiseverbots. Programmatisch bewegt sich Simion damit in der Tradition der Großrumänienpartei (Partidul România Mare) von Corneliu Vadim Tudor, die es in den 90er-Jahren sogar zu einer kurzfristigen Regierungsbeteiligung an der Seite von Sozialdemokraten gebracht hat und auf europäischer Ebene in der von Andreas Mölzer und der FPÖ mitgeschmiedeten rechtsextremen Fraktion „Identität, Tradition, Souveränität“ vertreten war. Seit 2008 war die Großrumänienpartei nicht mehr im Parlament vertreten und ihre Nachfolgepartei Partidul România Unită kümmerte nur als Sekte vor sich hin, weil Rassismus, Nationalismus und Homophobie bei den anderen Parteien ohnehin gut aufgehoben waren.
Als 2019 die von der völlig von Korruption zerfressenen Sozialdemokratie und den Liberalen gebildete Regierung zerbrach, wurde der rumänische Orban, Ludovic Orban, von der nationalkonservativen Partei (Partidul Național Liberal – PNL), mit einer Übergangsregierung bis zu Neuwahlen beauftragt. Entgegen allen Erwartungen und Prognosen konnte sich der PNL bei den Wahlen aber nicht durchsetzen und fiel sogar deutlich hinter die geschwächten Sozialdemokraten zurück.
Während sich die alte politische Klasse Rumäniens in unterschiedlichen Formationen und Abspaltungen immer wieder neu, aber weitgehend erfolglos, zu erfinden versucht, was bei diesen Wahlen beispielsweise durch die gescheiterte Kandidatur des zweimal (!) als Staatspräsident abgesetzten Traian Băsescu mit der Partei Volksbewegung (PMP) zum Ausdruck kommt, haben sich die Rechtsextremen mit den alten Rezepturen neu erfunden. Claudiu Târziu (47), der Co-Präsident der AUR, bejubelt auf seinem Blog den Faschisten Corneliu Zelea Codreanu, den Kapo der Legion Erzengel Michael, die in der Zwischenkriegszeit bewaffnet und terroristisch gegen alles Liberale (für Codreanu Kommunisten und Juden) vorgegangen war: „War er nicht charismatisch, unbestechlich und idealistisch (oder, wenn Sie so wollen, romantisch)? Wann und welche Beweise gibt es dafür, dass sich die Legionsbewegung auf den Massenmord an Juden vorbereitet hat?“
Ihren Auftrieb erhielt die AUR aber vermutlich nicht durch Äußerungen wie diese, sondern durch ihre Großrumänienphantasien einerseits und ihre Corona-Hetze andererseits. Die Großrumänienphantasien sind natürlich begleitet von rassistischer Abgrenzung und Ausgrenzung von Roma und Ungarn, die in Rumänien leben, haben aber der Partei einen weit überproportionalen Stimmanteil bei den 4 Millionen wahlberechtigten Auslands-Rumän*innen beschert. Da erhielten sie ungefähr ein Viertel der Stimmen.
Die Corona-Hetze der AUR bestand hauptsächlich aus Protestaktionen – ohne Maske natürlich – gegen das von den Behörden verordnete Tragen von Masken im öffentlichen Raum. Die Corona-Pandemie ist in Rumänien auf ein völlig devastiertes, korruptes und unterfinanziertes Gesundheitssystem gestoßen, dem die Menschen nur wenig vertrauen können. Es fehlt an Kapazitäten für Beatmungsgeräte, Intensivstationen und auch Tests. Die veröffentlichten Zahlen über Infizierte und Tote sind daher nur mit Vorbehalt genießbar. Dieser fatalen Situation haben sich die Rechtsextremen reichlich bedient, und so ist es auch nur folgerichtig, dass George Simion in der Wahlbewegung aufgerufen hat, aus dem Anti-Masken-Protest einen Anti-System-Protest durch die Wahl der AUR zu machen.