Gut, neben der Maske wird vorzugsweise auch der Impfstoff angegriffen. Aber der ist noch ein virtuelles Produkt – außer in Russland, wo Putin herrscht, den viele Corona-Leugner*innen neben Trump aber als ihren Schutzherren betrachten. In der Verbindung mit Kindern, die Maske tragen, können die Emotionen besonders hoch geschaukelt werden. Das dachte sich offensichtlich auch der Innviertler Jürgen van QAnon, der am 22. September das Foto eines maskierten Neugeborenen in Umlauf brachte – mit diesem Kommentar: „WAS tut man diesem armen Baby an?Schnell nach der Geburt, wird einem Baby da Maske aufgesetzt, Es ERSTICKT ja!! Das SCHLIMMSTE Foto,von dem Corona-WAHNSINN!!!“

War der Innviertler QAnon-Jünger der erste, der das Fake-Foto in Umlauf brachte? Er war jedenfalls ein Super-Spreader: Foto und Kommentar wurden 349 mal geteilt – und einige von denen, die es geteilt haben, waren ebenfalls Superspreader (darunter uns bestens bekannte blaue Hate-Poster*innen). Nach über einer Woche reagierte Facebook, indem es über das Foto den Hinweis legte: „Laut unabhängigen Faktenprüfern könnten diese Informationen irreführend sein“
Ein sehr dezenter Hinweis, dass „diese Informationen“ erstunken und erlogen waren. Jürgen van QAnon musste das Foto nicht einmal fälschen, sondern hat es vom Satire-Portal „Postillon“ kopiert, das in dem Beitrag „Erstes Baby mit Maske geboren“ den Mund-Nasen-Schutz satirisch auf die Schaufel genommen hat.
Unter dem Beitrag des Innviertlers waren sofort Kommentare zu finden, in denen auf den Fake-Charakter aufmerksam gemacht wurde. Daneben bzw. darunter Posts, in denen das Schicksal das Babys beklagt wurde — weil sie trotz gegenteiliger Hinweise einfach glauben wollen? Der Jürgen jedenfalls wusste, welchen Mist er da verbreitete. Sehr erfolgreich, denn trotz des Hinweises auf die Faktenprüfer von „Correctiv“, die die Genesis des Fake-Fotos exakt recherchierten, wurden seither nur vier von den 349 Teilungen rückgängig gemacht.
Ähnlich verhält es sich mit den ebenfalls seit Wochen kursierenden Meldungen über den Tod eines 13-jährigen Mädchens, das in Büchelberg (D) tot zusammengebrochen ist. Eine erste Obduktion erbrachte noch keine Klarheit über die Todesursache. Eine AfD-Abgeordnete stellte als erste einen Zusammenhang mit der Maske her; der „Wochenblick“ folgte augenblicklich nach.

Seither kursieren diese und ähnliche Meldungen über ein zweites und drittes Kind, das wegen einer Maske verstorben sei, in den diversen Kanälen, trotz Aufklärung durch Faktenchecker wie etwa den ARD-Faktenfinder oder das Redaktionsnetzwerk Deutschland.

Ein besonders eifriger Verbreiter von Gerüchten über Kinder bzw. Jugendliche, die durch Masken gestorben seien, ist der Arzt Bodo Schiffmann. In einem Video schwurbelte er, er habe „sehr valide Informationen, dass zwei Kinder aus unklaren Gründen gestorben sind. Es steht die Vermutung im Raum, dass dies im Zusammenhang mit dem Tragen von Masken passiert ist. Das Gegenteil ist bislang nicht bewiesen. (…) Das ist eine wissenschaftlich valide Aussage.“
Belege, Fakten? Keine. Nur unklare Gründe, die aber für Schiffmann eine valide wissenschaftliche Aussage aufgrund von Vermutungen ermöglichen. Ein befreundeter Arzt habe ihn über den zweiten an der Maske verstorbenen Jugendlichen informiert, mittlerweile habe er auch aus der Staatsanwaltschaft selbst genauere Hinweise. Die Staatsanwaltschaft dementiert deutlich, aber was stört das einen Schiffmann, den „Wochenblick“ und all die anderen Corona-Schwurbler?
Mittlerweile kursieren Meldungen über ein drittes, ja sogar ein viertes, durch die Maske verstorbenes Kind. Das eine soll ein sechsjähriges Mädchen aus Schweinfurt in Unterfranken sein, das dann im Krankenhaus verstorben sei. Die Polizei dementiert ebenso wie das Krankenhaus. Das vierte Kind soll in Wiesbaden an der Maske verstorben sein. Auch in diesem Fall gibt es keine Fakten, dafür aber ebenfalls ein Dementi der Staatsanwaltschaft.
In einem an Drama kaum zu überbietenden Video geht Schiffmann aber noch weiter: Er kenne die ganze Geschichte über den Tod des dritten Kindes, „aus erster Hand“. Er erzählt sie zwar nicht, aber subsumiert: „Kinder sterben, weil sie Masken tragen wegen einer Erkrankung, die es nicht gibt. (…) Ihr fragt wieder nach Quellen, Ihr macht mich fertig.“

Eifrig dabei ist der Rechtsaußen-Ex-Nationalratsabgeordnete Marcus Franz, der die mittlerweile über 4.000 Mitglieder zählende Facebook-Gruppe „GegenMaskenFuerKinder“ gegründet hat. Dort schwurbeln munter und großteils faktenbefreit Franz, Greti und Pleti über alles in der Welt, was die Gemüter erregen könnte – natürlich prominent auch über die vermeintlich am Maskentragen verstorbenen Kinder.

Die Diskussionen scheinen jedoch aufgrund von Franz und der Gruppe dedektierten „Trollen“ entglitten zu sein, sodass sich Gründer Franz vor einigen Tagen aus der Gruppe selbst entlassen hat. Für höhere Ziele, die der Internist Franz nun verfolgt:
Ich selbst werde mich vorrangig wieder der medizinischen und wissenschaftlichen Debatte widmen, denn eine immer größer werdende Anzahl von Ärzten möchte sich aktiver in die Corona-Thematik einbringen, auch abseits der für alle Mediziner sehr aufwendigen klinischen und wissenschaftlichen Tätigkeiten.
Ich wünsche der Gruppe ein gutes Gedeihen und entlasse mein sehr schnell sehr gross gewordenes „Kind“ somit in eine neue Zulunft!
Informationen
➡️ Die angebliche Gesundheitsgefahr durch Masken: Was ist an den Behauptungen dran?
➡️ Mediziner: Kinder sterben nicht allein durch Maske — mehrere Todesfälle erfunden
➡️ Faktencheck: Starben wirklich Kinder, weil sie eine Maske trugen?
➡️ Die Gerüchte über den Tod von Kindern durch Schutzmaske
➡️ Gezielte Gerüchte über Todesfälle durch Maske