Den Generalsekretär des BZÖ Kärnten, Karlheinz Klement, müssen wir nur mehr stichwortartig vorstellen. Drei Ausschüsse aus der FPÖ, eine Verurteilung wegen Verhetzung, ein missglücktes Geheimtreffen mit dem Chef der neonazistischen Europäischen Aktion, Bernhard Schaub, und dann noch ein tolles Comeback als Generalsekretär des BZÖ hinlegen, das muss ihm einer erst mal nachmachen!
Das BZÖ Kärnten ist mit ihm jedenfalls auf dem recht(sextrem)en Weg. Im Juli kurzfristig wohliges Erschauern bei den Kärntner BZÖ-Fans: Der heilige Martin von den Identitären soll Spitzenkandidat des BZÖ für die Nationalratswahl werden. Was für ein Coup! Doch leider sagte der Wunschkandidat des Generalsekretärs ab – mit der wahrlich demütigen Begründung, dass er „vorerst“ beim „patriotischen Aktionismus“ bleiben wolle. Man beachte das Wörtchen „vorerst“ und die Erläuterung dazu, die einem die Tränen in die Augen treibt: „Ich möchte, dass zuerst mein Name reingewaschen wird und die Ermittlungen abgeschlossen sind. Bis dahin werde ich diese patriotische Partei mit meiner Präsenz und Reichweite unterstützen, soweit es mir möglich ist.”
Während man sich beim BZÖ Kärnten trotz der Tröstung, dass ja auch „noch andere prominente Namen im Gespräch“ (kurier.at, 18.7.19) seien und der heilige Identitäre immerhin als Unterstützer an Bord bleibe, in die braunen Taschentücher weint, bricht im BZÖ Wien – das gab es im Juli noch! – die Revolte aus. Aus Protest gegen das BZÖ Kärnten und seine Kooperation mit dem identitären Martin beschloss man dort „einstimmig“ die freiwillige Selbstauflösung. Die Einstimmigkeit war vermutlich sehr wörtlich zu nehmen – aber trotzdem.
Das BZÖ Kärnten ließ sich durch diese Zwischenrufe aus Wien natürlich nicht irritieren, sondern verfolgte konsequent weiter den Weg zur Kandidatur bei der Nationalratswahl, für die man nicht nur Unterstützungserklärungen, sondern auch einen prominenten Kandidaten brauchte. Der Prominente war in der Person des Martin Rutter rasch gefunden. Der zweite Martin stellte sich bereitwillig in den Dienst der patriotischen Sache, weil er seit dem Ende seines Landtagsmandats 2018 ohnehin unterbeschäftigt war.
Martin Rutter kann zwar nicht – so wie der BZÖ-Generalsekretär – drei Parteiausschlüsse vorweisen, sondern nur einen, aber dafür bemerkenswerte Entwicklungen. Begonnen hat der zweite Martin nämlich als Kandidat der GRAS, werkte dann kurz bei den Grünen, um 2012 zum Team Stronach zu wechseln, aus dem dann das Team Kärnten wurde und der Martin nach der – ausnahmsweise gesundheitsbedingten – Mandatsniederlegung eines Team-Kollegen dessen Landtagsabgeordneter.
Als Rutter 2017 beim rechtsextremen Ulrichsbergtreffen eine Rede zum Thema „Migrationslüge“ und den angeblich bewusst geplanten „Bevölkerungsaustausch“ hielt, erfolgte der Ausschluss aus dem rechten, aber nicht rechtsextremen Team Kärnten. Schon zuvor war der Mandatar durch Meldungen zu Chemtrails, Nervengiften, revisionistischen Meldungen zu Hitlers Angriffskrieg und ein Video aufgefallen, in dem er dem Landeshauptmann unterstellte, die Bevölkerung nicht über die „Folgen, Auswirkungen und Konsequenzen der politisch gewollten Massenmigration“ informieren zu wollen.
Ideale Startbedingungen für eine rechtsextreme Karriere, die sich Rutter – so wie Klement – für die Landtagswahl 2018 noch bei einer „Alternative für Kärnten“ (AfK) vorstellen wollte. Aus dem Neustart wurde nichts, und so dockte Rutter im Gefolge seines AfK-Kameraden Klement beim BZÖ an, wo er nach der Absage des identitären Martin sofort zum Spitzenkandidaten avancierte.
Der Vormarsch der beiden Neuzugänge und die Instrumentalisierung des geschrumpften BZÖ-Häufchens für die völlig aussichtslose Kandidatur bei der Nationalratswahl erzürnte einige Funktionäre so, dass sie Anfang September einen Aufstand wagten. Mit Schreiben an den ORF Kärnten wurde der Öffentlichkeit mitgeteilt, dass Rutter, Klement und der Obmann des BZÖ Kärnten, Nikel, aus der Partei ausgeschlossen worden seien, weil sie die Kandidatur ohne Vorstandsbeschluss betrieben.
Postwendend erklärte der ausgeschlossene BZÖ-Kärnten-Obmann Nikel, dass die drei Vorstandsmitglieder, die den Ausschluss verfügt haben, die einzig wirklich Ausgeschlossenen seien. Im Schreiben des Obmanns dann gleich die große Entlastungsoffensive: „Es entsteht der Eindruck, daß es sich um einen gezielten Angriff von außen handelt, indem man sich der schwächsten Funktionäre bedient, die von sich aus nicht in der Lage wären, solche Briefe wie denjenigen an den ORF zu schreiben. Offenbar ist das BZÖ mittlerweile so erfolgreich, daß man zu solch schäbigen Mitteln greifen muß.“ (OTS, 3.9.19)
Was soll man da noch sagen? Eine sehr hohe Meinung über die geistigen Kapazitäten seiner – mittlerweile ausgeschlossenen? — Vorstandsmitglieder hat der – ausgeschlossene? – Obmann des stark geschrumpften Häufchens offensichtlich nicht. Der Rest des sich selbst in die Luft sprengenden rechtsextremen BZÖ-Kärnten müht sich indessen unverdrossen im Wahlkampf ab, kämpft gegen Greta Thunberg, das 5G-Netz und mit angeblich funktionsunfähigen, aber laufenden Motorsägen gegen die Ausstellung der Bäume „For Forest“ im ungenutzten Klagenfurter Stadion.
Unterstützung erhält das BZÖ Kärnten neuerdings aus Tirol. Dort wollen unbekannte Patrioten der Selbstzerstörung des BZÖ Einhalt gebieten und haben ein „BZÖ Neu Tirol“ gegründet. Zumindest virtuell auf Facebook, aktuell schon mit 13 Likes! Das Motto der unbekannten Patrioten: „Transparenz, Ehrlichkeit, Vertrauen“.
Wie das zu verstehen ist, geht aus einem Posting vom 19.8. 19 hervor: „Wir geben nach der Nationalratswahl 2019 unsere Partei Führung bekannt.“
Wenn das keine zackige transparente Ansage ist! Das Kino ruckelt also noch einmal weiter – wir sind gespannt.