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Osttiroler FPÖ-Pension im Krisenmodus?

Bekannt war schon lan­ge, dass die Wie­ner FPÖ in Ost­ti­rol eine Immo­bi­lie gekauft und als even­tu­el­len Rück­zugs­ort für Kri­sen­zei­ten geplant hat­te. Die Pen­si­on Enzi­an funk­tio­nier­te aber auch als nor­ma­les Gäs­te­haus, das für jeder­man und jede­frau buch­bar war. Nun offen­bar nicht mehr. So rich­tig in die Schlag­zei­len geriet die Pen­si­on Enzi­an im letz­ten Jahr durch die Goldbarren, […]

13. Mrz 2020

So rich­tig in die Schlag­zei­len geriet die Pen­si­on Enzi­an im letz­ten Jahr durch die Gold­bar­ren, die die Wie­ner FPÖ dort depo­niert hat­te – für Kri­sen­zei­ten, wie es hieß. Auch das Haus selbst soll­te als mög­li­cher Zufluchts­ort für Stra­che und Gefolg­schaft die­nen – im Fal­le eines Tag X.

Stra­che selbst hat­te sich für den Ankauf – und mög­li­che wei­te­re – stark­ge­macht. Mit, wie ein Sit­zungs­teil­neh­mer gehört haben will, einer etwas eigen­ar­ti­gen Argu­men­ta­ti­ons­li­nie: Eine sol­che Pen­si­on könn­te dem inne­ren Füh­rungs­kreis im Fall einer Kri­se als Zufluchts­ort die­nen. Tat­säch­lich hat­te er in den Jah­ren der Finanz­kri­se ab 2008 in grö­ße­ren und klei­ne­ren Krei­sen immer wie­der vom Tag X gespro­chen, wenn in Euro­pa bür­ger­kriegs­ähn­li­che Unru­hen aus­bre­chen könn­ten. (diepresse.com, 15.6.13)

Alte Website der "Pension Enzian" in St. Jakob
Alte Web­site der „Pen­si­on Enzi­an” in St. Jakob

Offi­zi­ell klang das anders: Sinn des Insti­tuts und der Pen­si­on in St. Jakob sei es, einen Semi­nar­be­trieb für die Par­tei auf­zu­bau­en, erklärt Jene­wein. ‘Bis­her müs­sen wir uns immer irgend­wo ein­mie­ten, daher kam die Idee, ein Semi­nar­zen­trum anzu­schaf­fen.’“ (diepresse.com) Den Semi­nar­be­trieb gab es tat­säch­lich, wie aus Berich­ten auf diver­sen FPÖ-Sei­ten zu ent­neh­men ist.

Rhetorikseminar in der Pension Enzian im März 2019
Rhe­to­rik­se­mi­nar in der Pen­si­on Enzi­an im März 2019

Die Raz­zia im ver­gan­ge­nen August durch die Kor­rup­ti­ons­staats­an­walt­schaft scheint in der beschau­li­chen Par­tei-Pen­si­on eini­ges durch­ein­an­der gewir­belt zu haben. Ankün­di­gun­gen von par­tei­in­ter­nen Schu­lun­gen sind seit­her zumin­dest auf Web­sites nicht mehr zu fin­den. Auch die Mög­lich­keit, dort pri­vat zu buchen, scheint es nicht mehr zu geben. Die Web­site wird auf eine Spam­sei­te umge­lei­tet, der Face­book-Account ist nicht mehr auf­find­bar und auch über diver­se Unter­kunfts­por­ta­le kann die Pen­si­on Enzi­an nicht mehr gebucht wer­den. Fragt sich: Was ist da pas­siert? Stößt die Wie­ner FPÖ ihre Immo­bi­lie ab, oder benö­tigt sie die Pen­si­on – jetzt im Kri­sen­fall – für ande­re Zwecke?

Pension Enzian auf dem Buchungsportal: keine Bilder, keine aktuellen Bewertungen, nicht buchbar
Pen­si­on Enzi­an auf dem Buchungs­por­tal: kei­ne Bil­der, kei­ne aktu­el­len Bewer­tun­gen, nicht buchbar

Eigen­tü­mer des Hau­ses ist der Ver­ein „Frei­heit­li­ches Bil­dungs­in­sti­tut St. Jakob in Ost­ti­rol“, dem der ehe­ma­li­ge Zwei­te Prä­si­dent des Wie­ner Land­tags Johann Her­zog vor­steht. Her­zog wur­de auch bekannt als Alt­vor­de­rer beim „Ver­ein zur Pfle­ge des Gra­bes Wal­ter Nowot­ny“, der jähr­lich am Zen­tral­fried­hof ein Geden­ken für den NS-Flie­ger­of­fi­zier Wal­ter Nowot­ny abhält.

