Die FPÖ und ihre blauen Connections

Die Recht­sex­tremen haben ein kom­pliziertes Ver­hält­nis zu den alten Adels­geschlechtern. Während die AfD, die einige Adelige brav mit Man­dat­en ver­sorgt, ger­ade ihre frühere Lan­desvor­sitzende Doris Sayn-Wittgen­stein wegen recht­sex­tremer Kon­tak­te auss­chließen musste, set­zten die öster­re­ichis­chen Blauen einen Blaublüti­gen auf ihrer Bun­desliste für die Nation­al­ratswahl – dur­chaus an wählbar­er Stelle. Zwar von niederem Adel, aber mit besten Beziehun­gen nach ganz oben hin.

In Wien hat die FPÖ ja schon mit den Abge­ord­neten Karl Baron, Johann Her­zog und Mar­tin Graf so etwas wie blaues Blut simuliert, aber das gilt natür­lich nicht.  Daher wurde eine richtige Strate­gie entwick­elt, um den ori­en­tierungslosen Adel, der sich so schw­er tut mit Demokratie und Repub­lik, einzukochen. Der St. Georgs-Orden bot sich an. Der hat einen Kaiser­lichen an der Spitze, der in der orden­seige­nen Darstel­lung ganz ehrfürchtig als „S.k.k.H. Karl von Hab­s­burg“ und „Großmeis­ter“ ein­er Regierung des St. Georgs-Ordens präsen­tiert wird. Damit da nichts anbren­nen kann an der Spitze dieser Regierung, ist auch der stel­lvertre­tende Großmeis­ter ein „S.k.k.H.“, näm­lich „Georg von Habsburg“.

Logo St. Georgs-Orden

Logo St. Georgs-Orden

Wo’s eine kaiser­liche Regierung gibt, gibt’s natür­lich einige hochtra­bende Funk­tio­nen: Kan­zler, Vizekan­zler, Proku­ra­tor, ja sog­ar einen Pro­tek­tor für Großbri­tan­nien und Nordir­land. Natür­lich alles in adeli­gen Hän­den! Aber es gibt ja auch noch Höflinge, die hier „Ehren­rit­ter“ genan­nt und zu solchen ernan­nt wer­den. Denn: „Der Orden ist elitär. Die Auf­nahme erfol­gt auss­chließlich nach geprüftem Vorschlag eines Ordens­mit­gliedes.

die Habsburger-Krone im Logo des St. Georgs-Orden (© wikipedia)

die Hab­s­burg­er-Kro­ne im Logo des St. Georgs-Orden (© wikipedia)

Die „Ehren­rit­ter“, die im St. Georgs-Orden fleißig Bück­linge vor ein­er absur­den adeli­gen Ord­nung machen dür­fen, kamen in der Ver­gan­gen­heit aus dem kon­ser­v­a­tiv-klerikalen Lager. Gut, einen Quoten-Roten hat der Orden auch! Es ist – nicht schw­er zu errat­en – Karl Schlögl, aber wer erken­nt den noch als Roten? Da man nur dann als „Ehren­rit­ter“ in der vom Hochadel ange­haucht­en Runde lan­den kann, wenn man von einem Ordens­mit­glied vorgeschla­gen wird, war für die Blauen an der Orden­sp­forte die läng­ste Zeit Endstation.

Dann trat der Proku­ra­tor des Ordens, Nor­bert van Han­del, der sich als Baron beze­ich­net, in Vor­lage. Weil Teile der ÖVP den Präsi­dentschaft­skan­di­dat­en Alexan­der van der Bellen unter­stützten, war Nor­bert van Han­del so empört, dass er seine Tra­di­tion­spartei ver­ließ, den Nor­bert Hofer in eine Cess­na Cita­tion pack­te, um ihn dem tschechis­chen Präsi­den­ten zu empfehlen.

