Samhaber, der von der Tageszeitung „Österreich“ als Identitärer geoutet wurde, bestreitet jede Mitgliedschaft bei den Identitären, gibt aber zu, „in der Zeit von 20.07.2018 bis 28.03.2019 in Form eines Dauerauftrags monatlich 20,00 Euro an den Verein ‚HEIMAT UND KULTUR‘“ (wörtliche Aussage von Samhaber in der Pressemitteilung der FPÖ) gespendet zu haben. Als er im März 2019 durch die Medien auf ein Naheverhältnis dieses Vereins zu den Identitären aufmerksam wurde, habe er die Zahlungen an den Verein eingestellt.
Samhaber erklärt in der Pressemitteilung der FPÖ Linz weiters:
„Ich war zu keinem Zeitpunkt Mitglied der Identitären Bewegung oder einer ihrer Teilorganisationen und habe auch niemals – weder mündlich noch schriftlich – einen Mitgliedsantrag gestellt. Die Zuordnung einer Mitgliedsnummer zu meiner Person, so es eine solche tatsächlich gegeben haben sollte, kann daher nur ohne mein Wissen, ohne mein Einverständnis und ohne jegliche vereinsrechtliche oder anderweitige sachliche Grundlage erfolgt sein.“
Dazu muss man Folgendes wissen: Einen Verein „Heimat und Kultur“ gibt es nicht. Auch zu der Zeit, in der Philipp Samhaber monatlich gespendet hat, hieß der Verein „Verein für lebendige Kultur und Brauchtumspflege“ und hatte die Funktion, Spendengelder für die Identitären einzusammeln.
Eine öffentliche Debatte über den „Verein für lebendige Kultur und Brauchtumspflege“ gab es einschließlich März 2019 ebenso wenig wie über den nicht existenten Verein „Heimat und Kultur“. Bis dahin war in Oberösterreich nur der FPÖ-nahe Verein Studentenheim Urfahr in der öffentlichen Debatte, weil der in seiner Villa Hagen in Linz Urfahr das „Khevenhüller-Zentrum“ der Identitären beherbergte, was den Vereinsspitzen angeblich völlig entgangen ist. Der Verein, dem Samhaber gespendet hat, war nur einem eingeweihten Publikum bekannt!
Nach dem Attentat des Christchurch-Terroristen und dessen Spenden an die und Kommunikation mit den österreichischen Identitären reagierte der Verfassungsschutz mit einer Razzia bei Identitären Anfang April. Als Ergebnis dieser Razzien wurden drei Vereine als Spendensammelvereine für die Identitären genannt – zwei in Graz (der „Verein zur Erhaltung und Förderung der kulturellen Identität“ und der „Verein für nachhaltige Völkerverständigung und Jugendarbeit“) und der „Verein für lebendige Kultur und Brauchtumspflege“ (wir kürzen ihn mit VLKB ab) in Linz.
Der Landespolizeidirektor für OÖ, Andreas Pilsl, erklärte beim oberösterreichischen Landessicherheitsrat am 10.4.19 dazu, dass es neben diesem (letzteren) Verein in Oberösterreich „keine weiteren derartigen Vereine“ geben würde, wobei er vorsichtshalber hinzufügte,„nach derzeitigem Kenntnisstand“.
Pilsl erläuterte aber dann auch noch etwas, was nicht nur für die Erklärung von Philipp Samhaber, wonach er „zu keinem Zeitpunkt Mitglied der Identitären Bewegung“gewesen sei, interessant ist, sondern auch für die Forderung der ÖVP nach einem Verbot der Identitären:
„Da die IB keine Mitglieder habe, sondern eine Bewegung sei, tue man sich schwer, die Zugehörigkeit festzustellen. Es gehe über Sympathie und Likes auf sozialen Netzwerken, die Teilnahme an Veranstaltungen und finanzielle Unterstützung.“ (APA, 10.4.19)
Samhaber konnte ebenso wenig formelles Mitglied der Identitären Bewegung Österreich (IBÖ) oder einer ihrer Länderorganisationen sein, weil es die gar nicht gibt. Die IBÖ gibt es weder als Verein noch als Partei – von daher erübrigt sich auch die von der ÖVP angezettelte Forderung nach einem Verbot des Vereins Identitäre Bewegung.
Anders sieht die Sache bei den vorgelagerten drei Unterstützer- oder Spendenvereinen aus: Nach dem Attentat von Christchurch und der Razzia gegen die Identitären nahm die Debatte über Maßnahmen gegen die Identitären in Oberösterreich etwas Fahrt auf. Rund um den Landessicherheitsrat am 10.4. wurde der Linzer Spendenverein VLKB konkret in den Medien genannt und in der Folge dann auch über die Auflösung dieses Vereins gesprochen.
Samhaber hat nach eigenen Angaben seine letzte Spende an den Verein per monatlichen Dauerauftrag noch am 28.3.2019, also nach den Erkenntnissen über Christchurch und die Identitären, getätigt. Die nächste Zahlung wäre Ende April fällig gewesen. Zu diesem Zeitpunkt wäre eine Einzahlung zumindest ein high-risk-Vorhaben gewesen, denn die Polizei betrieb damals schon Ermittlungen zur Auflösung des VLKB, wie Anfang Mai dann auch öffentlich bestätigt wurde. Anfang Juli wurde die Auflösung des Vereins durch das Landesverwaltungsgericht bestätigt. Nach Angaben der Identitären hat sich der Verein aber schon zuvor selbst aufgelöst und war seit 2018 faktisch inaktiv:
„Vielmehr hatte der Verein ab Beginn des Monsterprozesses gegen die IB 2018 einfach so gut wie keine Vereinstätigkeit durchgeführt – bedingt durch die staatliche Repression, die eine normale Vereinstätigkeit nicht zuließ. Letztendlich stellte der Verein seine Tätigkeiten nahezu ein, weshalb er schließlich die Auflösung bekannt gab.“ (IBÖ)
Demnach hat Philipp Samhaber das Kunststück geschafft, bis so ziemlich zum letztmöglichen Zeitpunkt an einen unbekannten und inaktiven Verein, der ganz klar den Identitären zuzuschreiben war und als deren Scheinverein aufgelöst wurde, monatlich Beiträge zu überweisen. Nicht schlecht!
„Sollte sich herausstellen, dass die Stellungnahme des Betroffenen nicht stimme, werde das Folgen haben“, verkündeten FPÖ und Norbert Hofer. Na dann!
P.S.: Nach den Anstrengungen zur Auflösung des VLKB sind die Bemühungen, die anderen vorgelagerten Unterstützungs- oder Spendenvereine der IBÖ aufzulösen, offensichtlich wieder erlahmt oder gar nicht betrieben worden. Den „Verein zur Erhaltung und Förderung der kulturellen Identität“ in Graz gibt es seit 2012 – bis heute. Sein Vorsitzender und allein nach außen Vertretungsberechtigter ist Martin Sellner. Auch der zweite Grazer Verein, der den Identitären zugeschrieben wird, existiert nach wie vor. Mit dem „Verein für unabhängige Medien- und Informationsarbeit“, der unter anderem das identitäre Online-Magazin „Die Tagesstimme“ betreibt, gibt es mittlerweile noch einen Verein im Vorfeld der Idis.
Norbert Hofer dürfte schon im April besser als die ÖVP gewusst haben, wie man für die IBÖ aktiv werden kann: „Es ist unvorstellbar, dass jemand, der bei uns aktiv ist, sagt, ‚Ich spende etwas oder ich gehe zu einer Veranstaltung oder Demo der Identitären‘.“