Der Faschismus der FPÖ

Der FPÖ-Präsi­dentschaft­skan­di­dat Nor­bert Hofer hat seinen Konkur­renten Alexan­der van der Bellen einen „faschis­tis­chen grü­nen Dik­ta­tor“ genan­nt, weil der sich vorstellen kann, als Präsi­dent unter bes­timmten Voraus­set­zun­gen eine FPÖ-geführte Regierung nicht anzugeloben und in der Folge sog­ar eventuell Neuwahlen her­beizuführen. Das alles ist durch die Bun­desver­fas­sung möglich. Warum soll das Faschis­mus sein?

Nor­bert Hofer hat seine Beschimp­fung bish­er nicht zurückgenom­men. Dabei ken­nt auch er die ein­schlägi­gen Bes­tim­mungen der Bun­desver­fas­sung, die ein­er­seits ermöglichen, dass ein Bun­de­spräsi­dent auch jeman­den zum Bun­deskan­zler ernen­nt, der nicht eine Mehrheit im Nation­al­rat hin­ter sich hat (Artikel 70 B‑VG), ander­er­seits den Spiel­raum ein­er so ernan­nten Bun­desregierung bzw. auch des Bun­de­spräsi­den­ten eng begren­zen (Artikel 29 B‑VG in Verbindung mit Artikel 67 B‑VG) . Mit welchen Risken das für den Bun­de­spräsi­den­ten ver­bun­den ist bzw. schon war, beschreibt ein Artikel im „Kuri­er“ recht gut.

Dik­tatur ist so jeden­falls nicht möglich, Faschis­mus noch weniger. Die öster­re­ichis­che Ver­fas­sung gibt das nicht her. Warum also die Ansage von Hofer? Neben der all­ge­meinen Aufmerk­samkeit für den Sager von Hofer, der bei blauen Fans zum Schenkelk­lopfer mutiert, wird so verdeckt, dass Hofer sich selb­st vor­be­hält, jed­erzeit aus inhaltlichen Grün­den eine bere­its ernan­nte und mit par­la­men­tarisch­er Mehrheit aus­ges­tat­tete Regierung zu ent­lassen und eine neue mit ander­er Mehrheit zu basteln. Derzeit wäre eine rechte Regierung etwa mit den Stim­men von ÖVP, FPÖ und Team Stronach möglich.

Darüber hin­aus bein­hal­tet der Vor­wurf an Van der Bellen, ein faschis­tis­ch­er grün­er Dik­ta­tor zu sein bzw. als solch­er agieren zu wollen, eine deut­liche Entwer­tung der Begriffe Dik­tatur und Faschis­mus. Wenn schon der öffentlich geäußerte Gedanke eines nach­den­klichen Kan­di­dat­en, unter bes­timmten Umstän­den von ver­fas­sungsmäßi­gen Recht­en Gebrauch zu machen, einen Dik­ta­tor aus­machen soll, dann ist das die totale Entleerung des Begriffs Diktatur.

Ähn­lich, aber noch viel schlim­mer, ist es mit dem Faschis­mus-Vor­wurf an VdB. Während die Herrschafts­form Dik­tatur im Prinzip unter linken und recht­en Inhal­ten möglich ist, ist der Faschis­mus ein­deutig an bes­timmte Kri­te­rien gebun­den. Über­steigert­er Nation­al­is­mus bis hin zu Vorstel­lun­gen ras­sis­ch­er (und/oder kul­tureller) Über­legen­heit, Führerkult und Ver­bot von (anderen) Parteien und Arbeit­nehmervertre­tun­gen, hohe Gewalt­bere­itschaft bis hin zu Schlägertrup­ps, die Ablehnung von Indi­vid­u­al­is­mus zugun­sten ein­er organ­is­chen (Volks-)Gemeinschaft, Männlichkeit­skult, zumeist ver­bun­den mit Homo­pho­bie, das alles sind Bausteine faschis­tis­ch­er Ide­olo­gie, die in fak­tisch allen Faschis­mus­the­o­rien und – Def­i­n­i­tio­nen ange­führt werden.


Faschis­tis­che Dik­ta­toren: Ben­i­to Mus­soli­ni, Fran­cis­co Fran­co, Mik­lós Hor­thy, Ion Antonescu

Aufmerk­same LeserIn­nen wer­den bemerkt haben, dass einzelne Ele­mente (jedoch nicht alle) auf die FPÖ, aber sich­er nicht auf VdB oder die Grü­nen zutr­e­f­fen. Die FPÖ ist aber keine faschis­tis­che Partei, son­dern eine im recht­sex­tremen Spek­trum. Der Recht­sex­trem­is­mus ist der Humus, auf dem faschis­tis­che Bewe­gun­gen wach­sen kön­nen. Davon abzu­lenken und Recht­sex­trem­is­mus und Faschis­mus zu ver­harm­losen, indem sie nicht zueinan­der in Beziehung geset­zt wer­den, sollte den Blauen eigentlich nicht gelingen.


Auch ein Diktator …

Siehe auch: Die recht­en Sprachdeuter (Teil 3): Faschis­muskeulen und andere Rohrkrepierer.

VdB: „Bun­de­spräsi­dent ist kein Grüßau­gust“ (Ö1 Klar­text vom 27.1.2016)

Die kom­menden zweiein­halb Jahre wer­den wir alle fünf Minuten gefragt wer­den, was machen Sie, wenn Stra­che stärk­ste Partei und Bun­deskan­zlerkan­di­dat et cetera et cetera. Wir reden die Sache hoch! Das ist eine rein hypo­thetis­che Sit­u­a­tion. Aber um Ihrer Frage nicht auszuwe­ichen, der Bun­de­spräsi­dent ist kein Grüßau­gust, der hat nicht ein­fach pas­siv hinzunehmen, was immer im Par­la­ment passiert. In dieser Frage ist er nach bestem Wis­sen und Gewis­sen gefordert. Der Bun­deskan­zler muss auch ein Min­dest­maß an Ver­trauen auf Seit­en des Bun­de­spräsi­den­ten genießen. Und hier habe ich eine ganz wesentlich­es — einen ganz wesentlichen Ein­wand und das ist die Frage, wollen wir ein vere­intes Europa weit­er­hin haben oder wollen wir das nicht? Wollen wir die Europäis­che Union zer­stören, wollen wir zulassen, dass sie Schritt für Schritt zugrunde geht in den näch­sten Jahren oder wollen wir das nicht.