So läuft das näm­lich unter Ordens­brüdern! Hofer durfte sich zu diesem Zeit­punkt näm­lich schon „Ehren­rit­ter“ von „S.k.k.H.“ nen­nen und mit ihm einige andere Blaue auch. Proku­ra­tor van Han­del dürfte da nicht ganz unbeteiligt gewe­sen sein. „pro­fil“ Nr. 35 vom 25.8.2019 berichtet jedenfalls:

In nur weni­gen Jahren hat sich die Zahl der Mit­glieder von rund 300 auf 600 ver­dop­pelt – eine Expan­sion, die ohne die Blaufär­bung des Ordens nicht zu erk­lären wäre. Heute sind unter anderem Johann Gude­nus und Markus Tschank Teil der illus­tren Runde.“

Hel­mut Gün­ther als Kan­zler, Han­del als Proku­ra­tor, Her­bert Haupt, Har­ald Ofn­er, Nor­bert Hofer als Ehren­rit­ter, Ursu­la Sten­zel als Ehren­dame, weit­ere Blaue in niederen Funk­tio­nen oder als ein­fache Mit­glieder – die Parteiblauen stürmten den Orden! Diese pro­fane Blaufär­bung des kaiser­lichen Ordens war „S.k.k.H.“ zu viel. Er set­zte seinen Kan­zler, den früheren Sek­tion­schef im Sozialmin­is­teri­um und FPÖ-Land­tagsab­ge­ord­neten Hel­mut Gün­ther, ab und degradierte ihn zum ein­fachen Ordens­mit­glied. Seinen Proku­ra­tor van Han­del machte er zunächst zum Ehren­proku­ra­tor und ließ mit­tler­weile zur Sicher­heit noch hinzufü­gen: „Funk­tion ruhend gestellt“.

St. Georgs-Orden: Funktion ds Ehren-Prokurator Handel ruhend gestellt

St. Georgs-Orden: Funk­tion ds Ehren-Proku­ra­tor Han­del ruhend gestellt

Das „pro­fil“ will sog­ar wis­sen, dass Johann Gude­nus und Markus Tschank gebeten wur­den, den Orden zu ver­lassen. Wobei wir hier der Gerechtigkeit hal­ber anfü­gen müssen: In Johann Gude­nus fließt wirk­lich blaues Blut, nicht nur das pro­fane poli­tis­che, wie der Wiki-Biogra­phie seines Vaters, des Holo­caustleugn­ers John Gude­nus zu ent­nehmen ist. Aber Gude­nus Jr. hat ver­mut­lich momen­tan andere Sor­gen als die um seine Mit­glied­schaft zum adeli­gen Orden.

Der ruhend gestellte Ehren­proku­ra­tor wird sich also in Zukun­ft nicht mehr um die Zufuhr von poli­tisch Blauen zum blauen Orden küm­mern dür­fen. In einem – vornehm aus­ge­drückt – ziem­lich höfis­chen Porträt des „Kuri­er“ (19.8.19) über den Adel­skan­di­dat­en der FPÖ war kein Ster­benswörtchen über die Orden­skon­flik­te zu lesen, natür­lich auch nicht über braune Fleck­en der FPÖ. Der zweifache Schloss­be­sitzer Han­del, der sich noch im Juli im „Stan­dard“ über die „wahnsin­nige Belas­tung“ durch seinen Schloss­be­sitz beklagt hat, will jet­zt einen „Bauern­wahlkampf“ machen. Wird er ihnen von seinen „wahnsin­ni­gen Belas­tun­gen“ erzählen? Oder wer­den die Sor­gen und Belas­tun­gen der Schloss­be­sitzer ein The­ma im Nation­al­rat, dem er kün­ftig mit einiger Wahrschein­lichkeit ange­hören wird? Nor­bert Hofer ist jeden­falls laut Nor­bert van Han­del schon sehr ges­pan­nt auf seine erste Rede, erzählt er dem „Kuri­er“. Sollte es doch nicht klap­pen mit dem Einzug, kann er seine Sor­gen jeden­falls ganz oben, bei „S.k.k.H.“ abladen: Ich bin mit ihm per Du”, ließ er den „Stan­dard“ wissen.