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St. Pölten /Wilhelmsburg (NÖ): Kein Rechtsirrtum, sondern zwei Jahre

2013 kam der Ange­klag­te ein gelern­ter Koch, aus Maze­do­ni­en nach Öster­reich. Sei­ne spä­te­re Frau mach­te ihn damals dar­auf auf­merk­sam, dass er das Tat­too auf sei­ner Brust bes­ser immer bede­cken sol­­le- wegen des Haken­kreu­zes. Dass Nazi-Sachen ver­bo­ten sei­en in Öster­reich, das habe er daher schon irgend­wie mit­ge­kriegt, nicht aber die Wer­tig­keit, die der Staat dem beimesse, […]

12. Apr 2016

Über das Alter des Ange­klag­ten herr­schen bei den bei­den Medi­en, die über den Pro­zess berich­ten, beträcht­li­che Dif­fe­ren­zen. 26 ist er für meinbezirk.at, 38 für die NÖN (12.4.2016). Dass sie trotz­dem über ein- und die­sel­be Per­son und den den­sel­ben Pro­zess wegen Wie­der­be­tä­ti­gung berich­ten, wird aus den sons­ti­gen Beschrei­bun­gen klar.

Im Alter von 14 Jah­ren habe er sich das Tat­too auf der Brust ste­chen las­sen „aus Patrio­tis­mus“. Dazu habe ihn ein anti­kes Mosa­ik einer Aus­gra­bungs­stät­te in Maze­do­ni­en inspi­riert. Auf einem Foto, das er bei Face­book online stell­te, zeigt er das Haken­kreuz-Tat­tooo und sich selbst „in krie­ge­ri­scher Pose“ – trotz der War­nung sei­ner Frau. Auf Face­book zeig­te er auch noch ande­res öffent­lich: Nazi-Sprü­che. „Sieg Heil“, „Hit­ler komm zurück, du bist der Ein­zi­ge, der Euro­pa rein­ge­wa­schen hat“ und das Foto eines Wehr­machts­sol­da­ten mit Haken­kreuz wird ihm von der Ankla­ge vorgeworfen.

Des­halb kommt die Ver­tei­di­gung des Ange­klag­ten „Für den Zwei­ten Welt­krieg habe ich mich nie inter­es­siert“ (NÖN) nicht wirk­lich gut an, schon gar nicht beim Staats­an­walt. Der klärt ihn zunächst ein­mal grund­sätz­lich auf: „Wenn Sie vorm Schla­fen­ge­hen statt der Bibel Mein Kampf lesen, ist das nicht ver­bo­ten. Natio­nal­so­zia­lis­ti­sches auf Face­book öffent­lich zu ver­brei­ten aber schon“ (NÖN), um dann aus sei­nem Fun­dus an Erfah­run­gen zu berich­ten und dabei sogar einen pro­mi­nen­ten FPÖ-Poli­ti­ker indi­rekt zu erwähnen:

„Ich hab’ ja schon vie­les gehört“, holt der Staats­an­walt aus, „da woll­te einer ein­mal weis­ma­chen, dass er die Hand zum Hit­ler­gruß geho­ben hat, um zu zei­gen, wie viel Bier er bestel­len will. Ein ande­rer woll­te nur demons­trie­ren, wie hoch sein Hund sprin­gen kann“ (NÖN).


Kein Hit­ler-Gruß und natür­lich auch kein Küh­nen-Gruß, son­dern laut Stra­che nur das Bestel­len von drei Bier; Quel­le: orf.at
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Wir wider­spre­chen ja nur ungern, aber waren das nicht exakt drei Bier, die da bestellt wur­den von dem FPÖ-Poli­ti­ker? Und lei­der straf­frei noch dazu, weil es nicht der Hit­ler-Gruß, son­dern „nur“ der neo­na­zis­ti­sche Küh­nen-Gruß war! Aber das ist eine ande­re Geschich­te, wo es inso­fern eine Par­al­le­le zur Ver­ant­wor­tung des Ange­klag­ten von St. Pöl­ten gibt, als bei­de kei­ne oder nur ganz wenig Ahnung gehabt haben wol­len, was sie da eigent­lich tun.

Im Unter­schied zum FPÖ-Poli­ti­ker half dem Mann aus Maze­do­ni­en sei­ne Ahnungs­lo­sig­keit nichts. Die Geschwo­re­nen erkann­ten auf schul­dig und das Gericht setz­te eine durch­aus har­te Stra­fe fest: zwei Jah­re Haft, davon fünf Mona­te unbe­dingt. Das Urteil ist bereits rechtskräftig.

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