Haiders BZÖ rinnt aus

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Von der Öffent­lich­keit sträf­lich miss­ach­tet, spie­len sich bei der Hai­der-Par­tei Bünd­nis Zukunft Öster­reich (BZÖ) aktu­ell die ech­ten Dra­men ab. Nach der Instal­la­ti­on des mehr­mals aus der FPÖ aus­ge­schlos­se­nen Karl­heinz Kle­ment als Gene­ral­se­kre­tär des BZÖ Kärn­ten ging alles Schlag auf Schlag. Zunächst die Absa­ge des Obe­r­iden­ti­tä­ren hei­li­gen Mar­tin als Spit­zen­kan­di­dat, dann die Zusa­ge eines ande­ren Mar­tin, dazwi­schen die Auf­lö­sung des BZÖ Wien aus Pro­test gegen das BZÖ Kärn­ten, dann ein Aus­schluss der Spit­zen des BZÖ-Kärn­ten, dem post­wen­dend der Aus­schluss der Aus­schlie­ßer folg­te. Gro­ßes Kino!

Den Gene­ral­se­kre­tär des BZÖ Kärn­ten, Karl­heinz Kle­ment, müs­sen wir nur mehr stich­wort­ar­tig vor­stel­len. Drei Aus­schüs­se aus der FPÖ, eine Ver­ur­tei­lung wegen Ver­het­zung, ein miss­glück­tes Geheim­tref­fen mit dem Chef der neo­na­zis­ti­schen Euro­päi­schen Akti­on, Bern­hard Schaub, und dann noch ein tol­les Come­back als Gene­ral­se­kre­tär des BZÖ hin­le­gen, das muss ihm einer erst mal nachmachen!

Das BZÖ Kärn­ten ist mit ihm jeden­falls auf dem recht(sextrem)en Weg. Im Juli kurz­fris­tig woh­li­ges Erschau­ern bei den Kärnt­ner BZÖ-Fans: Der hei­li­ge Mar­tin von den Iden­ti­tä­ren soll Spit­zen­kan­di­dat des BZÖ für die Natio­nal­rats­wahl wer­den. Was für ein Coup! Doch lei­der sag­te der Wunsch­kan­di­dat des Gene­ral­se­kre­tärs ab – mit der wahr­lich demü­ti­gen Begrün­dung, dass er „vor­erst“ beim „patrio­ti­schen Aktio­nis­mus“ blei­ben wol­le. Man beach­te das Wört­chen „vor­erst“ und die Erläu­te­rung dazu, die einem die Trä­nen in die Augen treibt: „Ich möch­te, dass zuerst mein Name rein­ge­wa­schen wird und die Ermitt­lun­gen abge­schlos­sen sind. Bis dahin wer­de ich die­se patrio­ti­sche Par­tei mit mei­ner Prä­senz und Reich­wei­te unter­stüt­zen, soweit es mir mög­lich ist.”

Wäh­rend man sich beim BZÖ Kärn­ten trotz der Trös­tung, dass ja auch „noch ande­re pro­mi­nen­te Namen im Gespräch“ (kurier.at, 18.7.19) sei­en und der hei­li­ge Iden­ti­tä­re immer­hin als Unter­stüt­zer an Bord blei­be, in die brau­nen Taschen­tü­cher weint, bricht im BZÖ Wien – das gab es im Juli noch! – die Revol­te aus. Aus Pro­test gegen das BZÖ Kärn­ten und sei­ne Koope­ra­ti­on mit dem iden­ti­tä­ren Mar­tin beschloss man dort „ein­stim­mig“ die frei­wil­li­ge Selbst­auf­lö­sung. Die Ein­stim­mig­keit war ver­mut­lich sehr wört­lich zu neh­men – aber trotzdem.

Das BZÖ Kärn­ten ließ sich durch die­se Zwi­schen­ru­fe aus Wien natür­lich nicht irri­tie­ren, son­dern ver­folg­te kon­se­quent wei­ter den Weg zur Kan­di­da­tur bei der Natio­nal­rats­wahl, für die man nicht nur Unter­stüt­zungs­er­klä­run­gen, son­dern auch einen pro­mi­nen­ten Kan­di­da­ten brauch­te. Der Pro­mi­nen­te war in der Per­son des Mar­tin Rut­ter rasch gefun­den. Der zwei­te Mar­tin stell­te sich bereit­wil­lig in den Dienst der patrio­ti­schen Sache, weil er seit dem Ende sei­nes Land­tags­man­dats 2018 ohne­hin unter­be­schäf­tigt war.

Mar­tin Rut­ter kann zwar nicht – so wie der BZÖ-Gene­ral­se­kre­tär – drei Par­tei­aus­schlüs­se vor­wei­sen, son­dern nur einen, aber dafür bemer­kens­wer­te Ent­wick­lun­gen. Begon­nen hat der zwei­te Mar­tin näm­lich als Kan­di­dat der GRAS, werk­te dann kurz bei den Grü­nen, um 2012 zum Team Stro­nach zu wech­seln, aus dem dann das Team Kärn­ten wur­de und der Mar­tin nach der – aus­nahms­wei­se gesund­heits­be­ding­ten – Man­dats­nie­der­le­gung eines Team-Kol­le­gen des­sen Landtagsabgeordneter.

