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Der Faschismus der FPÖ

Der FPÖ-Prä­­si­­den­t­­schafts­­­kan­­di­­dat Nor­bert Hofer hat sei­nen Kon­kur­ren­ten Alex­an­der van der Bel­len einen „faschis­ti­schen grü­nen Dik­ta­tor“ genannt, weil der sich vor­stel­len kann, als Prä­si­dent unter bestimm­ten Vor­aus­set­zun­gen eine FPÖ-geführ­­te Regie­rung nicht anzu­ge­lo­ben und in der Fol­ge sogar even­tu­ell Neu­wah­len her­bei­zu­füh­ren. Das alles ist durch die Bun­des­ver­fas­sung mög­lich. War­um soll das Faschis­mus sein? Nor­bert Hofer hat sei­ne Beschimpfung […]

14. Apr 2016

Nor­bert Hofer hat sei­ne Beschimp­fung bis­her nicht zurück­ge­nom­men. Dabei kennt auch er die ein­schlä­gi­gen Bestim­mun­gen der Bun­des­ver­fas­sung, die einer­seits ermög­li­chen, dass ein Bun­des­prä­si­dent auch jeman­den zum Bun­des­kanz­ler ernennt, der nicht eine Mehr­heit im Natio­nal­rat hin­ter sich hat (Arti­kel 70 B‑VG), ande­rer­seits den Spiel­raum einer so ernann­ten Bun­des­re­gie­rung bzw. auch des Bun­des­prä­si­den­ten eng begren­zen (Arti­kel 29 B‑VG in Ver­bin­dung mit Arti­kel 67 B‑VG) . Mit wel­chen Ris­ken das für den Bun­des­prä­si­den­ten ver­bun­den ist bzw. schon war, beschreibt ein Arti­kel im „Kurier“ recht gut.

Dik­ta­tur ist so jeden­falls nicht mög­lich, Faschis­mus noch weni­ger. Die öster­rei­chi­sche Ver­fas­sung gibt das nicht her. War­um also die Ansa­ge von Hofer? Neben der all­ge­mei­nen Auf­merk­sam­keit für den Sager von Hofer, der bei blau­en Fans zum Schen­kel­klop­fer mutiert, wird so ver­deckt, dass Hofer sich selbst vor­be­hält, jeder­zeit aus inhalt­li­chen Grün­den eine bereits ernann­te und mit par­la­men­ta­ri­scher Mehr­heit aus­ge­stat­te­te Regie­rung zu ent­las­sen und eine neue mit ande­rer Mehr­heit zu bas­teln. Der­zeit wäre eine rech­te Regie­rung etwa mit den Stim­men von ÖVP, FPÖ und Team Stro­nach möglich.

Dar­über hin­aus beinhal­tet der Vor­wurf an Van der Bel­len, ein faschis­ti­scher grü­ner Dik­ta­tor zu sein bzw. als sol­cher agie­ren zu wol­len, eine deut­li­che Ent­wer­tung der Begrif­fe Dik­ta­tur und Faschis­mus. Wenn schon der öffent­lich geäu­ßer­te Gedan­ke eines nach­denk­li­chen Kan­di­da­ten, unter bestimm­ten Umstän­den von ver­fas­sungs­mä­ßi­gen Rech­ten Gebrauch zu machen, einen Dik­ta­tor aus­ma­chen soll, dann ist das die tota­le Ent­lee­rung des Begriffs Diktatur.

Ähn­lich, aber noch viel schlim­mer, ist es mit dem Faschis­mus-Vor­wurf an VdB. Wäh­rend die Herr­schafts­form Dik­ta­tur im Prin­zip unter lin­ken und rech­ten Inhal­ten mög­lich ist, ist der Faschis­mus ein­deu­tig an bestimm­te Kri­te­ri­en gebun­den. Über­stei­ger­ter Natio­na­lis­mus bis hin zu Vor­stel­lun­gen ras­si­scher (und/oder kul­tu­rel­ler) Über­le­gen­heit, Füh­rer­kult und Ver­bot von (ande­ren) Par­tei­en und Arbeit­neh­mer­ver­tre­tun­gen, hohe Gewalt­be­reit­schaft bis hin zu Schlä­ger­trupps, die Ableh­nung von Indi­vi­dua­lis­mus zuguns­ten einer orga­ni­schen (Volks-)Gemeinschaft, Männ­lich­keits­kult, zumeist ver­bun­den mit Homo­pho­bie, das alles sind Bau­stei­ne faschis­ti­scher Ideo­lo­gie, die in fak­tisch allen Faschis­mus­theo­rien und – Defi­ni­tio­nen ange­führt werden.


Faschis­ti­sche Dik­ta­to­ren: Beni­to Mus­so­li­ni, Fran­cis­co Fran­co, Miklós Hor­thy, Ion Antonescu

Auf­merk­sa­me Lese­rIn­nen wer­den bemerkt haben, dass ein­zel­ne Ele­men­te (jedoch nicht alle) auf die FPÖ, aber sicher nicht auf VdB oder die Grü­nen zutref­fen. Die FPÖ ist aber kei­ne faschis­ti­sche Par­tei, son­dern eine im rechts­extre­men Spek­trum. Der Rechts­extre­mis­mus ist der Humus, auf dem faschis­ti­sche Bewe­gun­gen wach­sen kön­nen. Davon abzu­len­ken und Rechts­extre­mis­mus und Faschis­mus zu ver­harm­lo­sen, indem sie nicht zuein­an­der in Bezie­hung gesetzt wer­den, soll­te den Blau­en eigent­lich nicht gelingen.


Auch ein Diktator …

Sie­he auch: Die rech­ten Sprach­deu­ter (Teil 3): Faschis­mus­keu­len und ande­re Rohrkrepierer.

VdB: „Bun­des­prä­si­dent ist kein Grüß­au­gust“ (Ö1 Klar­text vom 27.1.2016)

Die kom­men­den zwei­ein­halb Jah­re wer­den wir alle fünf Minu­ten gefragt wer­den, was machen Sie, wenn Stra­che stärks­te Par­tei und Bun­des­kanz­ler­kan­di­dat et cete­ra et cete­ra. Wir reden die Sache hoch! Das ist eine rein hypo­the­ti­sche Situa­ti­on. Aber um Ihrer Fra­ge nicht aus­zu­wei­chen, der Bun­des­prä­si­dent ist kein Grüß­au­gust, der hat nicht ein­fach pas­siv hin­zu­neh­men, was immer im Par­la­ment pas­siert. In die­ser Fra­ge ist er nach bes­tem Wis­sen und Gewis­sen gefor­dert. Der Bun­des­kanz­ler muss auch ein Min­dest­maß an Ver­trau­en auf Sei­ten des Bun­des­prä­si­den­ten genie­ßen. Und hier habe ich eine ganz wesent­li­ches — einen ganz wesent­li­chen Ein­wand und das ist die Fra­ge, wol­len wir ein ver­ein­tes Euro­pa wei­ter­hin haben oder wol­len wir das nicht? Wol­len wir die Euro­päi­sche Uni­on zer­stö­ren, wol­len wir zulas­sen, dass sie Schritt für Schritt zugrun­de geht in den nächs­ten Jah­ren oder wol­len wir das nicht.

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