Blut und Tod — die rechtsextreme Symbolik der Identitären

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In der Nacht auf den 23. August haben Iden­ti­tä­re vor dem Grü­nen Haus in Graz Sär­ge aus Kar­ton abge­legt, weil – so die absur­de Begrün­dung — an den Hän­den der Grü­nen das Blut des Ter­rors kle­be. Anfang April haben die Rechts­extre­men das Dach des Grü­nen Hau­ses in Graz besetzt und bei die­ser Akti­on Kunst­blut ver­spritzt. Ihren Aktio­nen ver­su­chen die Iden­ti­tä­ren den Spin zu geben, es hand­le sich dabei um von den Lin­ken und Grü­nen über­nom­me­ne Akti­ons­for­men. Aber stimmt das?

Rein äußer­lich könn­te man viel­leicht die Ansicht der Iden­ti­tä­ren ver­tre­ten, sie hät­ten den Lin­ken und Grü­nen „ihre“ Akti­ons­for­men ent­wen­det und wür­den sie nun gegen ihre „Erfin­der“ rich­ten. Der Unter­schied ist — von weni­gen Über­schnei­dun­gen abge­se­hen – aller­dings fun­da­men­tal. Fast alle „iden­ti­tä­ren“ bzw. rechts­extre­men Akti­ons­for­men haben den Zweck, Angst und Schre­cken zu ver­brei­ten und ein­zu­schüch­tern. Sie arbei­ten mit sehr wir­kungs­mäch­ti­gen Sym­bo­li­ken, die zur Ver­stär­kung oft mit­ein­an­der kom­bi­niert werden.


Iden­ti­tä­re am Dach des Grü­nen Hau­ses in Graz…
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Bei der Sarg­ak­ti­on der Iden­ti­tä­ren vor dem Grü­nen Haus waren es die Sym­bo­le Sarg (und damit Tod), Blut, Ter­ror, die den Grü­nen zuge­ord­net wur­den. Als die Iden­ti­tä­ren am 14. April 2016 die Büh­ne im Audi­max der Uni­ver­si­tät stürm­ten, wo gera­de das Stück „Die Schutz­be­foh­le­nen“ unter Betei­li­gung von Flücht­lin­gen auf­ge­führt wur­de, spritz­ten sie Men­schen mit Kunst­blut an, ver­teil­ten Flug­blät­ter mit dem Text „Mul­ti­kul­ti tötet“ und ent­roll­ten ein Trans­pa­rent mit der Inschrift “Heuch­ler. Unser Wider­stand gegen eure Deka­denz‘‘.

Stürmung der Vorstellung "Die Schutzbefohlen" im audimax der Uni Wien, 14.04.2016 - Bildquelle: Armin Rudelstorfer (c)

Stür­mung der Vor­stel­lung „Die Schutz­be­foh­len” im audi­max der Uni Wien, 14.04.2016 — Bild­quel­le: Armin Rudels­tor­fer ©

Pro­test­ak­tio­nen gegen Thea­ter­auf­füh­run­gen sind ver­mut­lich so alt wie das Thea­ter selbst – aus dem vori­gen Jahr­hun­dert erwäh­nen wir nur die Pro­tes­te 1921 gegen den „Rei­gen“ von Arthur Schnitz­ler („Man schän­det unse­re Wei­ber!“) und die gegen die Urauf­füh­rung von „Hel­den­platz“ von Tho­mas Bern­hard am Burg­thea­ter im Jahr 1988. Bei bei­den Stü­cken kam es zu teil­wei­se sehr wil­den Pro­tes­ten inner­halb und außer­halb des Thea­ters, an denen in bei­den Fäl­len Rechts­extre­me betei­ligt waren – im Fall der „Heldenplatz“-Aufführung war auch der jun­ge Hein­rich Stra­che dar­an betei­ligt. Mög­li­cher­wei­se auch ein Grund, war­um Stra­che den angeb­lich „fried­li­chen Akti­vis­mus“ der Iden­ti­tä­ren im Audi­max lob­te.


