In Wien hat die FPÖ ja schon mit den Abgeordneten Karl Baron, Johann Herzog und Martin Graf so etwas wie blaues Blut simuliert, aber das gilt natürlich nicht. Daher wurde eine richtige Strategie entwickelt, um den orientierungslosen Adel, der sich so schwer tut mit Demokratie und Republik, einzukochen. Der St. Georgs-Orden bot sich an. Der hat einen Kaiserlichen an der Spitze, der in der ordenseigenen Darstellung ganz ehrfürchtig als „S.k.k.H. Karl von Habsburg“ und „Großmeister“ einer Regierung des St. Georgs-Ordens präsentiert wird. Damit da nichts anbrennen kann an der Spitze dieser Regierung, ist auch der stellvertretende Großmeister ein „S.k.k.H.“, nämlich „Georg von Habsburg“.
Wo’s eine kaiserliche Regierung gibt, gibt’s natürlich einige hochtrabende Funktionen: Kanzler, Vizekanzler, Prokurator, ja sogar einen Protektor für Großbritannien und Nordirland. Natürlich alles in adeligen Händen! Aber es gibt ja auch noch Höflinge, die hier „Ehrenritter“ genannt und zu solchen ernannt werden. Denn: „Der Orden ist elitär. Die Aufnahme erfolgt ausschließlich nach geprüftem Vorschlag eines Ordensmitgliedes.“
Die „Ehrenritter“, die im St. Georgs-Orden fleißig Bücklinge vor einer absurden adeligen Ordnung machen dürfen, kamen in der Vergangenheit aus dem konservativ-klerikalen Lager. Gut, einen Quoten-Roten hat der Orden auch! Es ist – nicht schwer zu erraten – Karl Schlögl, aber wer erkennt den noch als Roten? Da man nur dann als „Ehrenritter“ in der vom Hochadel angehauchten Runde landen kann, wenn man von einem Ordensmitglied vorgeschlagen wird, war für die Blauen an der Ordenspforte die längste Zeit Endstation.
Dann trat der Prokurator des Ordens, Norbert van Handel, der sich als Baron bezeichnet, in Vorlage. Weil Teile der ÖVP den Präsidentschaftskandidaten Alexander van der Bellen unterstützten, war Norbert van Handel so empört, dass er seine Traditionspartei verließ, den Norbert Hofer in eine Cessna Citation packte, um ihn dem tschechischen Präsidenten zu empfehlen.
So läuft das nämlich unter Ordensbrüdern! Hofer durfte sich zu diesem Zeitpunkt nämlich schon „Ehrenritter“ von „S.k.k.H.“ nennen und mit ihm einige andere Blaue auch. Prokurator van Handel dürfte da nicht ganz unbeteiligt gewesen sein. „profil“ Nr. 35 vom 25.8.2019 berichtet jedenfalls:
„In nur wenigen Jahren hat sich die Zahl der Mitglieder von rund 300 auf 600 verdoppelt – eine Expansion, die ohne die Blaufärbung des Ordens nicht zu erklären wäre. Heute sind unter anderem Johann Gudenus und Markus Tschank Teil der illustren Runde.“
Helmut Günther als Kanzler, Handel als Prokurator, Herbert Haupt, Harald Ofner, Norbert Hofer als Ehrenritter, Ursula Stenzel als Ehrendame, weitere Blaue in niederen Funktionen oder als einfache Mitglieder – die Parteiblauen stürmten den Orden! Diese profane Blaufärbung des kaiserlichen Ordens war „S.k.k.H.“ zu viel. Er setzte seinen Kanzler, den früheren Sektionschef im Sozialministerium und FPÖ-Landtagsabgeordneten Helmut Günther, ab und degradierte ihn zum einfachen Ordensmitglied. Seinen Prokurator van Handel machte er zunächst zum Ehrenprokurator und ließ mittlerweile zur Sicherheit noch hinzufügen: „Funktion ruhend gestellt“.
Das „profil“ will sogar wissen, dass Johann Gudenus und Markus Tschank gebeten wurden, den Orden zu verlassen. Wobei wir hier der Gerechtigkeit halber anfügen müssen: In Johann Gudenus fließt wirklich blaues Blut, nicht nur das profane politische, wie der Wiki-Biographie seines Vaters, des Holocaustleugners John Gudenus zu entnehmen ist. Aber Gudenus Jr. hat vermutlich momentan andere Sorgen als die um seine Mitgliedschaft zum adeligen Orden.
Der ruhend gestellte Ehrenprokurator wird sich also in Zukunft nicht mehr um die Zufuhr von politisch Blauen zum blauen Orden kümmern dürfen. In einem – vornehm ausgedrückt – ziemlich höfischen Porträt des „Kurier“ (19.8.19) über den Adelskandidaten der FPÖ war kein Sterbenswörtchen über die Ordenskonflikte zu lesen, natürlich auch nicht über braune Flecken der FPÖ. Der zweifache Schlossbesitzer Handel, der sich noch im Juli im „Standard“ über die „wahnsinnige Belastung“ durch seinen Schlossbesitz beklagt hat, will jetzt einen „Bauernwahlkampf“ machen. Wird er ihnen von seinen „wahnsinnigen Belastungen“ erzählen? Oder werden die Sorgen und Belastungen der Schlossbesitzer ein Thema im Nationalrat, dem er künftig mit einiger Wahrscheinlichkeit angehören wird? Norbert Hofer ist jedenfalls laut Norbert van Handel schon sehr gespannt auf seine erste Rede, erzählt er dem „Kurier“. Sollte es doch nicht klappen mit dem Einzug, kann er seine Sorgen jedenfalls ganz oben, bei „S.k.k.H.“ abladen: „Ich bin mit ihm per Du”, ließ er den „Standard“ wissen.