Kino wie zu Führers Zeiten

Wer ken­nt das nicht? Nach einem harten Tag auf der Park­bank oder im Büro regt sich unweiger­lich das Bedürf­nis nach gepflegtem Schwel­gen in NS-Nos­tal­gie im Kreise Gle­ich­gesin­nter. Während die Pro­gram­mierung heutiger Licht­spiel­häuser hoff­nungs­los der Amerikanisierung anheim gefall­en ist und Tschin Bumm aus dem Land der Umerzieher liefert, bietet der Wiener Volks­bil­dungskreis hier Abhilfe.

Ken­nen Sie den Volks­bil­dungskreis? Nein? Das soll­ten Sie aber! 1950 gegrün­det, wid­met sich dieser Vere­in nach eigen­er Darstel­lung der „Pflege wesens­gemäßer Kul­tur“ und „har­monis­che® Freizeit­gestal­tung“, um „den immer mehr um sich greifend­en Ver­mas­sungser­schei­n­un­gen und der zunehmenden Ver­flachung unseres Kul­turlebens“ ent­ge­gen­zuwirken. Dies tut er unter anderem­mit einem jährlichen Konz­ertzyk­lus im Wiener Musikvere­in. Während in dessen Rah­men renom­mierte Kün­st­lerIn­nen Werke inter­na­tionaler Kom­pon­is­ten zum besten geben, ist eine weniger öffentliche Aktiv­ität des Kreis­es poli­tisch um einiges brisan­ter: die monatliche Auf­führung NS-nos­tal­gis­ch­er Filme in seinem Heim in der Wiener Prinz-Eugen-Straße 44.

Das heurige Jahr begann mit ein­er Vor­führung von „Das blaue Licht“ (1932) – in der Haup­trol­le Leni Riefen­stahl, die mit ihrem gle­ichzeit­i­gen Regiede­büt ihre späteren Förder­er Adolf Hitler und Joseph Goebbels auf sich aufmerk­sam machte. Im Feb­ru­ar wurde „Hal­lo Janine“ gegeben – leichte Muße mit Mari­ka Rökk und Jup­pi Heesters. Genau das richtige, um im Erschei­n­ungs­jahr 1939 den Anbruch des deutschen Aggres­sion­skriegs zu versüßen.

Expliziter dann die Märza­uf­führung: „Der alte und der junge König“ von 1935 mit Emil Jan­nings wurde auf­grund sein­er Ver­her­rlichung des Führerprinzips von den Alli­ierten nach Kriegsende mit Auf­führungsver­bot belegt. Ein echt­es High­light der NS-Pro­pa­gan­da fol­gte im April: „Die große Liebe“ (1942) mit Zarah Lean­der, Vik­tor Staal und Paul Hör­biger. Der kom­merziell erfol­gre­ich­ste Film der NS-Ära bot neben der titel­geben­den Liebesgeschichte auch Orig­i­nal­ma­te­r­i­al von Kriegss­chau­plätzen aus der „Deutschen Wochen­schau“ und eine Botschaft unbe­d­ingter Pflichter­fül­lung im Sinne des NS-Staates, um die Bevölkerung auf ihren Beitrag zum „End­sieg“ einzuschwören. Nach ein­er beschwingten Komödie im Mai („Vik­tor und Vik­to­ria“ von 1933) beschloss man das Hal­b­jahr im Juni mit der 1937er-Ver­fil­mung von Kleists „Der zer­broch­ene Krug“ mit Goebbels-Intimus Emil Jan­nings in der Haup­trol­le. Trotz kom­merzieller Erfol­glosigkeit förderte Hitler höch­st­selb­st die Ver­bre­itung des Films, der nach Kriegsende eben­falls auf die Ver­bot­sliste der Alli­ierten geriet.

Während erah­nt wer­den kann, wer sich all­monatlich mit­ten in Wien an der­lei Pro­pa­gan­daw­erken ergötzt, bleibt die Frage, wer hin­ter dem ver­anstal­tenden Vere­in ste­ht. Obmann ist ein alter Bekan­nter: Hel­mut Kowarik, Burschen­schafter der Wiener Alda­nia und ehe­ma­liger Land­tagsab­ge­ord­neter der FPÖ in Wien. Stil­prä­gend für Kowariks Filmgeschmack dürfte sein Vater gewe­sen sein: Karl Kowarik war hochrangiger Hitler­ju­gend-Führer, NSDAP-Kreisleit­er und Ober­sturm­ban­n­führer der SS. Zwis­chen 1957 und 1960 wirk­te er als FPÖ-Gen­er­alsekretär. Hel­mut Kowariks eigene Söhne führen das Erbe der Ahnen fort: Diet­bert ist aktuell frei­heitlich­er Land­tagsab­ge­ord­neter in Wien, Diet­mar Klubob­mann im Bezirk­srat von Wien-Rudolfsheim.