Ein jun­ger Stra­che bei der Burgtheater-Störaktion…
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Wäh­rend Stü­cke wie „Hel­den­platz“, „Rei­gen“, „Die Schutz­be­foh­le­nen“ oder auch „Burg­thea­ter“ (bei­de von Elfrie­de Jeli­nek) Tabus und gesell­schaft­li­che Miss­stän­de auf­grei­fen, rich­ten sich die Aktio­nen des wüten­den (rech­ten) Mobs immer gegen deren The­ma­ti­sie­rung, wol­len die (Zer-) Stö­rung von sol­chen Stü­cken und deren Inhal­ten. Es han­delt sich um zutiefst kunst­feind­li­che und illi­be­ra­le Aktio­nen. Dass dabei – wie im Fall der „Schutzbefohlenen“-Aufführung im Audi­max – Flücht­lin­ge auch noch ver­ängs­tigt und gerem­pelt wur­den, war ver­mut­lich ein erwünsch­ter Kol­la­te­ral­scha­den der Aktion.

Noch deut­li­cher wird der destruk­ti­ve Cha­rak­ter iden­ti­tä­rer Aktio­nen am Bei­spiel ihrer Ent­haup­tungs- und Ter­ror­ak­tio­nen. Im Sep­tem­ber 2014 sorg­ten sie am Ste­phans­platz mit einer nach­ge­stell­ten Ent­haup­tungs­sze­ne „bei Pas­san­ten für Ent­set­zen, im Dezem­ber 2015 ver­deut­lich­ten sie das Bild dadurch, dass sie in der Maria­hil­fer­stra­ße Flücht­lings­hel­fer durch Ver­mumm­te ent­haup­ten lie­ßen und die „Refu­gees welcome“-Klatscher auf Face­book beschul­dig­ten, Mit­schuld am Ter­ror-Mas­sa­ker von Paris zu tra­gen: an ihren Hän­den kle­be das Blut von Paris. „Pas­san­ten, die sich gegen die geschmack­lo­se Show stell­ten, wur­den von den Rech­ten ver­trie­ben“ (heu­te, 23.12.2015).

Im März 2016 insze­nier­ten die Iden­ti­tä­ren vor den Par­tei­zen­tra­len von Grü­nen und SPÖ in Wien Ter­ror­ak­tio­nen. Aus Laut­spre­chern wur­den auf Ara­bisch Paro­len oder Befeh­le geschrien, Schüs­se sind zu hören, dann eine Explo­si­on. Die Rechts­extre­men las­sen sich auf den Boden fal­len, imi­tie­ren ihren Tod. Dann kommt ein State­ment, das Bild und Sym­bo­lik ver­deut­li­chen soll. Die Poli­tik der offe­nen Gren­zen und da vor allem SPÖ und Grü­ne, wären schuld an sol­chen Ter­ror­ak­tio­nen an ihren Hän­den kle­be das Blut der Opfer…..

Sarg, Tod, Blut, Ter­ror , Ent­haup­tung – das sind die bevor­zug­ten Sym­bo­le der Iden­ti­tä­ren bei ihren Aktio­nen. Damit bewe­gen sie sich in der Tra­di­ti­ons­li­nie des klas­si­schen Rechts­extre­mis­mus. Es sind Sym­bo­le mit höchs­tem Emo­ti­ons­ge­halt – da geht es nicht um Infor­ma­ti­on und Auf­klä­rung, son­dern um Angst, Schre­cken, Aggres­si­on und Destruk­ti­on. „Zer­tanz die Tole­ranz“ war nicht zufäl­lig das aggres­si­ve Mot­to ihrer ers­ten Stör­ak­ti­on in Öster­reich, mit der sie – mas­kiert mit Schweins- und Affen­mas­ken — im Sep­tem­ber 2012 einen Tanz-Work­shop der Cari­tas am Flo­rids­dor­fer Schlin­ger­markt stör­ten: „Es dau­er­te nur drei Minu­ten, aber es kam mir wie eine hal­be Ewig­keit vor, ich hat­te Angst”, schil­dert eine Frau dem „Stan­dard“ damals.