Gudenus schreibt lieber nicht mehr

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Kaum hat der neue Wie­ner Vize­bür­ger­meis­ter Johann Gude­nus sei­ne Unter­stel­lung gegen­über dem „Kurier“-Fotografen Christandl „mit dem Aus­druck des Bedau­erns“ als unwahr zurück­ge­zo­gen, hat er auf sei­ner Face­book-Sei­te schon wie­der Flücht­lin­ge im Visier. Ohne jedes Bedau­ern arbei­tet der Stell­ver­tre­ter Stra­ches täg­lich dar­an, Flücht­lin­ge sys­te­ma­tisch her­un­ter­zu­ma­chen. Sei­ne Kom­men­ta­re sind oft derb und het­ze­risch, die sei­ner Fol­lower fast immer.

Stra­ches Face­book-Tex­ter beherr­schen das Spiel mit den Emo­tio­nen nach der Pon­ti­us-Pila­tus-Metho­de deut­lich bes­ser. Oft stel­len sie Tex­ten oder Links nur den kur­zen Hin­weis „Zur Info“ vor­aus. Wenn im Text die pas­sen­den Stich­wor­te vor­kom­men, dann erle­di­gen die Stra­che- Fans den Rest.

Johann Gude­nus, der in der Reich­wer­te noch stark hin­ter sei­nem Chef her­hinkt, muss sich da noch etwas mehr anstren­gen, um die Emo­tio­nen hoch­zu­peit­schen. „Wie­vie­le Ter­ro­ris­ten und Dschi­ha­dis­ten wer­den noch mit unse­ren Leis­tun­gen ver­hät­schelt ?? Eine wei­te­rer Beweis dafür, dass sich hier grund­le­gend etwas ändern muss!!!“ pos­tet Gude­nus (3.12.2015) , nach­dem laut „Öster­reich“ bei einem toten IS-Ter­ro­ris­ten aus Vor­arl­berg in der ira­ki­schen Stadt Sin­jar auch eine E‑Card gefun­den wur­de. Was will uns Gude­nus damit sagen?

Als es in Leo­ben in einer Mas­sen­un­ter­kunft für über 400 Flücht­lin­ge, davon 300 (!!) unbe­glei­te­te Min­der­jäh­ri­ge, zu einer Schlä­ge­rei kommt, sucht der Poli­ti­ker Gude­nus nicht nach Lösun­gen, Hil­fe­stel­lun­gen oder zumin­dest Erklä­run­gen, son­dern nach Stich­wor­ten, um die Emo­tio­nen hoch­zu­trei­ben: „Aggres­si­on, Gewalt, eth­ni­sche Kon­flik­te“ (5.12.2015).

Die Ant­wor­ten sind schon fast berechenbar:

Rudolf T. : „Holzlatten??????????DIE BRAUCHEN SCHROTTGEWEHRE“

Juli­us B.: „ich bin sehr gut bewaffnet.…gegen die­sen Abschaum“

Juli­us B.: „abschie­ßen die­sen Abschaum !!!!“

Mar­kus: „ Affen sind halt schwer Erziehbar“

Andre­as G.: „Hof­fent­lich brin­gen sie sich gegen­sei­tig um“

Alfred K.: „Sofort schiess­be­fehl“.

Frü­her hät­te Gude­nus viel­leicht nach ein, zwei, drei Tagen die­se Pos­tings wie­der gelöscht, aber jetzt, wo der Motor brummt und das Geschäft mit Het­ze sehr gut läuft, ist dafür kei­ne Zeit. Weil die Ern­te zu die­sem Pos­ting mit 342 Likes, 165 Tei­lun­gen und Pos­tings wie die­sen für Gude­nus ertrag­reich scheint, setzt er am 6. 12. mit einem wei­te­ren Kom­men­tar zu dem glei­chen (!) Vor­fall nach: „Täg­li­che ‚Kul­tur­be­rei­che­rung‘“. Immer­hin: 204 Per­so­nen gefällt auch die­ses Pos­ting wie­der, dar­un­ter Man­fred S.: „Türen zusper­ren und Pan­zer­faust rein­ja­gen und ruhe ist“. Auch für der­ar­ti­ge Pos­tings gibt es noch Likes!

