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Wer oder was ist „unzensuriert“?

Seit Anfang April gibt es „unzen­su­riert“ auch in einer bun­des­deut­schen Aus­ga­be. Deutsch-deutsch sozu­sa­gen. Neben der Län­der­ken­nung .at jetzt auch mit .de. Beson­ders aktu­el­le Heu­ler hat das Por­tal noch nicht im Ange­bot. Unter „Aktu­ell“ wird ein Video von „unzen­­su­riert-TV“ über den Kon­gress „Ver­tei­di­ger Euro­pas“ ange­bo­ten, der Ende Okto­ber 2016 in Linz statt­fand. Dabei gäbe es einige […]

6. Apr 2017

Seit 2009 erscheint „unzen­su­riert“ mit sei­ner Öster­reich-Aus­ga­be. Ins Leben geru­fen von Mar­tin Graf, dem dama­li­gen Drit­ten Prä­si­den­ten des Natio­nal­ra­tes, hat das Por­tal jah­re­lang in ers­ter Linie von sei­nem Lese­rIn­nen-Forum gelebt, in dem sich Rechts­extre­me und Neo­na­zis ziem­lich unge­bremst aus­to­ben durf­ten. Orga­ni­siert wur­de das Por­tal vom Beginn weg durch den Büro­lei­ter von Mar­tin Graf, Wal­ter Asperl, der so wie sein Chef „Olympia“-Burschenschafter ist, und durch Alex­an­der Höferl, Bur­schen­schaf­ter der Wie­ner Gothia, der damals als Pres­se­spre­cher von Graf fungierte.

Wäh­rend die Akti­vi­tä­ten von „unzen­su­riert“ zunächst nur über den Ver­ein „unzen­su­riert – Ver­ein zur För­de­rung der Medi­en­viel­falt“ lie­fen, der bis heu­te von Wal­ter Asperl als Obmann und Alex­an­der Höferl als sei­nem Stell­ver­tre­ter gelei­tet wird, wur­de Ende 2011 eine Fir­ma gegrün­det, die seit 2012 „1848-Medi­en­viel­falt Ver­lags GmbH“ heißt.

Und ab da wird es dann inter­es­sant. Oder wie der Ber­li­ner „Tages­spie­gel“ in sei­nem Bericht über die Expan­si­on von „unzen­su­riert“ nach Deutsch­land schreibt: „Wer genau hin­ter „unzensuriert.at“ und auch hin­ter dem neu­en deut­schen Able­ger steckt, ist unklar.“ So ist es! Aber wäre nicht genau die Recher­che über das extrem rech­te Por­tal, das anschei­nend von nie­man­dem gelei­tet, geschrie­ben und finan­ziert wird, die Auf­ga­be von Medien?

Zunächst ein­mal zur Redak­ti­on von „unzen­su­riert“: Die gibt es nicht. Zumin­dest wird nie­mand genannt – weder eine Chef­re­dak­ti­on, noch Redak­teu­rIn­nen oder Schrei­be­rIn­nen im wei­te­ren Sinn. Das Impres­sum ver­weist auf die „1848“-GmbH und schreibt dann zur Erläu­te­rung: „Täg­lich wer­den etwa acht Arti­kel ver­öf­fent­licht, so dass [sic!] im Lau­fe eines Jah­res an die 3.000 neue Arti­kel ins Sys­tem gestellt werden.“

Bis zum Aus­schei­den von Mar­tin Graf aus dem Natio­nal­rat 2013 war zumin­dest die Funk­ti­on des Chef­re­dak­teurs noch irgend­wie klar: Alex­an­der Höferl. Aber der demen­tiert seit­her immer wie­der. Ver­ständ­lich, denn Höferl ist mitt­ler­wei­le zum Kom­mu­ni­ka­ti­ons­chef der FPÖ avan­ciert. Als sol­cher ist er unter ande­rem für die Kom­mu­ni­ka­ti­on sei­nes Par­tei­chefs auf Face­book und für FPÖ-TV zustän­dig. Da passt es nicht wirk­lich gut, auch als Chef­re­dak­teur der Dreck­schleu­der „unzensuriert.at“ ver­ant­wort­lich gemacht zu wer­den. Obwohl das eine in das ande­re greift: „unzen­su­riert“ pro­du­ziert eine Mel­dung, Stra­che teilt und kom­men­tiert sie auf „Face­book“, sei­ne Fans über­neh­men, und so wird „unzen­su­riert“ im Netz verteilt.

Schon vor der Grün­dung des deut­schen Web-Auf­tritts von „unzen­su­riert“ hat das Por­tal mehr Lese­rIn­nen in Deutsch­land gehabt als in Öster­reich, berich­tet der „Stan­dard“. Bei der nicht unpro­ble­ma­ti­schen Metho­de des Blogs 10000flies.de, die Rele­vanz von Online-Medi­en in sozia­len Netz­wer­ken zu bewer­ten, hat es in den letz­ten Jah­ren eini­ge signi­fi­kan­te Aus­rei­ßer zu Guns­ten von „unzen­su­riert“ gege­ben. Ziem­lich sicher ein Resul­tat davon, dass „unzen­su­riert“ in eine kon­zer­tan­te Medi­enstra­te­gie ein­ge­bun­den ist.

Wenn sich Jour­na­lis­tIn­nen näher mit „unzen­su­riert“ aus­ein­an­der­set­zen wol­len, droht ihnen Unge­mach, berich­tet das „pro­fil“ (30.11.16).

Angriff ist die bes­te Ver­tei­di­gung, dach­te sich wohl Wal­ter Asperl. Der FPÖ-Mit­ar­bei­ter und Geschäfts­füh­rer des rech­ten Online­me­di­ums unzensuriert.at wur­de ver­gan­ge­ne Woche von pro­fil mit eini­gen Fra­gen kon­fron­tiert: Wie begrün­det er die aus­ge­spro­chen freund­li­che Bericht­erstat­tung gegen­über der FPÖ? War­um nimmt die Site bevor­zugt Migran­ten und Jour­na­lis­ten ins Visier?
Statt zu ant­wor­ten, wid­me­te Asperl dem „Inves­ti­ga­tiv-Duo Brodnig/Winter“ einen Arti­kel und mach­te die Anfra­ge „die­ser ‚seriö­sen Jour­na­lis­ten‘“ (wohl­ge­merkt unter Anfüh­rungs­zei­chen) zum The­ma. Sogleich echauf­fier­ten sich die unzensuriert.at-Nutzer über „blö­de Lügen­pres­se“, „Sys­tem­me­di­en“ und „lin­ke Schmie­rer“. Dabei war der pro­fil-Arti­kel noch gar nicht in Druck gegangen.

Wal­ter Asperl, der zusam­men mit Höferl „unzen­su­riert“ auf­ge­baut hat, ist auch ein viel­be­schäf­tig­ter Mann. Er ist sogar Prä­si­dent – in der Österreich–Paraguay-Gesellschaft. Im Franz Ding­ho­fer-Insti­tut fun­giert er als Obmann, wäh­rend er bei der „zuerst-it.at“ Geschäfts­füh­rer ist. Im FPÖ-Klub wird er als Refe­rent für „Unter­richt, Kul­tur, Wis­sen­schaft und For­schung“ geführt. Bei der „1848“ GmbH ist er Geschäfts­füh­rer, beim Ver­ein „unzen­su­riert“ Obmann.

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