Als Rut­ter 2017 beim rechts­extre­men Ulrichs­berg­tref­fen eine Rede zum The­ma „Migra­ti­ons­lü­ge“ und den angeb­lich bewusst geplan­ten „Bevöl­ke­rungs­aus­tausch“ hielt, erfolg­te der Aus­schluss aus dem rech­ten, aber nicht rechts­extre­men Team Kärn­ten. Schon zuvor war der Man­da­tar durch Mel­dun­gen zu Chem­trails, Ner­ven­gif­ten, revi­sio­nis­ti­schen Mel­dun­gen zu Hit­lers Angriffs­krieg und ein Video auf­ge­fal­len, in dem er dem Lan­des­haupt­mann unter­stell­te, die Bevöl­ke­rung nicht über die „Fol­gen, Aus­wir­kun­gen und Kon­se­quen­zen der poli­tisch gewoll­ten Mas­sen­mi­gra­ti­on“ infor­mie­ren zu wollen.

Martin Rutter: Migrationslüge des LH Kaiser (Video 2017)

Mar­tin Rut­ter: Migra­ti­ons­lü­ge des LH Kai­ser (Video 2017)

Idea­le Start­be­din­gun­gen für eine rechts­extre­me Kar­rie­re, die sich Rut­ter – so wie Kle­ment – für die Land­tags­wahl 2018 noch bei einer „Alter­na­ti­ve für Kärn­ten“ (AfK) vor­stel­len woll­te. Aus dem Neu­start wur­de nichts, und so dock­te Rut­ter im Gefol­ge sei­nes AfK-Kame­ra­den Kle­ment beim BZÖ an, wo er nach der Absa­ge des iden­ti­tä­ren Mar­tin sofort zum Spit­zen­kan­di­da­ten avancierte.

Martin Rutter: Allianz der Patrioten

Mar­tin Rut­ter: Alli­anz der Patrioten

Der Vor­marsch der bei­den Neu­zu­gän­ge und die Instru­men­ta­li­sie­rung des geschrumpf­ten BZÖ-Häuf­chens für die völ­lig aus­sichts­lo­se Kan­di­da­tur bei der Natio­nal­rats­wahl erzürn­te eini­ge Funk­tio­nä­re so, dass sie Anfang Sep­tem­ber einen Auf­stand wag­ten. Mit Schrei­ben an den ORF Kärn­ten wur­de der Öffent­lich­keit mit­ge­teilt, dass Rut­ter, Kle­ment und der Obmann des BZÖ Kärn­ten, Nik­el, aus der Par­tei aus­ge­schlos­sen wor­den sei­en, weil sie die Kan­di­da­tur ohne Vor­stands­be­schluss betrieben.

Post­wen­dend erklär­te der aus­ge­schlos­se­ne BZÖ-Kärn­ten-Obmann Nik­el, dass die drei Vor­stands­mit­glie­der, die den Aus­schluss ver­fügt haben, die ein­zig wirk­lich Aus­ge­schlos­se­nen sei­en. Im Schrei­ben des Obmanns dann gleich die gro­ße Ent­las­tungs­of­fen­si­ve: „Es ent­steht der Ein­druck, daß es sich um einen geziel­ten Angriff von außen han­delt, indem man sich der schwächs­ten Funk­tio­nä­re bedient, die von sich aus nicht in der Lage wären, sol­che Brie­fe wie den­je­ni­gen an den ORF zu schrei­ben. Offen­bar ist das BZÖ mitt­ler­wei­le so erfolg­reich, daß man zu solch schä­bi­gen Mit­teln grei­fen muß.“ (OTS, 3.9.19)

Helmut Nikel: "Studien zum Klima sind erstunken und erlogen"

Hel­mut Nik­el: „Stu­di­en zum Kli­ma sind erstun­ken und erlogen”

Was soll man da noch sagen? Eine sehr hohe Mei­nung über die geis­ti­gen Kapa­zi­tä­ten sei­ner – mitt­ler­wei­le aus­ge­schlos­se­nen? — Vor­stands­mit­glie­der hat der – aus­ge­schlos­se­ne? – Obmann des stark geschrumpf­ten Häuf­chens offen­sicht­lich nicht. Der Rest des sich selbst in die Luft spren­gen­den rechts­extre­men BZÖ-Kärn­ten müht sich indes­sen unver­dros­sen im Wahl­kampf ab, kämpft gegen Gre­ta Thun­berg, das 5G-Netz und mit angeb­lich funk­ti­ons­un­fä­hi­gen, aber lau­fen­den Motor­sä­gen gegen die Aus­stel­lung der Bäu­me „For Forest“ im unge­nutz­ten Kla­gen­fur­ter Stadion.

Martin Rutter: Stadion, Freimaurer und Wahnsinn

Mar­tin Rut­ter: Sta­di­on, Frei­mau­rer und Wahnsinn

Unter­stüt­zung erhält das BZÖ Kärn­ten neu­er­dings aus Tirol. Dort wol­len unbe­kann­te Patrio­ten der Selbst­zer­stö­rung des BZÖ Ein­halt gebie­ten und haben ein „BZÖ Neu Tirol“ gegrün­det. Zumin­dest vir­tu­ell auf Face­book, aktu­ell schon mit 13 Likes! Das Mot­to der unbe­kann­ten Patrio­ten: „Trans­pa­renz, Ehr­lich­keit, Vertrauen“.

BZÖ neu Tirol Motto: Transparenz, Ehrlichkeit, Vertrauen

BZÖ neu Tirol Mot­to: Trans­pa­renz, Ehr­lich­keit, Vertrauen

Wie das zu ver­ste­hen ist, geht aus einem Pos­ting vom 19.8. 19 her­vor: „Wir geben nach der Natio­nal­rats­wahl 2019 unse­re Par­tei Füh­rung bekannt.

BZÖ Neu Tirol: Führung noch unbekannt

BZÖ Neu Tirol: Füh­rung noch unbekannt

Wenn das kei­ne zacki­ge trans­pa­ren­te Ansa­ge ist! Das Kino ruckelt also noch ein­mal wei­ter – wir sind gespannt.