Der Vorfall sei sehr beunruhigend für Mandatare und Mitarbeiter, erklärte Lambert Schönleitner, Landessprecher der Grünen, der den Verfassungsschutz verständigt hat, dem „Standard“ (6.4.16):
In den letzten fünf, zehn Jahren war es denkunmöglich, dass rechte Gruppierungen ein politisches Gebäude attackiert haben — diese Entwicklung macht uns große Sorgen. (…) Die Sicherheitsvorkehrungen im Grünen Haus werden in Abstimmung mit der Sicherheitsdirektion umgehend verstärkt werden.
Besonders bedenklich ist der Umstand, dass sich zumindest ein FPÖ-Funktionär an der Dach-Aktion beteiligt hat. Ob er und die anderen beim Theorie-Seminar der Identitären auch gelernt haben, dass man keine Feuerwerkskörper am Dach zünden sollte? Gab es noch vor einem Jahr deutliche Distanzierungen von beiden Seiten, so ist mittlerweile immer klarer, dass die Identitären personell und auch ideologisch mit den Blauen bestens vernetzt sind und mittlerweile so etwas wie deren Pöbeltruppe darstellen.
Identitäre am Dach
Vor zwei Wochen fanden in Wien ähnliche Aktionen vor den Parteizentralen der Grünen und der SPÖ statt. Damals stiegen die Identitären allerdings nicht aufs Dach, um Parolen zu brüllen, sondern brüllten auf der Straße, nachdem sie sich in einer obszönen Aktion zu Todesopfern von Paris deklariert hatten und „tot“ umgefallen waren.
Martin Sellner, der identitäre Guru, kündigte damals an, dass weitere ähnliche Aktionen folgen würden: „Wir werden überall dort auftauchen, wo die Multikultis uns nicht erwarten.“ Wesentlicher ist aber, was sonst noch an Botschaften abgesetzt wurde. Da hieß es nämlich in der Ansprache, dass man verspreche, die Verantwortlichen zur Verantwortung zu ziehen. Illustriert wurde das durch das Transparent „Das ist eure Schuld“. Die Verantwortlichen für den Terror in Paris – SPÖ und Grüne? Alexander Markovics, der zwar kein Guru wie Sellner, aber Sprecher der Identitären ist, bestätigt diesen Irrsinn auch noch in einem Video-Interview mit „Österreich“ (24.3.16): „Die wahren Schuldigen sitzen in den Regierungen Wiens, Österreichs und ganz Europas.“
Das ist eine ideologische Position, wie sie auch Anders Behring Breivik in seinem Manifest für sich reklamiert hat:
Multikulturalismus (kultureller Marxismus/politische Korrektheit), wie Sie vielleicht wissen, liegt der voranschreitenden Islamisierung Europas zugrunde und resultierte in der islamischen Kolonialisierung Europas durch demografische Kriegsführung (von unseren eigenen Führern vorangetrieben).
Auch Breivik machte Sozialdemokraten, Grüne, Marxisten, für ihn Multikulturalisten, als Hauptverantwortliche für eine angebliche Islamisierung Europas fest. Im Ton unterscheidet sich Breivik nicht von den Identitären.
Andreas Peham, Rechtsextremismus-Experte des DÖW, istfolgtdieser Einschätzung:
Die Identitären entlarven sich immer mehr als Generation Breivik. Ist schon ihr Pathos der letzten Chance, die Selbstdarstellung als letzte Generation, die den Untergang aufhalten könne, geeignet, um Leute wie Breivik zum Losschlagen zu motivieren, so findet sich ihre Behauptung, die wahren Schuldigen hinter islamistischen Terrors seien die Regierenden und ihr Multikulturalismus fast wortident in Breiviks Manifest.