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Kino wie zu Führers Zeiten

Wer kennt das nicht? Nach einem har­ten Tag auf der Park­bank oder im Büro regt sich unwei­ger­lich das Bedürf­nis nach gepfleg­tem Schwel­gen in NS-Nos­t­al­­gie im Krei­se Gleich­ge­sinn­ter. Wäh­rend die Pro­gram­mie­rung heu­ti­ger Licht­spiel­häu­ser hoff­nungs­los der Ame­ri­ka­ni­sie­rung anheim gefal­len ist und Tschin Bumm aus dem Land der Umer­zie­her lie­fert, bie­tet der Wie­ner Volks­bil­dungs­kreis hier Abhil­fe. Ken­nen Sie […]

20. Jul 2016

Ken­nen Sie den Volks­bil­dungs­kreis? Nein? Das soll­ten Sie aber! 1950 gegrün­det, wid­met sich die­ser Ver­ein nach eige­ner Dar­stel­lung der „Pfle­ge wesens­ge­mä­ßer Kul­tur“ und „har­mo­ni­sche® Frei­zeit­ge­stal­tung“, um „den immer mehr um sich grei­fen­den Ver­mas­sungs­er­schei­nun­gen und der zuneh­men­den Ver­fla­chung unse­res Kul­tur­le­bens“ ent­ge­gen­zu­wir­ken. Dies tut er unter ande­rem­mit einem jähr­li­chen Kon­zert­zy­klus im Wie­ner Musik­ver­ein. Wäh­rend in des­sen Rah­men renom­mier­te Künst­le­rIn­nen Wer­ke inter­na­tio­na­ler Kom­po­nis­ten zum bes­ten geben, ist eine weni­ger öffent­li­che Akti­vi­tät des Krei­ses poli­tisch um eini­ges bri­san­ter: die monat­li­che Auf­füh­rung NS-nost­al­gi­scher Fil­me in sei­nem Heim in der Wie­ner Prinz-Eugen-Stra­ße 44.

Das heu­ri­ge Jahr begann mit einer Vor­füh­rung von „Das blaue Licht“ (1932) – in der Haupt­rol­le Leni Rie­fen­stahl, die mit ihrem gleich­zei­ti­gen Regie­de­büt ihre spä­te­ren För­de­rer Adolf Hit­ler und Joseph Goeb­bels auf sich auf­merk­sam mach­te. Im Febru­ar wur­de „Hal­lo Jani­ne“ gege­ben – leich­te Muße mit Mari­ka Rökk und Jup­pi Heesters. Genau das rich­ti­ge, um im Erschei­nungs­jahr 1939 den Anbruch des deut­schen Aggres­si­ons­kriegs zu versüßen.

Expli­zi­ter dann die März­auf­füh­rung: „Der alte und der jun­ge König“ von 1935 mit Emil Jan­nings wur­de auf­grund sei­ner Ver­herr­li­chung des Füh­rer­prin­zips von den Alli­ier­ten nach Kriegs­en­de mit Auf­füh­rungs­ver­bot belegt. Ein ech­tes High­light der NS-Pro­pa­gan­da folg­te im April: „Die gro­ße Lie­be“ (1942) mit Zarah Lean­der, Vik­tor Staal und Paul Hör­bi­ger. Der kom­mer­zi­ell erfolg­reichs­te Film der NS-Ära bot neben der titel­ge­ben­den Lie­bes­ge­schich­te auch Ori­gi­nal­ma­te­ri­al von Kriegs­schau­plät­zen aus der „Deut­schen Wochen­schau“ und eine Bot­schaft unbe­ding­ter Pflicht­er­fül­lung im Sin­ne des NS-Staa­tes, um die Bevöl­ke­rung auf ihren Bei­trag zum „End­sieg“ ein­zu­schwö­ren. Nach einer beschwing­ten Komö­die im Mai („Vik­tor und Vik­to­ria“ von 1933) beschloss man das Halb­jahr im Juni mit der 1937er-Ver­fil­mung von Kleists „Der zer­bro­che­ne Krug“ mit Goeb­bels-Inti­mus Emil Jan­nings in der Haupt­rol­le. Trotz kom­mer­zi­el­ler Erfolg­lo­sig­keit för­der­te Hit­ler höchst­selbst die Ver­brei­tung des Films, der nach Kriegs­en­de eben­falls auf die Ver­bots­lis­te der Alli­ier­ten geriet.

Wäh­rend erahnt wer­den kann, wer sich all­mo­nat­lich mit­ten in Wien an der­lei Pro­pa­gan­da­wer­ken ergötzt, bleibt die Fra­ge, wer hin­ter dem ver­an­stal­ten­den Ver­ein steht. Obmann ist ein alter Bekann­ter: Hel­mut Kowa­rik, Bur­schen­schaf­ter der Wie­ner Ald­ania und ehe­ma­li­ger Land­tags­ab­ge­ord­ne­ter der FPÖ in Wien. Stil­prä­gend für Kowa­riks Film­ge­schmack dürf­te sein Vater gewe­sen sein: Karl Kowa­rik war hoch­ran­gi­ger Hit­ler­ju­gend-Füh­rer, NSDAP-Kreis­lei­ter und Ober­sturm­bann­füh­rer der SS. Zwi­schen 1957 und 1960 wirk­te er als FPÖ-Gene­ral­se­kre­tär. Hel­mut Kowa­riks eige­ne Söh­ne füh­ren das Erbe der Ahnen fort: Diet­bert ist aktu­ell frei­heit­li­cher Land­tags­ab­ge­ord­ne­ter in Wien, Diet­mar Klub­ob­mann im Bezirks­rat von Wien-Rudolfsheim.

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