Her­zogs Vize im Ver­ein ist mit Maxi­mi­li­an Krauss, ein ehe­ma­li­ger Mit­ar­bei­ter von Johann Gude­nus. Krauss soll­te 2014 zum nicht­amts­füh­ren­den Vize­prä­si­den­ten des Wie­ner Stadt­schul­rats gemacht wer­den, ein Pos­ten ohne Arbeit, dafür mit einem beacht­li­chen Salär von über 4.000 Euro. Da sich Micha­el Häupl wei­ger­te, den bis dort­hin nur durch mar­ki­ge Sprü­che und Ras­sis­men auf­ge­fal­le­nen blau­en Jung­mann als Stadt­schul­rats­vi­ze zu ernen­nen, die FPÖ mit einer Kla­ge beim VfGH abge­blitzt war, kam der dama­li­ge Jurist der Wie­ner FPÖ Bernd Sau­rer zum Zug. Den Stadt­schul­rat gibt es nicht mehr, dafür wur­de Sau­rer in den Bun­des­rat gelobt. Er ist Kas­sier des frei­heit­li­chen Bil­dungs­ver­eins. Sau­rer spielt auch bei dem ins Visier der WKS­tA FPÖ-nahen Ver­ein „Insti­tut für Sicher­heits­po­li­tik (ISP)“ eine Rolle.

In den dem STANDARD zuge­spiel­ten Unter­la­gen fin­det sich auch eine Hono­rar­no­te von Bernd Sau­rer. Er ist FPÖ-Bun­des­rat und hat dem ISP 7.000 Euro für die Erstel­lung eines Kon­zep­tes zum The­ma ‚Finanz­markt­sta­bi­li­tät und Sicher­heit in Euro­pa’ ver­rech­net. Eini­ge Mona­te spä­ter – nach Bekannt­wer­den von Heinz-Chris­ti­an Stra­ches denk­wür­di­gem Abend auf Ibi­za – wur­de der Auf­trag aber stor­niert, erzählt Sau­rer. Die Schwer­punkt­set­zung des Ver­eins hät­te sich geän­dert. Er über­wies das Geld zurück. Das bestä­tig­te auch Tschank. (derstandard.at, 10.3.20)

Maxi­mi­li­an Krauss erhielt nach einem sehr kur­zen Inter­mez­zo im Natio­nal­rat (9.11.–18.12.17) im Jän­ner 2018 den äußerst lukra­ti­ven Job eines nicht­amts­füh­ren­den Stadt­rats in Wien. Er beerb­te damit Johann Gude­nus, der in den Natio­nal­rat wech­sel­te und dort als Klub­ob­mann werk­te, bis er über Ibi­za stolperte.

Vorstand des Vereins "Freiheitliches Bildungsinstitut St. Jakob in Osttirol"
Vor­stand des Ver­eins „Frei­heit­li­ches Bil­dungs­in­sti­tut St. Jakob in Osttirol”

Schrift­füh­rer im FPÖ-Bil­dungs­ver­ein ist der Klub­di­rek­tor des frei­heit­li­chen Rat­haus­klubs in Wien, Georg Hein­reichs­ber­ger. Alle vier Ver­eins­vor­stän­de wur­den am 21.5.2019 in ihre Funk­tio­nen bestellt. War­um das just vier Tage nach Auf­flie­gen des Ibi­za-Skan­dals geschah, beant­wor­te­te die Par­tei nicht.

War­um hiel­ten hoch­ran­gi­ge Poli­ti­ker der Wie­ner FPÖ aus­ge­rech­net inmit­ten eines rie­si­gen poli­ti­schen Skan­dals, der ihren Chef den Job als Vize­kanz­ler gekos­tet hat­te, eine Gene­ral­ver­samm­lung ab, um den Vor­stand des Ver­eins neu zu beset­zen? Und wer saß zwi­schen Juni 2016 und Mai 2019 im Vor­stand? Im Ver­eins­re­gis­ter feh­len für die­sen Zeit­raum alle Anga­ben zu den Funk­ti­ons­in­ha­bern. Ver­su­che des STANDARD, eine Stel­lung­nah­me von maß­geb­li­chen FPÖ-Poli­ti­kern ein­zu­ho­len, blie­ben erfolg­los. (derstandard.at, 17.8.19)

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