Wien: Zwei blaue Hetzer vor Gericht

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Als „wan­deln­de Kli­schees“ bezeich­net der „Stan­dard“ in sei­nem Bericht die bei­den Ange­klag­ten, die am Don­ners­tag der Vor­wo­che vor dem Wie­ner Lan­des­ge­richt stan­den: der eine wegen Ver­het­zung, der ande­re wegen Belei­di­gung. Die bei­den wur­den in getrenn­ten Ver­fah­ren ange­klagt, aber was sie eint, ist ihre Ver­bun­den­heit mit der FPÖ und ihr Hass auf Anders­den­ken­de. Wobei: Die Hass­or­gi­en des Franz G. (54) aus Sim­me­ring sind so ziem­lich das Uner­träg­lichs­te und Wider­lichs­te, was auf Face­book zu fin­den ist.

Die Spe­zia­li­tät des Franz G. sind sei­ne Kom­men­ta­re in Groß­buch­sta­ben. Bei ihm wird vie­les in Groß­buch­sta­ben gepos­tet, weil er sei­ne Hass­bot­schaf­ten unheim­lich wich­tig fin­det und so natür­lich auf­fällt. Bei Face­book hat ihm das schon jede Men­ge Sper­ren ein­ge­bracht, aber Franz G. wuss­te sich auch da zu behel­fen. „Ich muss lei­der klein schrei­ben da face­book immer sperrt ‚wenn ich groß­buch­sta­ben ver­wen­de”, bemerk­te er am 31.1., nach­dem ihn Face­book 30 Tage gesperrt hatte.

Bis zur Ver­hand­lung am Don­ners­tag war er noch abso­lut sie­ges­si­cher, wet­ter­te gegen die lin­ke Zen­sur und pro­pa­gier­te Neu­wah­len jetzt, „nicht mehr bis 2018 war­ten“, „mit fei­heit­li­chen (sic!) gruß, franz“.

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Franz G., 2013

Die Frei­heit­li­che Par­tei, für die er auch als Wahl­bei­sit­zer fun­gier­te, war nicht nur sei­ne Hei­mat, son­dern auch sei­ne Hoff­nung – auch für das Straf­ver­fah­ren. Bis zum Febru­ar 2016 hat­te er es geschafft, dass alle Anzei­gen gegen ihn von der Staats­an­walt­schaft ein­ge­stellt wur­den. „Nun kommt die Gegen­of­fen­si­ve“, schrieb er etwa am 9.12.2014.

Franz G. müss­te eigent­lich oft ange­zeigt wor­den sein, im Prin­zip jede Woche. Der Unrat, den er über sei­ne Groß­buch­sta­ben-Bot­schaf­ten auf Face­book ver­brei­te­te, war uner­träg­lich – Kei­fen und Het­zen, das nur manch­mal von Warn­bot­schaf­ten unter­bro­chen wur­de, wenn er „Ver­rä­ter“, „lin­ke Zecken“ auf sei­ner Face­book-Sei­te oder in den Schmud­del­grup­pen, in denen er sich her­um­trieb, ver­mu­te­te: „Vor­sicht an alle frei­heit­li­chen ‚Freun­de‘“, schrieb er da etwa, weil er den „XY“ in der Kon­takt­lis­te eines blau­en Kame­ra­den gese­hen hat­te: „Er ist Jude, also dop­pelt Vorsicht.“

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Franz G., 2013

Dem Rich­ter erzählt er, dass er Nazis nicht unter sei­nen Kon­tak­ten dul­de, dass sein bes­ter Freund ein Tür­ke sei und er sogar mal mit einer Frau aus Cos­ta-Rica ver­lobt gewe­sen sei. Wie’s dann wei­ter­ge­gan­gen ist, kann man sich gut aus­ma­len, denn ver­hei­ra­tet war Franz G. zuletzt mit einer Rumä­nin. Mit der hat­te er zwar gro­ße Über­ein­stim­mun­gen im Hass – auch sie has­se „Drecks­zi­geu­ner“, schrieb er erklä­rend auf FB, aber das reich­te doch oder gera­de des­we­gen nicht aus für eine sta­bi­le Bezie­hung. Franz G. ist geschie­den und seit neun Jah­ren arbeits­los. Sei­ne Lawi­ne aus Hass trifft alles: Schwu­le sind für ihn abnor­mal, der Wie­ner Bür­ger­meis­ter ein „Roter Sauf­häupl“, Rus­sen „sla­wi­sche Ver­ge­wal­ti­ger und Mör­der“, Schwar­ze „Neger­schwei­ne“ und Roma „gene­tisch unvoll­ende­te Rat­ten“.

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Franz G., 2014

Vor dem Rich­ter gibt Franz G. ganz den Geläu­ter­ten. „Man schreibt in der Emo­ti­on halt so einen Blöd­sinn“ (Der Stan­dard) und „Ich muss mein Leben wie­der auf die Rei­he brin­gen“, säu­selt er den Rich­ter an. Der stimmt ihm zu und ver­ur­teilt ihn rechts­kräf­tig zu sehr, sehr mil­den 720 Euro Geldstrafe.

Nach der Ver­hand­lung zeigt sich Franz G. furcht­bar ent­täuscht über sei­ne Kame­ra­den von der FPÖ. Er wet­tert über die „FPÖ Bon­zen“, die ihre „treu­es­ten Lang­zeit­wäh­ler“ im Stich las­sen und wünscht den lin­ken Mar­xis­ten-Tro­ja­nern die Pest, Ebo­la und einen lan­gen Krebstod.

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Franz G. 2016

Der zwei­te Ange­klag­te vom Don­ners­tag , Mar­tin S. (38), bewegt sich nicht nur auf FB in einem ein­schlä­gi­gen Freun­des­kreis. In der offe­nen Face­book-Grup­pe „FPÖ“ hat er am 5. Novem­ber 2015 die wider­li­che Foto­mon­ta­ge einer nack­ten Eva Gla­wi­sch­nig mit dem Kom­men­tar ver­öf­fent­licht: „Ihr dre­cki­gen Denun­zi­an­ten­schwei­ne ! Fickt euch ihr Volkverräter!“

Auf die Fra­ge der Rich­te­rin, war­um er so etwas schrei­be, ant­wor­tet Mar­tin S.: „Aus Blöd­heit, was soll ich sagen. Ich habe ein biss­chen eine rechts­ra­di­ka­le Hal­tung.“ Aus den FPÖ-Sachen will er jetzt aus­stei­gen, kün­digt er vor Gericht an. Der Pro­zess gegen Mar­tin S. wird vertagt.