Was hat das eine mit dem anderen zu tun? Auf den ersten Blick nicht viel. Und doch: Die schwarzblaue Landesregierung Oberösterreichs hungert die Kulturinitiativen (auf die das Land bisher immer stolz war und auch stolz sein konnte) finanziell aus, während sie andererseits den Motorradhersteller KTM mit Kulturförderung für eine Dauerausstellung seiner Motorräder überhäuft.
Die Wertigkeit der Arbeit von Kunst- und Kulturschaffenden kommt aber auch in einer Entscheidung der Staatsanwaltschaft Innsbruck zum Vorschein. Als Innenminister Kickl im Jänner dieses Jahres seinen unsäglichen Spruch über das Recht, das der Politik zu folgen habe, kundtat, gab es viel öffentlichen Protest dagegen, darunter von mehr als dreihundert Kunst- und Kulturschaffenden.
„Kickl muss gehen“, forderten sie und begründeten das wie folgt:
Ich glaube immer noch, dass der Grundsatz gilt, dass das Recht der Politik zu folgen hat und nicht die Politik dem Recht“, dozierte Innenminister Herbert Kickl im ORF-Report vom 22.1.2019. Dieser Grundsatz galt tatsächlich in unseligen Zeiten, als etwa die NSDAP Rechtsorgane schriftlich anherrschte, es sei „völlig abwegig und ausgeschlossen, dass die Staatsanwaltschaft die Gesetzmäßigkeit von Maßnahmen der Verwaltungsbehörde oder einer Parteidienststelle überprüft“, die Mord und Totschlag zur Folge hatten.
Die Politik hat in der Demokratie das Recht ohne Wenn und Aber zu respektieren, die in der Verfassung festgelegten Prinzipien der Gewaltentrennung und Rechtsstaatlichkeit sind zu garantieren.
Österreichischen Parteien steht es frei, national und auf EU-Ebene für die Veränderung bestehender Gesetze um je nötige Mehrheiten zu werben. Wer allerdings das Völkerrecht aushebeln will, die Menschenrechtskonvention in Frage stellt und die Gewaltentrennung und Gleichheit vor dem Gesetz als Hindernis für seine Vorhaben begreift, ist als Innenminister untragbar. Herbert Kickl muss gehen, und zwar sofort.
Die Facebook-Seite „FPÖ Fan Club“, die von fast 12.000 Menschen abonniert wurde, verlinkte zu dem Aufruf mit dem Kommentar „Das SPÖ Kontrast Magazin und die Staatskünstler“. Die Reaktionen waren dementsprechend: „Drecksgesindel“, „Trotteln“, „Nichts Nutzer“, „Bahnhofspenner“, „ÖsterreichverräterInnen“, „Denunzianten“ usw., aber vor allem: Streicht bzw. kürzt ihnen die Förderungen, die „von unseren Steuergeldern bezahlt“ werden.
Damit haben die FPÖ-Fans jedenfalls das kulturelle Niveau der oberösterreichischen Landesregierung erreicht. Es gab aber auch Kommentare, in denen nicht nur geschimpft, sondern auch gedroht wurde. Einen von ihnen, den Kommentar von Herbert T. („Super jetzt haben wir eine Liste und wenn es dann soweit ist wissen wir wer abgeholt werden muss“), zeigte die IG AutorInnen bei der Staatsanwaltschaft an. Die ermittelte auch und stellte im Juni das Verfahren mit folgender Begründung ein:
Das Ermittlungsverfahren gegen Herbert T. wegen § 107 Abs 1 StGB wird gemäß § 190 Z 2 StPO mangels Schuldnachweis eingestellt.
Nach Ausforschung und Einvernahme des unbescholtenen und auch sonst bislang nicht in Erscheinung getretenen Beschuldigten ist davon auszugehen, dass dieser das inkriminierte Posting unter Einfluss starker Medikamente geschrieben hat, sodass insgesamt dessen Absicht, einen anderen in Furcht und Unruhe zu versetzen, nicht nachweisbar ist.
Die Staatsanwaltschaft führt leider nicht aus, wie sie zu der Annahme gekommen ist, dass der Beschuldigte sein Posting „unter Einfluss starker Medikamente geschrieben hat“.
Dass der Beschuldigte „auch sonst bislang nicht in Erscheinung getreten“ ist, kann man wohl auch nur behaupten, wenn man die Augen schließt und das Facebook-Konto von Herbert T. völlig ignoriert. Dem Schriftsteller Ludwig Laher ist in seinem „Standard“-Kommentar „Ein österreichisches Sittenbild“ dazu schon folgendes aufgefallen:
Herbert T.s Facebook-Seite macht übrigens mit weiblichen Riesenbrüsten und einem FPÖ-Badge auf, als Lieblingszitat benennt er ‚Die Fahne ist mehr als der Tod’. Herr T. gesteht also freimütig ein zu wissen, dass dieser elende Satz ein Zitat ist, und zwar schließt so Baldur von Schirachs Fahnenlied der Hitler-Jugend.
Herberts Lieblingszitat haben wir nicht mehr gefunden, dafür aber neben seinen Vorlieben für weibliche Riesenbrüste, Gerald Grosz und Altdeutsche Schäferhunde politische Likes, die durchaus das von Laher erwähnte Nazi-Zitat unterstreichen, etwa solche für die NPD, die „Freie Heimatliche Bewegung“, das SS-Regiment „Frundsberg“ und die FB-Seite „Völkischer Widerstand“, die sich zum Ziel setzt: „Wir Deutschen haben nicht nur das Recht,sondern sogar die Pflicht unseren Ahnen gegenüber ‚Deutschland als das Land der Deutschen zu erhalten.“ [Fehler im Original, Anmk. SdR]
Sein Lieblingszitat von Schirach, dem Reichsjugendführer und Wiener Gauleiter der Nazis, hat Herbert mittlerweile gelöscht, noch nicht aber seine zahlreichen Likes, die deutlich unterstreichen, welche Geistesgröße und Gesinnung aus ihm leuchtet, auch wenn sie für die Ermittlungsbehörden „bislang nicht in Erscheinung“ getreten ist.
Die IG AutorInnen hat das Schirach-Zitat jedenfalls zum Anlass genommen, um eine Nachtragsanzeige bei der Staatsanwaltschaft Innsbruck einzubringen. Wir sind schon gespannt auf die Ermittlungsergebnisse bzw. die starken Medikamente, die Herbert für Schirach und Co eingenommen hat.
Download Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft Innsbruck