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Der NSU und die Kontakte zum österreichischen „Blood & Honour”-Netzwerk

Ver­gan­ge­nen Frei­tag, am 15.9., trat Cor­ry­na Görtz als Zeu­gin von den hes­si­schen NSU-Unter­­su­chungs­­aus­­schuss (UA). Die der­zeit Inhaf­tier­te wur­de von der Bun­des­an­walt­schaft für den Pro­zess in Mün­chen nicht als wich­tig genug erach­tet, um als Zeu­gin vor­ge­la­den zu wer­den, obwohl sie Kon­takt zum NSU-Kern­­trio gehabt haben könn­te. Gegen­stand der Befra­gung im hes­si­schen UA war Görtz’ Zeit als […]

19. Sep 2017

Cor­ry­na Görtz wur­de laut Auf­zeich­nun­gen des Lan­des­kri­mi­nal­am­tes als Mit­glied des „Thü­rin­ger Hei­mat­schutz” gelis­tet, jener Grup­pe in der auch Bea­te Zsch­ä­pe, Uwe Mund­los und Uwe Böhn­hardt aktiv waren und aus der der NSU her­vor­ge­gan­gen war. Außer­dem wur­de ihr vor­ge­hal­ten, Kon­tak­te zum deut­schen und öster­rei­chi­schen „Blood & Honour”-Netzwerk gehabt zu haben. Görtz bestrei­tet die Vor­hal­te und gab an „da nicht aktiv drin gewe­sen“ zu sein. Sie sei nur mit ihrem dama­li­gen Lebens­ge­fähr­ten Dirk Win­kel aktiv gewe­sen und nach der Bezie­hung aus­ge­stie­gen. Ein Nar­ra­tiv, das sich auch bei Bea­te Zsch­ä­pes Aus­sa­gen im Münch­ner NSU-Pro­zess fin­den lässt, bei der die akti­ve Teil­ha­be von Frau­en in der rechts­extre­men Sze­ne an die Ein­stel­lun­gen eines Lebens­ge­fähr­ten oder Part­ners geknüpft wer­den. So wird die eige­ne Rol­le zu einer pas­si­ven ver­klärt und die (Mit-)Verantwortung negiert. Zsch­ä­pe behaup­tet bis heu­te von den Mor­den und Spreng­stoff­an­schlä­gen, die vom NSU began­gen wor­den sind, nichts gewusst zu haben.

Zwi­schen Herbst 2005 und März 2006 befand sich Görtz im offe­nen Voll­zug in Bau­na­tal, süd­lich von Kas­sel, wo im April 2006 Halit Yoz­gat in sei­nem Inter­net-Café ermor­det wur­de. Görtz gab an, in die­ser Zeit mehr­mals in Yoz­gats Café gewe­sen zu sein. Es wur­de ihr von Mit­ge­fan­ge­nen wegen sei­ner güns­ti­gen Lage emp­foh­len, so ihre Aus­sa­ge. Dabei blieb sie auch, nach­dem ihr vor­ge­hal­ten wur­de, dass die Stra­ßen­bahn­fahrt von Bau­na­tal zu Yoz­gats Café unge­fähr 45 Minu­ten daue­re und in unmit­tel­ba­rer Nähe der JVA ande­re Inter­net-Cafés zu errei­chen gewe­sen sei­en. Beim NSU-Kern­trio wur­de eine Skiz­ze von Yoz­gats Café gefun­den. Die Fra­ge, wie der NSU sei­ne mut­maß­li­chen Opfer aus­ge­wählt hat und wer die Tat­or­te aus­ge­späht hat, zählt bis heu­te zu den vie­len gro­ßen Rät­seln im NSU-Komplex.

Zu ihrer Zeit in Öster­reich wur­de Cor­ry­na Görtz nur kurz befragt. Sie mach­te gleich von ihrem Recht auf Aus­sa­ge­ver­wei­ge­rung Gebrauch, als die SPD-Abge­ord­ne­te Nan­cy Frae­ser wis­sen woll­te, ob sie Kon­takt zu öster­rei­chi­schen Behör­den wie zum Bei­spiel dem Ver­fas­sungs­schutz gehabt hat­te. Offen­bar hat­te Görtz in die­sem Fall Angst, sich selbst belas­ten zu müs­sen. Görtz setz­te sich im Jahr 2000 mit ihrem Freund Dirk Win­kel in den deutsch-ober­ös­ter­rei­chi­schen Grenz­raum ab, um einer dro­hen­den Haft­stra­fe zu ent­ge­hen. Dort wur­de vom öster­rei­chi­schen Ver­fas­sungs­schutz ein paar Jah­re spä­ter eine neue „Blood & Honour”-Gruppe regis­triert – unter Betei­li­gung deut­scher Neonazis.