„Häupl und Fay­manns „qua­li­fi­zier­te Fach­ar­bei­ter” ali­as „Flücht­lin­ge” ent­pup­pen sich als weni­ger qua­li­fi­ziert als Hilfs­ar­bei­ter. Wir haben es immer gesagt“, pos­tet er am 5.12. Was hat er immer gesagt? Dass nur aka­de­misch gebil­de­te Kriegs­flücht­lin­ge auf­ge­nom­men wer­den dür­fen? Gesagt hat er das, was im rechts­extre­men Dis­kurs Usus ist: da wird näm­lich immer ver­ächt­lich von „Kul­tur­be­rei­che­rern“ und „Fach­kräf­ten“ gesprochen.

„Es wird immer irrer! Und an unse­re Obdach­lo­sen denkt nie­mand? Das hat mit Gerech­tig­keit und Ver­nunft nichts zu tun“ pos­tet Gude­nus am 4.12 zu einer Mel­dung, wonach ein Hotel in eine Flücht­lings­un­ter­kunft umge­wan­delt wer­den soll. Die Insze­nie­rung als Engel der Obdach­lo­sen, Bett­ler und Armen hat aller­dings ein gro­ßes Man­ko: wie in den fins­ters­ten Zei­ten des Mit­tel­al­ters sind für die FPÖ nur ech­te ein­hei­mi­sche Obdach­lo­se, Bett­ler und Arme. Die ande­ren, die „Aus­län­der“ sind für Gude­nus nur ein Ärger­nis: „End­lich gegen die­ses Ärger­nis vor­ge­hen ! Kein Platz für die Bett­ler­ma­fia in Wien“ (6.12.15).

Am meis­ten erregt sich der Wie­ner Vize­bür­ger­meis­ter am 4.12. aber über ande­res: ein 20-jäh­ri­ger ira­ki­scher Staats­bür­ger soll in einem Wie­ner Bad ver­sucht haben, einen zehn­jäh­ri­gen Jun­gen zu ver­ge­wal­ti­gen. Das wird vom „Kurier“ so gemel­det. Gude­nus rin­gelt den Hin­weis auf den ira­ki­schen Staats­bür­ger ein und stellt die Mel­dung online mit dem Kommentar:

„Wider­lich. Abar­tig. Mehr schrei­be ich lie­ber nicht“.

Was hät­te er denn ger­ne noch geschrie­ben? Der Kom­men­tar von Gude­nus erin­nert an Susan­ne Win­ter, die sich vor einem Monat dar­über freu­te, dass ihr ein ande­rer die — anti­se­mi­ti­schen- Wor­te aus dem Mund genom­men hat: „Vie­les darf ich nicht schrei­ben, daher freue ich mich um so mehr über muti­ge, unab­hän­gi­ge Men­schen !“.

Susan­ne Win­ter haben ihre Sät­ze einen Par­tei­aus­schluss beschert, bei Johann Gude­nus blei­ben alle still, obwohl die Pos­tings unter sei­nem auf­rei­zen­den Kom­men­tar extrem wider­lich und noch immer online sind.

Robert I.: „….und noch immer wer­den die­se abar­ti­gen kamel­trei­ber bei uns will­kom­men geheis­sen!!! Zurück mit euch deser­teu­ren und sozialschmarotzer!“

Robert B.: „gleich an ort und stel­le daschlagn, dann kost uns der ratz wenigs­tens nix mehr“

Nor­bert Z.K.: „Sof­urt weg mit dem Kanak“

Sabri­na S. H.:“ Frech­heit, so einen gehört er gleich abgeschnitten !!“

Fabio M. P.:“ Ent­haup­tet den kanaken !!!“

Otmar B.:“ Unfass­bar, macht in zum Eunu­chen, sofort“

Kris­ti­na P: „Der hätt gleich im Klo ertränkt gehört!“

Karl A:“ Kas­trie­ren und abschieben!!!“

Milan D.:“ Sofor­ti­ge kas­tra­ti­on und Abschiebung“

Asta W.:“ Die­ser ara­bisch-stäm­mi­ge ABSCHAUM ist doch durch die Bank BI-SEXUELL und über alles was nicht bei 3 auf dem BAUM ist, FALLEN DIESE SCHWEINE her ! AUSWEISEN ! ! ! !“.

Nach­dem die Vor­schlä­ge mit den unter­schied­li­chen Lynch- bzw. Tötungs­ar­ten von Gude­nus weder kom­men­tiert noch gelöscht wur­den – muss man davon aus­ge­hen, dass sie der Wie­ner Vize­bür­ger­meis­ter gut­heißt? Frei­heit­li­che Kör­per­stra­fen statt Scharia?

Statt „Mehr schrei­be ich lie­ber nicht“ soll­te Gude­nus eigent­lich schrei­ben „Ich schrei­be lie­ber nicht mehr“.